Chroniken der Unterwelt Bd. 2 City of Ashes
Rat«, sagte Luke ohne lange Vorrede. »Und ich bin bereit, für ihn zu bürgen. Ich war in jener Nacht in Renwicks Ruine dabei, als Valentin sich zu erkennen gab. Ich habe gegen ihn gekämpft und wir hätten uns beinahe gegenseitig getötet. Ich kann bestätigen, dass alles, was Jace sagt, der Wahrheit entspricht.«
»Da bin ich mir nicht so sicher«, konterte Maryse. »Ich weiß nämlich nicht, wie viel dein Wort wert ist.«
»Ich mag zwar ein Lykanthrop sein«, sagte Luke, »aber ich bin auch ein Schattenjäger. Ich bin bereit, meine Aussage unter dem Schwert zu wiederholen, falls das irgendwie weiterhelfen sollte.«
Unter dem Schwert? Das klang übel, dachte Clary und schaute zu Jace. Äußerlich wirkte er ruhig, seine Hände lagen gefaltet in seinem Schoß, aber er strahlte eine starke Anspannung aus, als könne er jeden Moment explodieren.
Jace fing ihren Blick auf und erklärte: »Das Schwert der Seelen – das zweite der Insignien der Engel. Damit lässt sich bei Gerichtsverfahren feststellen, ob ein Schattenjäger lügt.«
»Du bist kein Schattenjäger«, wandte Maryse sich an Luke, so als hätte Jace überhaupt nichts gesagt. »Und du hast schon sehr lange Zeit nicht mehr nach den Gesetzen des Rats gelebt.«
»Es gab mal eine Zeit, da hast du auch nicht danach gelebt«, entgegnete Luke, woraufhin Maryse feuerrot anlief. »Ich hatte angenommen«, fuhr er fort, »dass du inzwischen darüber hinweggekommen wärst … über deine Unfähigkeit, irgendjemandem zu vertrauen, Maryse.«
»Manche Dinge vergisst man eben nie«, sagte sie. Ihre Stimme klang gefährlich sanft. »Du glaubst also, das Vortäuschen des eigenen Todes wäre die größte Lüge, die Valentin uns je aufgetischt hat? Du hältst Charme also für das Gleiche wie Ehrlichkeit? Das habe ich früher auch gedacht. Aber damit lag ich falsch.« Sie stand auf und stützte sich mit ihren knochigen Händen auf den Tisch. »Er hat uns erzählt, er würde für den Kreis sein Leben riskieren und dass er von uns das Gleiche erwarte. Und das hätten wir auch getan – jeder Einzelne von uns, das weiß ich genau. Und beinahe wäre es ja auch dazu gekommen.« Ihr Blick wanderte zu Jace und Clary und dann wieder zu Luke. »Du erinnerst dich doch wohl noch daran, wie er uns erzählt hat, dass der Aufstand eine Kleinigkeit wäre, kaum der Rede wert, ein paar unbewaffnete Abgesandte gegen die ganze Macht des Kreises. Ich war so sehr von unserem bevorstehenden Sieg überzeugt, dass ich Alec einfach zu Hause in seiner Wiege zurückließ, ehe ich nach Alicante ritt. Ich hatte Jocelyn gebeten, während meiner Abwesenheit auf ihn aufzupassen. Aber sie weigerte sich. Heute weiß ich, warum: Sie wusste , was kommen würde – und du hast es auch gewusst. Aber du hast uns nicht gewarnt.«
»Ich habe versucht, dich vor Valentin zu warnen«, sagte Luke. »Aber du wolltest nicht zuhören.«
»Ich rede nicht von Valentin. Ich rede von dem Aufstand! Als wir in der Halle eintrafen, standen wir mit fünfzig Schattenjägern fünfhundert Schattenwesen gegenüber …«
»Aber du wärst bereit gewesen, sie einfach abzuschlachten, solange du dachtest, dort würden nur fünf unbewaffnete Schattenwesen warten«, erwiderte Luke leise.
Maryse ballte die Hände zu Fäusten. »Stattdessen wurden wir abgeschlachtet«, sagte sie. »Und mitten während des Blutbades haben wir uns nach Valentin umgesehen, der uns führen sollte. Aber er war nicht mehr da. Zu dem Zeitpunkt hatte der Rat die Halle des Erzengels bereits umstellt. Wir dachten, Valentin wäre gefallen, und wir waren bereit, unser eigenes Leben in einem letzten verzweifelten Aufbäumen in die Waagschale zu werfen. Doch dann musste ich an Alec denken: Wenn ich starb, was würde dann mit meinem kleinen Jungen geschehen?« Ihre Stimme stockte. »Also streckte ich die Waffen und ergab mich dem Rat.«
»Du hast das Richtige getan, Maryse«, sagte Luke.
Mit blitzenden Augen fuhr sie ihn an: »Lass diesen gönnerhaften Ton, Werwolf! Wenn du nicht gewesen wärst …«
»Hören Sie auf, ihn anzuschreien!«, mischte Clary sich ein und sprang fast auf die Füße. »Schließlich ist es Ihr Fehler, dass Sie Valentin überhaupt geglaubt haben …«
»Meinst du etwa, ich wüsste das nicht?« In Maryses Stimme schwang nun eine bittere Note mit. »Oh ja, daran hat der Rat nicht den geringsten Zweifel gelassen, als man uns verhört hat
– er hatte schließlich das Schwert der Seelen und wusste dementsprechend genau, wann wir logen. Aber
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