Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels
du mit ihr Schluss gemacht hast«, sagte Isabelle. »Ich dachte …«
»Dass ich kein bisschen Selbstachtung habe?« Simon lächelte ironisch.
»Ich dachte, dass du Clary noch immer liebst. Und dass du mit keiner anderen was Ernsthaftes anfangen könntest.«
»Weil du dir immer Typen aussuchst, die es nicht ernst mit dir meinen«, erwiderte Simon. »Und deshalb muss es dir auch nie ernst mit ihnen sein.«
Isabelles Augen funkelten, als sie ihn ansah, doch sie schwieg.
»Ich mag dich sehr«, sagte Simon. »Ich hab dich schon immer sehr gemocht.«
Isabelle kam einen Schritt näher. Sie standen nun ziemlich dicht voreinander und Simon konnte Isabelles Atem hören und darunter den leisen Rhythmus ihres Pulsschlags. Sie roch nach Shampoo und Schweiß und Gardenia-Parfüm und Schattenjägerblut.
Der Gedanke an Blut ließ Simon automatisch an Maureen denken und sein Körper versteifte sich.
Isabelle bemerkte die Veränderung in seiner Körpersprache, natürlich bemerkte sie sie; schließlich war sie eine Kriegerin und ihre Sinne waren darauf getrimmt, selbst die kleinste Veränderung an ihrem Gegenüber wahrzunehmen. Ruckartig zog sie sich zurück, wobei ihre Miene sich verdüsterte. »Also gut«, sagte sie. »Wenigstens bin ich froh, dass wir miteinander gesprochen haben.«
»Isabelle …«
Aber sie hatte sich bereits abgewandt. Simon ging ihr noch nach, doch sie war zu schnell. Als die Tür des kleinen Vorraums hinter ihm ins Schloss fiel, hatte sie das Sanktuarium fast schon durchquert. Simon gab es auf und sah ihr nach, als sie durch die Flügeltür verschwand. Er wusste, dass er ihr nicht ins Institut folgen konnte.
Clary setzte sich auf und schüttelte den Kopf, um das Gefühl der Benommenheit loszuwerden. Es dauerte einen Moment, bis sie sich wieder erinnerte, wo sie war — in einem Gästezimmer des Instituts. Nur der bläuliche Schein der Abenddämmerung, der durch das hohe Fenster hereinfiel, erhellte den Raum. Clary stellte fest, dass die Bettdecke sich um ihre Beine gewickelt hatte; ihre Jeans und ihre Jacke lagen ordentlich auf einem Stuhl, unter dem auch ihre Schuhe standen. Und neben ihr saß Jace und schaute auf sie herab, als hätte sie ihn durch einen Traum herbeigezaubert.
Er hockte auf der Bettkante, in voller Kampfmontur, als wäre er gerade aus einer Schlacht zurückgekehrt. Seine Haare wirkten zerzaust und das gedämpfte Licht betonte die Schatten unter seinen Augen, die tief eingefallenen Schläfen und die spitzen Wangenknochen. Bei dieser Beleuchtung besaß er die außergewöhnliche, fast schon unwirkliche Schönheit eines Gemäldes von Amedeo Modigliani — lang gestreckte Formen und spitze Winkel.
Clary rieb sich die Augen und blinzelte. »Wie spät ist es?«, fragte sie. »Wie lange …?«
Doch Jace zog sie an sich und küsste sie. Und Clary erstarrte einen kurzen Moment, da sie sich schlagartig bewusst wurde, dass sie nur Unterwäsche und ein dünnes T-Shirt trug. Aber dann schmolz sie dahin und schmiegte sich an ihn — sein inniger Kuss war genau jene Sorte von Berührung, die ihr Innerstes in Pudding verwandelte. ene Sorte von Kuss, die ihr früher das Gefühl geschenkt hatte, alles sei in bester Ordnung, nichts hatte sich verändert und Jace sei einfach nur froh, sie zu sehen. Aber als seine Hände sich daranmachten, den Saum ihres T-Shirts hochzuschieben, hielt Clary sie fest.
»Nein«, sagte sie bestimmt und legte ihre Finger um seine Handgelenke. »Du kannst mich nicht jedes Mal, wenn du mich siehst, einfach schnappen und an mir herumfummeln. Das ist kein Ersatz für ein richtiges Gespräch.«
Jace holte kurzatmig Luft und fragte: »Warum hast du Isabelle eine SMS geschickt statt mir? Wenn du Hilfe brauchst …«
»Weil ich wusste, dass sie kommen würde«, unterbrach Clary ihn. »Und das weiß ich bei dir eben nicht. Jedenfalls nicht im Moment.«
»Wenn dir etwas zugestoßen wäre …«
»Dann hättest du es vermutlich irgendwann erfahren. Du weißt schon: Wenn du dich endlich dazu herabgelassen hättest, mal ans Telefon zu gehen.« Clary hielt noch immer seine Handgelenke, gab sie nun jedoch frei und rutschte ein Stück von ihm ab. Es fiel ihr schwer, fast körperlich schwer, ihm so nahe zu sein und ihn nicht zu berühren, doch sie zwang sich, die Hände herunterzunehmen und neben sich auf die Bettdecke zu legen. »Du kannst mir jetzt entweder erzählen, was mit dir los ist, oder du kannst gehen.«
Jace öffnete den Mund, sagte aber nichts. Es war lange her, dass sie
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