Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass
stark.« Dann wandte er sich an Jace. »Wie lange hatte er wohl schon im Schatten gestanden und uns belauscht?« ;
Jace zog eine finstere Miene und warf dann einen Blick in die Richtung, in der Sebastian zwischen den Bäumen verschwunden war. »Egal, der Rat wird ihn auf jeden Fall schnappen - und wahrscheinlich einen Fluch gegen ihn aussprechen. Ich hätte nichts dagegen, wenn sie ihn mit demselben Fluch belegen, mit dem sie auch Hodge bestraft haben. Das wäre dann ausgleichende Gerechtigkeit.«
Simon drehte sich etwas zur Seite und spuckte ins Gebüsch. Anschließend wischte er sich mit dem Handrücken über den Mund und zog eine Grimasse. »Sein Blut schmeckt widerlich - wie Gift.«
»Vermutlich können wir das der Liste seiner charmanten Eigenschaften hinzufügen«, bemerkte Jace. »Ich frage mich, was er heute Nacht noch vorhatte.«
»Wir müssen unbedingt zur Abkommenshalle zurück.« Alec sah ziemlich angespannt aus und Clary erinnerte sich, dass Sebastian ihm irgendetwas zugezischt hatte, irgendetwas über die anderen Lightwoods… »Kannst du laufen, Clary?«, fragte er sie nun.
Clary löste sich von Simon. »Ja, es geht schon wieder. Aber was ist mit Hodge? Wir können ihn doch nicht einfach hierlassen.«
»Uns bleibt keine andere Wahl«, erklärte Alec. »Wenn wir diese Nacht alle lebend überstehen, wird noch genügend Zeit sein, zurückzukommen und ihn zu holen.«
Bevor sie aufbrachen, hielt Jace einen Moment inne, zog seine Jacke aus und legte sie über Hodges erschlaffte Gesichtszüge. Am liebsten wäre Clary sofort zu Jace gegangen und hätte ihm vielleicht sogar eine Hand auf die Schulter gelegt, doch irgendetwas an seiner Haltung ließ sie zögern. Nicht einmal Alec wagte es, sich ihm zu nähern oder ihm eine Heilrune anzubieten, obwohl Jace auf dem Weg in die Stadt hinunter stark humpelte.
Während die lichterloh brennende Garnison hinter ihnen den Himmel rot beleuchtete, stiegen sie langsam den gewundenen Hügelpfad hinab, mit gezückten Waffen und auf einen Angriff vorbereitet. Doch ihnen begegneten keine Dämonen. Die Stille und das unheimliche Licht verursachten Clary rasende Kopfschmerzen. Sie fühlte sich wie in einem Traum. Die Erschöpfung hielt sie in einem eisernen Griff und jeder einzelne Schritt erschien ihr, als würde sie einen Betonblock anheben und dröhnend wieder absetzen. Wenige Meter vor sich hörte sie Jace und Alec, deren Stimmen trotz der Nähe irgendwie verzerrt klangen.
Alec sprach leise, fast flehentlich: »Jace, die Art und Weise, wie du da oben geredet hast… mit Hodge… das kannst du doch nicht ernsthaft glauben. Nur weil du Valentins Sohn bist, macht dich das noch lange nicht zu einem Monster. Was auch immer er dir während deiner Kindheit angetan hat oder dich gelehrt hat, du musst einsehen, dass das nicht deine Schuld ist …«
»Ich will nicht darüber reden, Alec. Weder jetzt noch irgendwann. Sprich mich nie wieder darauf an.« Jace’ Ton klang brutal und schonungslos und Alec verstummte. Clary konnte fast spüren, wie sehr er gekränkt war. Was für eine Nacht, dachte Clary - eine Nacht, die allen so viel Schmerz und Kummer bereitet hatte.
Sie versuchte, nicht an Hodge zu denken, an den flehentlichen, kläglichen Ausdruck auf seinem Gesicht, ehe er starb. Sie hatte Hodge nie sehr gemocht, doch das, was Sebastian ihm angetan hatte, hatte er nicht verdient. Niemand verdiente so etwas. Ihre Gedanken wanderten zu Sebastian und zu der Tatsache, dass er sich bewegt hatte wie stiebende Funken. Außer Jace hatte sie noch nie jemanden gesehen, der so schnell war. Und sie wollte das Rätsel unbedingt lösen: Was war mitSebastian passiert? Wie konnte es sein, dass ein Cousin der Penhallows so aus dem Ruder hatte laufen können und diese es nicht bemerkt hatten? Sie hatte gedacht, er wollte ihr dabei helfen, ihre Mutter zu retten, doch tatsächlich war er nur hinter dem Weißen Buch her gewesen, um es Valentin zu geben. Magnus hatte sich geirrt - Valentin hatte nicht durch die Lightwoods von Ragnor Fell Kenntnis bekommen. Er hatte von dem Hexenmeister erfahren, weil sie Sebastian davon erzählt hatte. Wie hatte sie nur so dumm sein können?
Zutiefst bestürzt nahm Clary kaum wahr, wie sich der Weg zu einer Straße verbreiterte, die sie nach Alicante hineinführte. Die Stadt wirkte wie ausgestorben. Die Häuser lagen dunkel da, viele Elbenlichtlaternen waren zertrümmert, ihre Glasscherben über das Kopfsteinpflaster verstreut. Zwar hörte Clary Stimmen
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