Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass
nur aus Wangenknochen und dunklen Augen zu bestehen schien. Irgendetwas an ihm kam Simon merkwürdig vertraut vor, als hätte er ihn schon einmal gesehen.
Das Mädchen richtete als Erste das Wort an Isabelle und Alec. »Ist das der Vampir?«, fragte sie und musterte Simon von Kopf bis Fuß, als würde sie seine Maße nehmen. »So nah bin ich einem Vampir noch nie gewesen - jedenfalls keinem, den ich nicht töten wollte.« Kokett legte sie den Kopf auf die Seite. »Er ist süß … für einen Schattenweltler.«
»Du musst ihr verzeihen; sie hat das Gesicht eines Engels, aber die Manieren eines Molochdämons«, sagte der Junge lächelnd, erhob sich vom Sofa und streckte Simon die Hand entgegen. »Ich heiße Sebastian. Sebastian Verlac. Und das hier ist meine Cousine, Aline Penhallow. Aline …«
»Ich gebe Schattenweltlern nicht die Hand«, schnaubte Aline und wich tiefer in die Sofakissen zurück. »Sie besitzen keine
Seele … Vampire habe keine Seele.«
Sebastians Lächeln schwand. »Aline …«
»Aber es ist doch wahr. Deshalb können sie sich auch nicht im Spiegel sehen oder in die Sonne gehen.«
Bewusst langsam ging Simon ein paar Schritte zurück, in das rechteckige Feld aus Sonnenlicht vor dem Fenster. Er spürte, wie die Sonne ihm warm auf den Rücken und die Haare schien. Der Schatten, den er auf den Boden warf, war lang und dunkel und reichte fast bis zu Jace’ Füßen.
Aline sog scharf die Luft ein, sagte aber nichts - im Gegensatz zu Sebastian, der Simon aus neugierigen schwarzen Augen musterte. »Dann stimmt es also wirklich. Die Lightwoods haben das zwar erzählt, aber ich hätte nicht gedacht…«
»… dass wir die Wahrheit sagen würden?«, meldete Jace sich nun zum ersten Mal zu Wort, seit sie ins Erdgeschoss gekommen waren. »Bei so einer Sache würden wir doch nicht lügen. Simon ist… einzigartig.«
»Ich hab ihn mal geküsst«, sagte Isabelle, ohne irgendjemanden direkt anzuschauen.
Alines Augenbrauen schnellten in die Höhe. »In New York lässt man dich tatsächlich machen, was du willst, stimmt’s?«, fragte sie mit einer Mischung aus Entsetzen und Neid in der Stimme. »Als ich dich das letzte Mal gesehen habe, Izzy, hättest du nicht einmal im Traum daran gedacht…«
»Als wir uns das letzte Mal gesehen haben, war Izzy acht«, warf Alec ein. »Die Dinge ändern sich nun mal. Jetzt aber wieder zur Sache: Mom ist völlig überstürzt aufgebrochen, deshalb muss ihr irgendjemand ihre Notizen und Unterlagen in die Garnison bringen. Und da ich hier der einzige Achtzehnjährige bin, kann ich auch als Einziger in das Gebäude hinein, solange der Rat tagt.«
»Das wissen wir«, erwiderte Isabelle und ließ sich auf das Sofa fallen. »Das hast du uns jetzt schon fünf Mal gesagt.«
Alec, der eine wichtigtuerische Miene zog, ignorierte ihren Einwurf. »Jace, du hast den Vampir hierhergebracht, also trägst du auch die Verantwortung für ihn. Lass ihn nicht aus dem Haus.«
Der Vampir, dachte Simon. Es war ja nicht so, als würde Alec seinen Namen nicht kennen. Und vor nicht allzu langer Zeit hatte er Alec sogar das Leben gerettet. Doch jetzt war er »der Vampir«. Selbst für Alec, der gelegentlich zu unerklärlichen Launen neigte, war dieses Verhalten einfach widerwärtig. Vielleicht hing es damit zusammen, dass sie sich in Idris befanden. Vielleicht verspürte Alec hier ein größeres Bedürfnis, sein Schattenjägerblut deutlich unter Beweis zu stellen.
»Ist das der Grund, warum du mich gerufen hast? Um mir zu sagen, ich soll den Vampir nicht aus dem Haus lassen? Das hätte ich sowieso nicht getan.« Jace marschierte zu einem der Sofas und setzte sich neben Aline, die ein erfreutes Gesicht zog. »Sieh lieber zu, dass du schnell zur Garnison und wieder zurückkommst. Nicht auszudenken, welch verwerfliche Ideen wir hier aushecken könnten … ohne dich, der uns den rechten Weg weist.«
Alec musterte Jace mit kühler Überlegenheit. »Jetzt reiß dich mal zusammen. Ich bin in einer halben Stunde wieder zurück.« Dann verschwand er durch einen Torbogen, der zu einem langen Flur führte, und Sekunden später fiel irgendwo in der Ferne eine Tür ins Schloss.
»Du solltest ihn nicht so reizen«, sagte Isabelle tadelnd und warf Jace einen strengen Blick zu. »Man hat ihm tatsächlich die Verantwortung für uns übertragen.«
Simon konnte nicht umhin zu bemerken, dass Aline sehr dicht neben Jace saß - ihre Schultern berührten einander, obwohl auf dem Sofa noch jede Menge Platz
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