Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass
anderen Ziel. Luke ist ein Revolutionär. Er strebt nach Veränderung. Und für Valentin repräsentierte der Inquisitor den alten, engstirnigen Rat, den er so abgrundtief hasst.«
»Und sie waren ja auch einst Freunde«, sagte Clary. »Luke und Valentin.«
»>Die Spuren dessen, was einst war<«, sagte Jace und am leicht spöttischen Unterton in seiner Stimme erkannte Clary, dass er aus irgendeinem Werk zitierte. »Unglücklicherweise hasst man niemanden so sehr wie denjenigen, den man einst geliebt hat. Ich könnte mir vorstellen, dass Valentin für Luke etwas ganz Besonderes geplant hat … wenn er erst einmal die Macht übernommen hat.«
»Aber das wird er doch nicht… die Macht übernehmen«, erwiderte Clary, und als Jace schwieg, wiederholte sie mit erhobener Stimme: »Er wird nicht gewinnen - das kann er nicht. Er kann doch nicht ernsthaft einen Krieg wollen, nicht gegen Schattenjäger und Schattenweltler …«
»Wie kommst du auf die Idee, dass die Schattenjäger Seite an Seite mit den Schattenweltlern kämpfen werden?«, fragte Jace, den Blick noch immer abgewandt. Der Weg führte am Kanal entlang und Jace starrte angespannt auf das dunkle Wasser. »Nur weil Luke das sagt? Luke ist ein Idealist.«
»Und was ist daran schlecht?«
»Nichts. Aber ich bin nun mal keiner«, sagte Jace und die Leere in seiner Stimme versetzte Clary einen eisigen Stich. Verzweiflung, Zorn, Hass - allesamt Dämoneneigenschaften. Er verhält sich so, wie er glaubt, sich verhalten zu müssen.
Inzwischen hatten sie Amatis’ Haus erreicht. Clary blieb am Fuß der Treppe stehen und drehte sich zu Jace um. »Mag sein«, sagte sie. »Aber du bist auch nicht wie er.«
Bei diesen Worten zuckte Jace leicht zusammen, aber vielleicht lag es auch nur an der Bestimmtheit in Clarys Ton. Er drehte den Kopf und schaute sie seit dem Verlassen des Lightwood-Hauses zum ersten Mal richtig an - zumindest kam es Clary so vor. »Clary…«, setzte er an, hielt dann aber bestürzt den Atem an. »Da ist Blut an deinem Ärmel. Bist du verletzt?«
Rasch trat er einen Schritt auf sie zu und nahm ihr Handgelenk hoch. Als Clary einen Blick darauf warf, stellte sie zu ihrer Überraschung fest, dass er recht hatte: Auf dem rechten Ärmel ihres Umhangs prangte ein unregelmäßig geformter scharlachroter Fleck. Doch noch viel seltsamer erschien ihr die Tatsache, dass der Blutfleck hellrot schimmerte. Sollte getrocknetes Blut nicht eigentlich viel dunkler sein? Clary runzelte die Stirn. »Das ist nicht mein Blut.«
Jace entspannte sich ein wenig und lockerte seinen Griff um ihr Handgelenk. »Vielleicht vom Inquisitor?«
Clary schüttelte den Kopf. »Nein, ich glaube, das ist Sebastians Blut.«
»Sebastians Blut?«
»Ja. Weißt du noch, wie er am Abend der Schlacht in die Halle gekommen ist? Sein Gesicht war blutig. Ich vermute, Isabelle hatte sich gewehrt und ihm dabei ein paar tiefe Kratzer zugefügt. Na, jedenfalls habe ich sein Gesicht berührt und dabei offensichtlich meinen Ärmel mit Blut beschmiert.« Erstaunt inspizierte sie den Fleck genauer. »Ich dachte, Amatis hätte den Umhang gewaschen, aber anscheinend ist sie nicht dazu gekommen.«
Eigentlich erwartete Clary, dass Jace ihr Handgelenk nun loslassen würde, doch er hielt ihren Ärmel noch eine Weile fest und betrachtete das Blut interessiert, ehe er ihre Hand schließlich freigab, offensichtlich zufrieden. »Danke.«
Einen Moment lang starrte Clary ihn an und schüttelte dann den Kopf. »Du hast nicht vor, mir zu erzählen, was das jetzt gerade sollte, oder?«
»Auf keinen Fall.«
Entnervt riss Clary die Arme in die Luft. »Ich geh jetzt rein. Bis dann.« Sie machte auf dem Absatz kehrt und lief die Stufen zu Amatis’ Haustür hinauf. Sie konnte ja nicht ahnen, dass das Lächeln auf Jace’ Gesicht in dem Moment verschwand, als sie ihm den Rücken zudrehte. Und dass er - nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte - noch eine ganze Weile in der Dunkelheit dastand, ihr nachschaute und ein kurzes Stück Faden wieder und wieder zwischen den Fingern drehte.
»Isabelle«, rief Simon. Er hatte eine Weile gebraucht, um ihr Zimmer zu finden, aber der laute Schrei »Geh weg!«, der durch die Tür drang, überzeugte ihn davon, dass er vor dem richtigen Raum stand. »Isabelle, lass mich rein.«
Im nächsten Moment ertönte ein dumpfes Dröhnen und die Tür vibrierte leicht, als hätte Isabelle irgendetwas dagegengeworfen. Vermutlich einen Schuh. »Ich will nicht mit dir oder
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