Chroniken der Unterwelt Bd. 2 City of Ashes
er ein schweres, in grünes Tuch gebundenes Buch vor sich ab, das er Clarys Meinung nach wenige Sekunden zuvor noch nicht in den Händen gehalten hatte. »An beiden Tatorten wurde eine starke dämonische Aktivität festgestellt. Ich glaube, jemand anderes ist für alle drei Morde verantwortlich. Nicht Raphael und seine Kinder der Nacht, sondern Valentin.«
Clarys Blick wanderte zu Jace. Seine Lippen waren zu einer dünnen Linie zusammengepresst, aber er fragte lediglich: »Warum glaubst du das?«
»Die Inquisitorin hielt den Mord an dem Feenkind für ein Ablenkungsmanöver«, sagte sie rasch. »Damit Valentin die Stille Stadt plündern konnte, ohne sich Gedanken über die Division machen zu müssen.«
»Es gäbe viel leichtere Wege für ein Ablenkungsmanöver«, sagte Jace, »und es wäre äußerst unklug, die Feenwesen gegen sich aufzubringen. Valentin würde kein Mitglied des Lichten Volkes umbringen, wenn er nicht einen triftigen Grund dazu hätte.«
»Genau den hatte er aber«, sagte Magnus. »Das Feenkind besaß etwas, das er unbedingt haben wollte, genau wie der Hexenmeister etwas hatte, was er benötigte … und das gilt auch für den Werwolf, den er getötet hat.«
»Und was soll das sein?«, fragte Alec.
»Ihr Blut«, erklärte Magnus und schlug das grüne Buch auf. Die Worte auf dem dünnen Pergament glühten wie Feuer. »Ah, hier ist es«, sagte er, schaute auf und tippte mit einem spitzen Fingernagel auf die Seite. Alec beugte sich vor. »Das wirst du nicht lesen können«, warnte Magnus ihn. »Es ist in einer Dämonensprache verfasst. Purgatisch.«
»Aber ich kann die Illustrationen erkennen. Das da ist Mellartach. Ich habe es schon mal in anderen Büchern gesehen.« Alec zeigte auf eine Abbildung, die ein silbernes Schwert zeigte. Ein Schwert, das Clary bekannt vorkam … das Schwert, das sie bei ihrem ersten Besuch in der Stadt der Stille über dem Versammlungstisch der Bruderschaft gesehen hatte und das nun verschwunden war.
»Das Ritual der Infernalischen Umkehrung«, sagte Magnus. »Das plant Valentin also.«
»Das was der was? «, fragte Clary stirnrunzelnd.
»Jedes magische Objekt hat eine Gesinnung«, erläuterte Magnus. »Das Schwert der Seelen ist seraphisch, genau wie die Engelsklingen, die ihr Schattenjäger verwendet – nur tausendmal stärker, weil seine Kraft direkt vom Erzengel Raziel stammt und nicht nur auf der Anrufung eines Engelsnamens beruht. Und Valentin hat nun vor, diese Gesinnung umzukehren: Er will Mellartach, ein Schwert mit Engelsmacht, zu einem Objekt mit dämonischer Kraft machen.«
»Von rechtschaffen gut zu rechtschaffen böse!«, kommentierte Simon zufrieden.
»Er zitiert aus ›Dungeons and Dragons‹«, sagte Clary. »Ignoriert ihn einfach.«
»Als Engelsschwert wäre Mellartach für Valentin nur von geringem Nutzen«, fuhr Magnus fort. »Aber als Schwert, dessen Dämonenkraft vergleichbar der Engelsmacht ist, die es einst besaß – na ja, in diesem Fall hätte es ihm wesentlich mehr zu bieten. Beispielsweise Macht über Dämonen. Und ich meine nicht nur den begrenzten Schutz, den der Engelskelch schenkt, sondern die Macht, Dämonen herbeizurufen … sie zu zwingen, seinem Befehl zu folgen.«
»Ein Dämonenheer?«, fragte Alec.
»Dieser Typ steht auf Armeen«, bemerkte Simon.
»Vielleicht sogar die Macht, sie nach Idris zu bringen«, beendete Magnus seine Erläuterungen.
»Ich wüsste nicht, warum er dorthin wollte«, sagte Simon. »Das ist doch der Ort, wo die ganzen Schattenjäger sind, oder? Würden die die Dämonen nicht einfach vernichten? «
»Dämonen stammen aus anderen Dimensionen«, sagte Jace. »Und wir wissen nicht, wie viele es davon gibt. Ihre Zahl könnte unendlich sein. Die Wachen hindern die meisten Dämonen daran, hier einzudringen, aber wenn sie alle gleichzeitig kämen …«
Unendlich , dachte Clary. Sie erinnerte sich an den Dämonenfürsten Abbadon und versuchte, sich Hunderte weitere dieser bösen Geister vorzustellen. Oder Tausende. Plötzlich fühlte sich ihre Haut kalt und schutzlos an.
»Ich versteh es noch immer nicht«, sagte Alec. »Was hat das Ritual mit den toten Schattenwesen zu tun?«
»Um das Ritual der Infernalischen Umkehrung durchführen zu können, muss man das Schwert erhitzen, bis es rot glüht, und dann viermal abkühlen, jeweils im Blut eines Schattenkindes: Einmal im Blut eines Lilithkinds, einmal im Blut eines Mondkinds, einmal im Blut eines Nachtkinds und einmal im Blut eines Feenkinds«, erklärte
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