Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass
»Sie hatten bei der Entscheidung der Kongregation keine Stimme. Es schiene mir unfair, wenn sie auf dieselbe Weise bestraft würden wie diejenigen, die in den Kampf gezogen sind.«
»Ich habe das in Erwägung gezogen.« Valentins Stimme klang jetzt tief und dröhnend. »Da Jugendliche oberflächlicher mit Runen versehen sind, dauert es länger, bis sie zu Forsaken werden - mindestens einige Tage. Ich denke daher, dass sich dieser Prozess umkehren lässt.«
»Während diejenigen unter uns, die aus dem Kelch der Engel getrunken haben, vollkommen unbeeinträchtigt bleiben?«
»Ich bin sehr beschäftigt, Malachi«, erwiderte Valentin. »Außerdem habe ich dir schon gesagt, dass du nicht in Gefahr schwebst. Ich vertraue diesem Prozess mein eigenes Leben an. Hab also ein wenig mehr Vertrauen.«
Malachi senkte den Kopf. »Ich habe absolutes Vertrauen, mein Gebieter. Ich habe es seit vielen Jahren bewahrt, in aller Stille, und Euch immer gedient.«
»Und dafür wirst du belohnt werden«, sagte Valentin.
Malachi schaute auf. »Mein Gebieter…«
Doch das Flimmern hatte aufgehört; Valentin war verschwunden. Malachi runzelte die Stirn, stieg dann die Stufen des Podiums hinunter und ging in Richtung Ausgang. Sofort zog Clary sich noch weiter hinter die Säule zurück und hoffte verzweifelt, dass er sie nicht entdecken würde. Ihr Herz raste.Was hatte das alles zu bedeuten? Und was sollte diese Geschichte mit den Forsaken? Die Antwort schlummerte irgendwo in ihrem Kopf, doch sie erschien ihr zu schrecklich, um genauer darüber nachzudenken. Nicht einmal Valentin würde …
Plötzlich flog Clary irgendetwas ins Gesicht, wie ein dunkler Wirbelsturm. Sie konnte gerade noch schützend die Hände vor das Gesicht reißen, als ihr auch schon die Handrücken aufgeschlitzt wurden. Sie hörte ein wütendes Krächzen und spürte, wie Flügel gegen ihre erhobenen Arme schlugen.
»Hugin! Genug!«, hallte Malachis scharfer Befehl durch den Saal. »Hugin!« Ein weiteres Krächzen ertönte, gefolgt von einem dumpfen Schlag, und dann trat Ruhe ein. Clary ließ die Hände sinken und sah den Raben reglos zu Füßen des Konsuls liegen - ob betäubt oder tot, konnte sie nicht sagen. Mit einem Schnauben trat Malachi Hugin zur Seite und marschierte dann auf Clary zu. Er packte sie mit finsterer Miene an einem ihrer blutenden Handgelenke und zerrte sie auf die Füße. »Du dumme Göre«, stieß er hervor. »Wie lange hast du schon gelauscht?«
»Lange genug, um zu wissen, dass Sie dem Kreis angehören«, fauchte Clary und versuchte vergeblich, sich seinem Griff zu entwinden. »Sie sind auf Valentins Seite.«
»Es gibt nur eine Seite.« Seine Stimme klang wie ein Zischen. »Der Rat ist töricht und fehlgeleitet, wenn er sich mit Halbmenschen und Monstern abgibt. Ich will ihn nur zu früherer Größe zurückführen, ihn wieder reinigen - ein Ziel, dem sich eigentlich jeder Schattenjäger anschließen sollte. Aber nein, sie hören stattdessen auf Narren und Dämonenfreunde wiedich und Lucian Graymark. Und jetzt habt ihr die Blüte der Nephilim zum Sterben in diese lächerliche Schlacht geschickt -eine leere Geste, mit der nichts erreicht werden wird. Valentin hat das Ritual bereits begonnen; bald wird der Engel auferstehen und alle Nephilim werden sich in Forsaken verwandeln. Alle bis auf die wenigen, die unter Valentins Schutz stehen …«
»Das ist Mord! Er ermordet Schattenjäger!«
»Kein Mord«, erwiderte der Konsul und seine Stimme bekam einen fanatischen Beiklang, »sondern Läuterung. Valentin wird eine neue Welt für die Schattenjäger erschaffen - eine Welt, aus der Schwäche und Korruption ausgemerzt wurden.«
»Schwäche und Korruption sind nicht Teil der Welt«, fauchte Clary. »Sie sind Teil mancher Menschen - und daran wird sich nie etwas ändern. Darum braucht die Welt auch gute Menschen, die für ein Gleichgewicht sorgen. Aber die wollt ihr alle umbringen!«
Malachi schaute sie für einen Moment ehrlich erstaunt an, als ob die Leidenschaft in ihrer Stimme ihn überrascht hätte. »Noble Worte von einem Mädchen, das versucht hat, ihren eigenen Vater zu hintergehen.« Dann riss er sie an sich und verdrehte brutal ihr blutendes Handgelenk. »Ich bin gespannt, ob es Valentin etwas ausmacht, wenn ich dir beibringe zu …«
Aber Clary sollte nie herausfinden, was er ihr beibringen wollte. Ein dunkler Schatten warf sich zwischen sie, mit ausgebreiteten Flügeln und vorgestreckten
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