Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass
er als Nächstes sagen würde. »Jace, du brauchst nicht…«
»Eigentlich wollte ich zu einem … zu einem bestimmten Ort, aber irgendwie bin ich immer wieder hier gelandet«, erklärte Jace. »Ich konnte einfach nicht aufhören zu laufen … aufhören zu denken … an den Moment, in dem ich dich zum ersten Mal gesehen habe, und daran, dass ich dich danach einfach nicht vergessen konnte. Ich wollte es zwar, habe es aber nicht geschafft. Also habe ich Hodge überredet, dass er mich nach dir auf die Suche schickt, um dich zum Institut zu bringen. Und selbst damals schon, in diesem blöden Cafe, als ich dich zusammen mit Simon auf der Couch sitzen sah, hatte ich das Gefühl, dass das nicht richtig war - ich hätte derjenige sein sollen, der neben dir auf dem Sofa saß. Derjenige, der dich zum Lachen brachte. Dieses Gefühl konnte ich einfach nicht loswerden. Dass ich derjenige sein sollte. Und je besser ich dich kennenlernte, desto mehr verstärkte sich dieses Gefühl. So etwas hatte ich noch nie zuvor empfunden. Bis dahin hatte ich ein Mädchen immer nur gewollt, und wenn es dann so weit war, dass ich sie besser kannte, interessierte sie mich nicht mehr. Doch mit dir wurde dieses Gefühl von Mal zu Mal nur noch stärker - bis zu jener Nacht, als du in Renwicks Ruine aufgetaucht bist. In dem Moment wusste ich es.
Und als ich dann herausfand, warum ich so für dich empfand - als wärst du ein Teil von mir, den ich verloren und von dem ich bis zu deinem Erscheinen nicht einmal geahnt hatte, dass er mir fehlte -, als ich erfuhr, dass dies daran lag, dass du meine Schwester bist, da erschien mir das Ganze wie eine Art kosmischer Witz. Als würde Gott mir ins Gesicht spucken. Und ich weiß noch nicht einmal, wofür! Dafür, dass ich mir eingebildet hatte, du könntest tatsächlich eines Tages zu mir gehören, oder dass ich etwas Derartiges verdient hätte … dass ich es verdient hätte, so glücklich zu sein? Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, was ich getan hatte, um derart bestraft zu werden …«
»Wenn du dich gestraft fühlst, dann werde auch ich bestraft«, sagte Clary. »Weil ich nämlich genau dasselbe gefühlt habe wie du. Aber wir können nicht… wir müssen aufhören, so zu empfinden, weil das unsere einzige Chance ist.«
Jace hatte die Hände zu Fäusten geballt. »Unsere einzige Chance wofür?«
»Um überhaupt zusammen sein zu können. Denn sonst könnten wir uns nicht in der Nähe des anderen aufhalten, nicht einmal im selben Raum sein, und das könnte ich nicht ertragen. Lieber habe ich dich nur als Bruder in meinem Leben als gar nicht…«
»Dann soll ich danebensitzen und zusehen, wie du dich mit anderen Jungs verabredest, dich in jemand anderen verliebst, heiratest …?« Seine Stimme klang angespannt. »Und jeden Tag sterbe ich innerlich ein Stückchen mehr.«
»Nein. Denn dann wird es dir egal sein«, erwiderte Clary, fragte sich aber in dem Moment, ob sie die Vorstellung überhaupt ertragen konnte, dass es Jace eines Tages vielleicht egal war. So weit in die Zukunft vorausgedacht wie er hatte sie noch nicht, und als sie sich nun vorzustellen versuchte, wie sie mit ansah, dass er sich in jemand anderes verliebte, jemand anderes heiratete, gelang es ihr nicht einmal, sich ein Bild davon zu machen. Das Einzige, was sie sah, war ein leerer schwarzer Tunnel, der sich endlos lang vor ihr erstreckte. »Bitte«, flüsterte sie. »Wenn wir nicht mehr darüber reden … wenn wir einfach vorgeben …«
»Da gibt es nichts vorzugeben«, erwiderte Jace mit fester, klarer Stimme. »Ich liebe dich und ich werde dich immer lieben, bis zu dem Tag, an dem ich sterbe. Und wenn es ein Leben nach dem Tod gibt, werde ich dich auch dann noch lieben.«
Clary hielt den Atem an. Er hatte es ausgesprochen - die Worte, nach denen es kein Zurück mehr gab. Mühsam rang sie um eine Antwort, brachte aber kein Wort über die Lippen.
»Und ich weiß, dass du glaubst, ich würde nur mit dir zusammen sein wollen, weil… weil ich mir selbst beweisen müsse, was für ein Monster ich bin«, fuhr Jace fort. »Und vielleicht bin ich ja tatsächlich ein Monster - die Antwort darauf kenne ich nicht. Aber ich weiß eines: Selbst wenn Dämonenblut in meinen Adern fließt, so fließt doch auch menschliches Blut in mir. Und ich könnte dich nicht so sehr lieben, wie ich dich liebe, wenn ich nicht auch wenigstens ein kleines bisschen Mensch wäre. Denn Dämonen wollen. Aber sie lieben nicht. Und ich
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