Chroniken der Unterwelt Bd. 2 City of Ashes
erschaffen, in der sie leben wollte, und hat dich darin großgezogen, aber sie hat dir nie gesagt, dass es sich nur um eine Illusion handelt. Und die ganze Zeit über haben die Dämonen mit ihren Waffen aus Blut und Schrecken darauf gewartet, das Glas zu zerschlagen und dich aus dieser heilen Scheinwelt zu zerren.«
»Du hast diese Welt zerschlagen«, flüsterte Clary. » Du hast mich in all das hier hineingezogen. Du allein.«
»Und das Glas, an dem du dich geschnitten hast, der Schmerz, den du fühlst, das Blut? Machst du mich dafür auch verantwortlich? Ich war nicht derjenige, der dich in dieses Gefängnis gesteckt hat.«
»Hör auf. Hör einfach auf zu reden.« Clary dröhnte der Kopf. Sie wollte ihn anschreien: Du hast meine Mutter entführt, das hast du getan, es ist deine Schuld! Allmählich begriff sie, was Luke gemeint hatte, als er sagte, man könne mit Valentin nicht diskutieren. Irgendwie war es ihr unmöglich, ihm nicht zuzustimmen, ohne gleichzeitig das Gefühl zu haben, sie bezöge Partei für kinderzerfleischende Dämonen. Sie fragte sich, wie Jace es all die Jahre ausgehalten hatte, im Schatten dieser vereinnahmenden, überwältigenden Persönlichkeit zu leben. Langsam verstand sie auch, woher Jace’ Arroganz und seine sorgsam beherrschten Gefühle stammten.
Die Kante der Truhe hinter ihr drückte sich immer tiefer in ihre Beine. Sie spürte die Kälte, die vom Schwert ausging, und ihre Nackenhaare stellten sich auf. »Was willst du von mir?«, wandte sie sich entschlossen an Valentin.
»Wieso glaubst du, dass ich etwas von dir will?«
»Andernfalls würdest du gar nicht mit mir reden. Du hättest mir einen Schlag auf den Kopf verpasst und würdest jetzt darauf warten … würdest auf den nächsten Schritt warten, wie auch immer der aussehen mag.«
»Der nächste Schritt«, sagte Valentin, »sieht so aus, dass deine Schattenjägerfreunde dich aufspüren werden und ich ihnen sage, dass sie das Werwolfmädchen herausrücken müssen, wenn sie dich lebend zurückhaben wollen. Ich brauche noch immer ihr Blut.«
»Sie werden Maia niemals gegen mich eintauschen!«
»Da irrst du dich«, erwiderte Valentin. »Sie kennen den Wert eines Schattenwesens im Vergleich zu dem eines Schattenjägerkindes. Sie werden auf den Handel eingehen. Der Rat verlangt es.«
»Der Rat? Du meinst … das ist Teil des Gesetzes?«
»Bis ins kleinste Detail«, sagte Valentin. »Begreifst du es jetzt? So sehr unterscheiden wir uns gar nicht voneinander … der Rat und ich … oder Jonathan und ich … und nicht einmal wir beide, Clarissa. Wir sind uns nur bei der Vorgehensweise nicht ganz einig.« Er lächelte und machte einen Schritt auf Clary zu.
Mit einer Bewegung, die schneller war, als sie es sich selbst zugetraut hätte, griff Clary hinter sich und zückte das Schwert der Seelen. Es war so schwer, wie sie vermutet hatte – so schwer, dass sie beinahe das Gleichgewicht verlor. Sie streckte eine Hand aus, um die Balance zu halten, hob das Schwert an und richtete die Klinge direkt auf Valentin.
Jace’ Sturz endete abrupt, als er mit solcher Wucht auf einer harten metallenen Oberfläche auftraf, dass ihm die Zähne aufeinanderschlugen. Er hustete, schmeckte Blut in seinem Mund und rappelte sich unter Schmerzen auf.
Er stand auf einem nackten Metallsteg, der in einem matten Grünton lackiert war. Das Innere des Schiffs schien hohl zu sein, eine große, widerklingende Metallhalle mit dunklen, nach außen gewölbten Wänden. Als er nach oben schaute, sah er weit über sich einen winzigen Streifen Himmel durch das rauchende Loch im Deck.
Der Schiffsbauch bestand aus einem Labyrinth von Stegen und Leitern, die scheinbar nirgendwohin führten und sich stattdessen wie die Gedärme einer Riesenschlange umeinanderwanden. Es war eiskalt. Jace sah, wie sein Atem weiße Wolken im Dämmerlicht erzeugte. Er blinzelte in die dunklen Schatten hinein und griff dann in seine Tasche, um seinen Elbenlichtstein hervorzuholen.
Der weiße Schein des Steins erhellte das Halbdunkel: Der Steg vor ihm war ziemlich lang und an seinem Ende befand sich eine Leiter, die zu einem tieferen Deck führte. Als Jace darauf zuging, glitzerte plötzlich etwas zu seinen Füßen.
Er bückte sich. Es war eine Stele. Unwillkürlich schaute er sich mit prüfendem Blick um, als rechnete er irgendwie damit, dass plötzlich jemand aus der Dunkelheit auftauchte. Wie zum Teufel war die Stele eines Schattenjägers hier unten gelandet? Vorsichtig hob er sie
Weitere Kostenlose Bücher