Chroniken der Unterwelt Bd. 1 City of Bones
Schultern und hielt sie fest. Er roch nach Dreck, Blut und Metall. »Kannst du gehen?«
»Glaub schon.« Sie spähte durch die dichten Rosenbüsche. Die Polizisten kamen über den Gartenweg auf sie zu. Eine schlanke blonde Beamtin ging mit einer Taschenlampe voran. Als sie die Hand hob, erkannte Clary eine fleischlose Skeletthand mit vorn zugespitzten Fingerknochen. »Ihre Hand …«
»Ich hab ja gesagt, es könnten Dämonen sein.« Jace sah zur Rückseite des Hauses. »Wir müssen hier weg. Kommt man hinten durch die Gasse raus?«
Clary schüttelte den Kopf. »Die ist zugemauert. Der einzige Weg …« Ihre Worte gingen in einem Hustenanfall unter. Sie hob die Hand vor den Mund. Als sie sie wieder senkte, war sie rot. Clary wimmerte leise auf.
Jace nahm ihr Handgelenk und drehte den Arm, sodass Mondlicht auf die blasse Haut der verletzlichen Arminnenseite fiel. Unter der Haut zeichnete sich ein Netz blauer Adern ab, das vergiftetes Blut zu ihrem Hirn und Herzen trug. Clary knickten die Knie weg. Irgendetwas Spitzes leuchtete silbern in Jace’ Hand auf. Sie wollte ihre Hand zurückziehen, doch sein Griff war zu stark. Dann fühlte sie einen stechenden Kuss auf ihrer Haut. Als er losließ, erkannte sie ein schwarzes Symbol, ähnlich denen auf seiner Haut, knapp unterhalb ihres Handgelenks. Es sah aus wie eine Reihe einander überschneidender Kreise.
»Was soll das bewirken?«
»Das Mal wird dich unsichtbar machen. Vorübergehend.« Er steckte den Gegenstand, den Clary für ein Messer gehalten hatte, wieder ein. Es war ein länglicher leuchtender Zylinder, dick wie ein Zeigefinger und vorn spitz zulaufend. »Meine Stele«, erklärte er.
Clary fragte nicht nach, was das denn sein könnte. Sie war zu sehr damit beschäftigt, nicht umzukippen. Der Boden schwankte unter ihren Füßen. »Jace …«, sagte sie, dann sackte sie in seinen Armen zusammen. Er fing sie auf, als sei es für ihn völlig normal, in Ohnmacht fallende Mädchen aufzufangen. Vielleicht war es ja auch so. Schwungvoll hob er sie hoch und flüsterte ihr etwas ins Ohr, das wie Bündnis klang. Clary versuchte, den Kopf zurückzulegen, um ihn anzuschauen, sah aber nur die Sterne am dunklen Himmel über sich kreisen. Dann wurde alles bodenlos und selbst Jace’ Arme hielten sie nicht fest genug, um ihren tiefen Fall zu verhindern.
5
R AT UND B ÜNDNIS
»Glaubst du, sie wacht jemals wieder auf? Das dauert jetzt schon drei Tage.«
»Lass ihr Zeit. Dämonengift hat es in sich und sie ist eine Irdische. Sie hat keine Runen wie wir, die ihr Kraft verleihen.« » Mundies sterben verdammt schnell, was?«
»Isabelle, es bringt Unglück, in Krankenzimmern vom Sterben zu sprechen!«
Drei Tage , dachte Clary träge. Ihre Gedanken flossen langsam und zähflüssig dahin wie Blut oder Honig.
Ich muss aufwachen.
Doch es wollte ihr nicht gelingen.
Träume umfingen sie und rissen sie in ihrem Bilderstrom mit sich wie Wildwasser ein Blatt. Sie sah ihre Mutter in einem Krankenhausbett, die Augen tief in den Höhlen des bleichen Gesichts. Sie sah Luke, der auf einem Haufen Knochen stand. Jace mit gefiederten Schwingen, Isabelle, die Peitsche wie ein Netz goldener Ringe um den nackten Körper gewunden, und Simon, in dessen Handflächen Kreuze eingebrannt waren. Fallende, brennende Engel, die vom Himmel stürzten.
»Ich hab dir doch gesagt, dass sie das Mädchen aus dem Pandemonium ist.«
»Ich weiß. Sie ist ganz schön klein, was? Jace sagt, sie hätte einen Ravener getötet.«
»Hm. Als wir sie das erste Mal gesehen haben, hab ich sie für eine Elfe gehalten. Aber für eine Elfe ist sie nicht hübsch genug.«
»Na ja, mit Dämonengift in den Adern sieht niemand besonders prickelnd aus. Will Hodge die Bruderschaft einschalten?«
»Hoffentlich nicht. Ich bekomme eine Gänsehaut, wenn ich nur an sie denke. Wer sich selbst so verstümmelt …«
»Wir verstümmeln uns doch auch.«
»Ich weiß, Alec, aber das sind keine bleibenden Schäden. Und es tut auch nicht jedes Mal weh …«
»… sofern man alt genug ist. Wo steckt eigentlich Jace? Er hat sie doch gerettet. Man sollte meinen, er würde sich dafür interessieren, ob es ihr besser geht.«
»Hodge sagt, er sei nicht mehr bei ihr gewesen, seit er sie hergebracht hat. Wahrscheinlich ist es ihm egal.«
»Manchmal fragt man sich bei ihm … Sieh mal! Sie hat sich bewegt!«
»Ich schätze, dann lebt sie wohl doch noch.« Jemand seufzte. »Ich sag Hodge Bescheid.«
Clarys Augenlider fühlten
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