Chroniken der Unterwelt Bd. 2 City of Ashes
musste ich einen schnellen Zauber über den Pick-up legen, damit er nicht versinkt, wenn ich das Bewusstsein verliere. Und ich werde das Bewusstsein verlieren, Alec. Das ist nur noch eine Frage der Zeit.« Er fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Ich wollte nicht, dass du ertrinkst«, sagte er. »Der Zauber müsste so lange anhalten, dass du es mit dem Wagen bis an Land schaffst.«
»Das … das wusste ich nicht.« Alec blickte Magnus an, der zwar dreihundert Jahre alt war, aber immer jugendlich gewirkt hatte, als hätte er mit neunzehn aufgehört zu altern. Nun durchzogen tiefe Falten die Haut um Augen und Mund. Sein Haar fiel ihm strähnig in die Stirn und die Tatsache, dass er die Schultern hängen ließ, hing nicht mit seiner sonst üblichen lässigen Haltung zusammen, sondern mit tiefer Erschöpfung.
Alec streckte die Hände aus. Sie schimmerten blass und runzlig im Mondlicht und waren mit Dutzenden von hellen Narben übersät. Verwirrt schaute Magnus erst auf Alecs Hände und dann wieder in sein Gesicht.
»Nimm meine Hände«, sagte Alec. »Und meine Kraft. Was immer du brauchst … um dich am Leben zu halten.«
Magnus rührte sich nicht. »Ich dachte, du müsstest zurück zum Schiff.«
»Ich muss kämpfen«, erwiderte Alec. »Aber das tust du doch auch, oder? Du bist genauso Teil des Kampfes wie die Schattenjäger auf dem Schiff – und ich weiß, dass du einen Teil meiner Kraft übernehmen kannst. Ich habe von Hexenmeistern gehört, die dazu in der Lage sind, also biete ich sie dir an. Nimm sie. Sie gehört dir.«
Valentin lächelte. Er trug seine schwarze Schattenjägermontur und Panzerhandschuhe, die wie der Chitinpanzer dunkler Insekten glänzten. »Mein Sohn.«
»Nenn mich nicht so«, schnaubte Jace und spürte dann, wie seine Hände zu zittern begannen. »Wo ist Clary?«, fragte er.
Valentin lächelte noch immer. »Sie hat sich mir widersetzt«, sagte er. »Ich musste ihr eine Lektion erteilen.«
»Was hast du mit ihr gemacht?«
»Nichts.« Valentin trat näher an Jace heran, so nahe, dass er ihn hätte berühren können, wenn er die Hand ausgestreckt hätte. »Nichts, von dem sie sich nicht erholen könnte.«
Jace ballte die Hand zur Faust, damit sein Vater ihr Zittern nicht bemerkte. »Ich will sie sehen.«
»Wirklich? Bei allem, was da oben geschieht?« Valentin blickte kurz hoch, als könne er durch den Schiffsbauch hindurch das Gemetzel an Deck sehen. »Ich hätte gedacht, du würdest mit deinen noch verbliebenen Schattenjägerfreunden kämpfen wollen. Schade, dass ihre Bemühungen zu nichts führen.«
»Das kannst du nicht wissen.«
»Und ob ich das weiß. Für jeden einzelnen von ihnen kann ich tausend Dämonen herbeirufen. Selbst der beste Nephilim ist nicht in der Lage, ihnen auf Dauer standzuhalten. Wie im Falle der armen Imogen«, fügte Valentin hinzu.
»Woher weißt du …«
»Ich sehe alles, was auf meinem Schiff geschieht.« Valentin kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. »Dir ist doch bewusst, dass ihr Tod deine Schuld ist, oder?«
Jace atmete hörbar ein. Er spürte, wie sein Herz pochte, als wolle es in seiner Brust zerspringen.
»Wenn du nicht gewesen wärst, hätte keiner von ihnen das Schiff überhaupt betreten. Sie glaubten, dich zu retten. Wäre es nur um die beiden Schattenwesen gegangen, hätten sie sich gar nicht erst die Mühe gemacht.«
Jace hatte es beinahe vergessen. »Simon und Maia …« »Ja, sie sind tot. Alle beide.« Valentins Stimme klang beiläufig, beinahe sanft. »Wie viele müssen noch sterben, Jace, bevor du die Wahrheit erkennst?«
Jace hatte das Gefühl, als platze ihm der Schädel. Seine Schulter brannte. »Wir haben dieses Gespräch doch schon einmal geführt. Du irrst dich, Vater. Was Dämonen angeht, magst du ja recht haben, und möglicherweise auch in Bezug auf den Rat, aber so kann man nicht …«
»Ich meinte damit: Wann wirst du erkennen, dass du genauso bist wie ich? «
Trotz der Kälte brach Jace der Schweiß aus. »Wie bitte?«
»Du und ich, wir sind gleich«, erklärte Valentin. »Es ist so, wie du gesagt hast: Du bist das, was ich aus dir gemacht habe, und ich habe dich als ein Abbild meiner selbst geschaffen. Du besitzt meine Arroganz. Du besitzt meinen Mut. Und du besitzt jene Eigenschaft, die andere dazu bewegt, ohne Zögern ihr Leben für dich zu opfern.«
Tief in Jace’ Hinterkopf dröhnte etwas – etwas, das er hätte wissen sollen oder vergessen hatte … seine Schulter brannte … »Ich will nicht, dass
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