Chroniken der Unterwelt Bd. 2 City of Ashes
Jace’ Adern und er spürte, wie seine Muskeln sich entspannten; die Hände, die Simon noch einen Moment zuvor hatten wegschieben wollen, zogen ihn nun näher zu sich heran. Er spürte seinen eigenen Herzschlag, spürte, wie dieser sich verlangsamte, wie sein Hämmern zu einem leiseren Widerhall verebbte. Von den Rändern seines Blickfelds breitete sich eine schimmernde Dunkelheit aus, wunderschön und fremdartig. Jace schloss die Augen …
Und ein starker Schmerz schoss ihm durch den Hals. Er schnappte nach Luft und riss die Augen auf. Simon saß auf ihm und starrte ihn bestürzt an, die Hand entsetzt vor den Mund geschlagen. Simons Verletzungen schienen verschwunden, nur sein T-Shirt war mit frischem Blut befleckt.
Jace spürte nun wieder den Schmerz in seinen Schultern, die Schnittwunde an seinem Handgelenk, die Bissstelle am Hals. Zwar konnte er sein Herz nicht länger schlagen hören, doch er wusste, dass es in seiner Brust hämmerte.
Simon nahm die Hand vom Mund. Die Fangzähne waren verschwunden. »Ich hätte dich umbringen können«, sagte er. In seiner Stimme lag etwas Flehendes, um Verzeihung Bittendes.
»Und ich hätte dich nicht daran gehindert«, murmelte Jace.
Simon starrte auf ihn hinab und aus der Tiefe seiner Kehle drang ein Wimmern. Er rollte sich von Jace herunter, sank auf die Knie und umklammerte seine Ellbogen. Jace sah die dunklen Verästelungen von Simons Adern, die sich unter der blassen Haut an seinem Hals abzeichneten – feine blaue und violettfarbene Linien. Adern voller Blut.
Mein Blut. Jace setzte sich auf. Er tastete nach seiner Stele. Das Auftragen der Heilrune fiel ihm so schwer, als würde er ein Bleirohr über ein Fußballfeld schleppen. Ihm dröhnte der Kopf. Als er die Iratze fertiggestellt hatte, ließ er sich schwer atmend gegen die Wand sinken; der Schmerz verebbte, als die Wirkung der Rune einsetzte. Mein Blut in seinen Adern.
»Es tut mir leid«, sagte Simon. »Es tut mir wahnsinnig leid.«
Die Iratze entfaltete nun ihre ganze Heilkraft. Jace’ Kopf wurde allmählich wieder klar und das Hämmern in seiner Brust ließ nach. Vorsichtig stand er auf, wobei er fest mit einem Schwindelgefühl rechnete, doch zu seiner Überraschung fühlte er sich lediglich ein wenig matt und müde. Simon hockte noch immer auf den Knien und starrte auf seine Hände. Jace bückte sich, packte ihn am T-Shirt und zog ihn auf die Beine. »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen«, sagte er und ließ Simon los. »Setz dich einfach in Bewegung. Valentin hat Clary und uns bleibt nicht mehr viel Zeit.«
In der Sekunde, in der ihre Finger das Heft von Mellartach umschlossen, durchfuhr eine schneidende Kälte ihren Arm. Valentin beobachtete mit spöttischem Interesse, wie Clary vor Schmerz aufstöhnte und ihre Finger taub wurden. Verzweifelt umklammerte sie das Schwert, doch es entglitt ihr und fiel mit lautem Klirren auf den Boden.
Valentins Bewegung nahm sie kaum wahr. Im nächsten Moment stand er mit dem Schwert in der Hand vor ihr. Clarys Finger brannten. Sie schaute hinab und sah, dass sich in ihrer Handfläche eine rote, stechende Blase bildete.
»Hast du wirklich gedacht, dass ich dich in die Nähe einer Waffe lasse, von der ich weiß, dass du sie benutzen könntest?«, fragte Valentin mit einem Anflug von Abscheu in der Stimme und schüttelte den Kopf. »Du hast kein bisschen von dem verstanden, was ich dir gesagt habe, oder? Wie es scheint, ist von meinen beiden Kindern nur eines imstande, die Wahrheit zu verstehen.«
Clary ballte ihre verletzte Hand zur Faust, forderte den Schmerz geradezu heraus. »Falls du Jace meinst – er hasst dich ebenfalls.«
Valentin schwang das Schwert und richtete seine Spitze auf Clarys Schlüsselbein. »Das reicht«, sagte er, »mehr will ich von dir nicht hören.«
Die Spitze des Schwerts war extrem scharf; als Clary einatmete, stach sie ihr in die Kehle und ihr Blut lief als dünnes Rinnsal die Brust hinab. Die Berührung des Schwerts schien ihr das Blut in den Adern gefrieren zu lassen, schickte knisternde Eispartikel durch Arme und Beine und machte ihre Hände gefühllos.
»Du bist durch deine Erziehung verdorben«, sagte Valentin. »Deine Mutter war schon immer eine Frau von ausgesprochener Starrköpfigkeit – eine Eigenschaft, die mir anfangs sehr gefallen hat. Ich dachte, sie würde zu ihren Idealen stehen.«
Mit einer Art distanziertem Entsetzen registrierte Clary, dass ihr Vater bei ihrer ersten Begegnung in Renwicks Ruine sein
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