Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels
gewundert, warum ich so anders bin als meine Brüder?«, fragte sie unvermittelt. »Anders als Alec und Jace, meine ich.«
Simon blinzelte verwirrt. »Du meinst, mal abgesehen von der Tatsache, dass du ein Mädchen bist und die beiden … eben nicht?«
»Nein. Das nicht, du Idiot. Ich meine etwas anderes: Sieh sie dir doch mal an. Die beiden haben nicht die geringste Mühe, sich zu verlieben. Genau genommen sind sie gerade schwer verliebt. Die große Liebe. Bis über beide Ohren. Nimm beispielsweise Jace. Er liebt Clary so, als … als gäbe es nichts anderes auf der Welt und als würde es für ihn auch nie etwas anderes geben. Bei Alec ist es genau dasselbe. Und Max …« Ihre Stimme brach einen Moment. »Ich weiß nicht, wie es mit ihm gewesen wäre. Aber er hat jedem vertraut. Und wie du möglicherweise bemerkt hast, vertraue ich niemandem.«
»Die Menschen sind nun mal verschieden«, sagte Simon, um einen verständnisvollen Ton bemüht. »Das heißt nicht notwendigerweise, dass sie auch glücklicher sind als du …«
»Natürlich heißt es das«, widersprach Isabelle. »Glaubst du etwa, das wüsste ich nicht?« Sie warf Simon einen scharfen Blick zu. »Du kennst doch meine Eltern …«
»Nicht besonders gut«, warf Simon ein. Die Lightwoods waren nicht sehr erpicht darauf gewesen, Isabelles Vampirfreund kennenzulernen — eine Situation, die nicht unbedingt dazu beitrug, Simons Verdacht zu zerstreuen, dass er nur einer in einer langen Reihe unerwünschter Verehrer war.
»Na ja, du weißt ja, dass sie beide Valentins Kreis angehört haben. Aber ich wette, du hast nicht gewusst, dass das alles die Idee meiner Mom war. Mein Dad war nie sonderlich begeistert von Valentin und seinen Freunden. Und als dann diese ganze Geschichte passiert ist und sie verbannt wurden und ihnen klar wurde, dass sie praktisch ihr ganzes Leben zerstört hatten, da hat mein Dad meiner Mom die Schuld daran gegeben, denke ich. Aber damals hatten sie bereits Alec und ich war unterwegs, also ist er geblieben, auch wenn er eigentlich lieber gegangen wäre. Und dann, als Alec etwa neun war, hat mein Vater jemand anderes kennengelernt.«
»Wow!«, stieß Simon hervor. »Dein Dad hat deine Mom betrogen? Das … das ist ja schrecklich.«
»Sie hat mir später davon erzählt … als ich etwa dreizehn war«, fuhr Isabelle fort. »Sie sagte, dass er fest entschlossen war, sie zu verlassen. Aber dann haben sie gemerkt, dass meine Mom mit Max schwanger war; also sind sie zusammengeblieben und er hat mit der anderen Frau Schluss gemacht. Meine Mom hat mir nicht verraten, wer die andere war, aber sie hat mir eines gesagt: dass man Männern nicht wirklich vertrauen kann. Und sie hat mir aufgetragen, niemand anderem davon zu erzählen.«
»Und, hast du dich daran gehalten? Hast du es jemandem erzählt?«
»Nein, niemandem … bis jetzt«, erwiderte Isabelle.
Simon dachte an eine jüngere Isabelle und daran, wie sie das Geheimnis bewahrt, niemanden davon erzählt und es selbst vor ihren Brüdern geheim gehalten hatte. Dass sie Dinge über die Familie wusste, von denen Alec und Jace nichts ahnten. »Das hätte deine Mutter nicht von dir verlangen dürfen«, sagte er plötzlich aufgebracht. »Das war echt nicht fair.«
»Vielleicht«, räumte Isabelle ein. »Aber damals dachte ich, die Tatsache, dass sie mich ins Vertrauen zog, würde mich zu etwas Besonderem machen. Ich habe jedoch nicht daran gedacht, dass mich das möglicherweise auch verändern könnte. Aber wenn ich sehe, wie meine Brüder ihr Herz verschenken, denke ich automatisch: Wisst ihr es denn nicht besser? Herzen sind so leicht zu brechen. Und selbst wenn sie wieder verheilen, ist man doch nie wieder dieselbe Person wie zuvor.«
»Vielleicht wird man dadurch aber auch besser«, warf Simon ein. »Ich weiß, dass ich dadurch ein besserer Mensch geworden bin.«
»Du denkst an Clary … und daran, dass sie dir das Herz gebrochen hat«, sagte Isabelle.
»In tausend Stücke. Wenn dir jemand seinen eigenen Bruder vorzieht, dann stärkt das nicht gerade das Selbstvertrauen. Ich hab gedacht: Wenn sie erst mal kapiert, dass das mit Jace nichts wird, dann gibt sie auf und kommt zu mir zurück. Aber dann ist mir klar geworden, dass sie Jace immer lieben wird, ob aus den beiden nun ein Paar werden sollte oder nicht. Und ich wusste auch: Wenn sie nur mit mir zusammen ist, weil sie ihn nicht haben kann, will ich lieber allein bleiben. Also hab ich die Sache beendet.«
»Ich wusste gar nicht, dass
Weitere Kostenlose Bücher