Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass
»Mit dir ist alles in Ordnung? Ich meine, jetzt in diesem Moment. Dir geht’s gut, oder?«
Clary nickte. »Luke, was ist los? Wofür brauchen wir meine Stele?«
Doch Luke schwieg und schaute sich suchend um, als verspräche er sich von ihrer Umgebung irgendwelche Hilfe. Clary folgte seinem Blick. Sie standen am breiten, steinigen Ufer eines ziemlich großen Sees, in dessen hellblauem Wasser sich glitzernde Sonnenstrahlen spiegelten. Clary fragte sich, ob das vielleicht die Quelle des schimmernden goldenen Lichts war, das sie durch das halb geöffnete Portal gesehen hatte. Nun, da sie sich neben statt in den Fluten des Sees befand, hatte er nichts Unheilvolles mehr an sich. An seinen Ufern erhoben sich bewaldete Hügel, deren Grüntöne mit ersten rostroten und goldenen Herbstfarben gesprenkelt waren, und dahinter ragten steile, schneebedeckte Berge auf.
Clary erschauderte. »Luke, als wir vorhin im See waren … hast du dich da teilweise in einen Wolf verwandelt? Ich meine, ich hätte so was gesehen …«
»Mein Wolfs-Ich kann besser schwimmen als mein menschliches Ich«, erklärte Luke kurz angebunden. »Außerdem ist es stärker. Schließlich musste ich dich durchs Wasser ziehen und du hast mich nicht gerade dabei unterstützt.«
»Ich weiß«, räumte Clary ein. »Tut mir leid. Du hättest… du hättest mich ja eigentlich auch nicht begleiten sollen.«
»Wenn ich das nicht getan hätte, wärst du jetzt tot«, bemerkte er spitz. »Magnus hat es dir doch gesagt, Clary. Du kannst nicht mithilfe eines Portals in die Gläserne Stadt gelangen - es sei denn, auf der anderen Seite steht jemand und erwartet dich.«
»Er hat gesagt, es wäre gegen das Gesetz. Aber er hat nichts davon gesagt, dass ich abprallen würde, wenn ich es versuche.«
»Magnus hat dir erklärt, dass die Stadt von Schutzschilden umgeben ist, die eine direkte Teleportation unmöglich machen. Es ist nicht sein Fehler, dass du beschlossen hast, mit magischen Kräften herumzuspielen, von denen du kaum etwas verstehst. Nur weil du die Fähigkeit zur Erschaffung von Runen besitzt, heißt das noch lange nicht, dass du auch weißt, wie man damit umgeht«, entgegnete Luke mit finsterer Miene.
»Tut mir leid«, sagte Clary kleinlaut. »Ich wollte doch nur…« Sie verstummte einen Moment und fragte dann: »Wo sind wir jetzt genau?«
»Am Lyn-See«, sagte Luke. »Ich denke, das Portal hat uns so nah wie möglich an die Stadt herangebracht und uns dann einfach fallen lassen. Wir befinden uns in der Nähe der Außenbezirke von Alicante.« Erneut schaute er sich um und schüttelte den Kopf, teils verwundert und teils erschöpft. »Du hast es tatsächlich geschafft, Clary. Wir sind in Idris.«
»Idris?«, wiederholte Clary und starrte verwundert auf den See hinaus. Das Wasser funkelte ihr entgegen, blau und unberührt. »Hast du nicht gesagt, wir wären am Stadtrand von Alicante? Ich seh hier aber keine Stadt…«
»Wir sind noch kilometerweit von Alicante entfernt.« Luke zeigte in eine Himmelsrichtung. »Siehst du die Hügel dahinten? Die müssen wir überqueren - die Stadt liegt auf der anderen Seite. Wenn wir einen Wagen hätten, wären wir in einer Stunde dort, aber ich fürchte, wir müssen zu Fuß gehen … was uns wahrscheinlich den ganzen Nachmittag kosten wird.« Blinzelnd schaute er zum Himmel auf. »Wir sollten uns besser auf den Weg machen.«
Bestürzt schaute Clary an sich herab. Die Aussicht auf eine stundenlange Wanderung in triefend nassen Sachen gefiel ihr gar nicht. »Gibt es denn keine andere Möglichkeit…?«
»Nach Alicante zu kommen?«, fragte Luke in plötzlich scharfern Ton. »Hast du vielleicht irgendwelche Vorschläge, Clary? Schließlich bist du diejenige, die uns hierhergebracht hat!« Er deutete in die Richtung, die vom See wegführte. »Dahinten liegen hohe Berge … die lassen sich nur im Hochsommer passieren. Im Augenblick würden wir auf den Gipfeln erfrieren.« Dann drehte er sich um und zeigte mit dem Finger in eine andere Richtung. »Dort entlang erstrecken sich endlose Wälder bis zur Grenze. Sie sind nicht bewohnt, zumindest nicht von Menschen. Hinter Alicante liegen Ackerflächen und verschiedene Landsitze. Vielleicht könnten wir es schaffen, aus Idris herauszukommen, aber dazu müssten wir immer noch durch die Stadt hindurch. Eine Stadt, in der Schattenweltler wie meinesgleichen nicht gerade willkommen sind, wenn ich dich mal daran erinnern darf.«
Mit offenem Mund starrte Clary ihn an. »Luke, ich
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