Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels
Schultern und sandte kleine, elektrisierende Funken durch ihre Nervenenden. Mit einem leicht angewiderten Gefühl registrierte Clary, dass ihr Körper noch immer auf seine Berührung reagierte. »Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas zustößt«, erwiderte Jace.
Clary starrte ihn an. Du glaubst das wirklich, stimmt’s? Aus irgendeinem Grund kannst du die Kluft zwischen deinen Absichten und deinen Taten nicht erkennen. Irgendwie hat Lilith dir diese Fähigkeit genommen. »Du wirst sie nicht daran hindern können«, sagte sie. »Sie wird mich umbringen, Jace.«
Abwehrend schüttelte er den Kopf. »Nein. Das würde sie niemals tun.«
Clary hätte ihn am liebsten angeschrien, doch sie zwang sich zu einem bedächtigen, behutsamen, ruhigen Tonfall: »Ich weiß, dass du da drin bist, Jace. Dein wahres Ich.« Sie schmiegte sich enger an ihn, bis sich die Schnalle seines Gürtels in ihre Taille drückte. »Du könntest gegen sie kämpfen …«
Doch das waren die falschen Worte: Jace’ ganzer Körper versteifte sich schlagartig und Clary sah, wie ein Ausdruck der Qual in seinen Augen aufblitzte, der Blick eines gehetzten Tiers. Im nächsten Moment verwandelte sich sein Kummer in kalte Härte. »Das kann ich nicht«, entgegnete er.
Clary erschauderte. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war schrecklich, einfach nur schrecklich.
Ihr Schaudern milderte allerdings die Härte in seinen Augen. »Ist dir kalt?«, fragte er und klang dabei einen Moment lang wieder wie Jace — wie der Jace, der sich aufrichtig um ihr Wohlergehen sorgte.
Der Gedanke schnürte Clary die Kehle zu. Doch sie nickte, obwohl die Kälte der Nacht im Moment das Letzte war, woran sie einen Gedanken verschwendete. »Kann ich meine Hände unter deine Jacke stecken?«
Jace nickte. Sein Jackett war nicht zugeknöpft und Clary schob ihre Arme unter die Aufschläge, bis ihre Finger seinen Rücken leicht berührten. Um sie herum herrschte eine unheimliche Stille. Die Stadt schien wie in einem Eiskristall erstarrt. Selbst das Licht, das aus den umliegenden Gebäuden strahlte, wirkte lautlos und kalt.
Jace’ Atem ging ruhig und beständig. Durch das zerrissene Gewebe seines Oberhemds konnte Clary die Rune auf seiner Brust sehen. Sie schien bei jedem Atemzug zu pulsieren. Es war widerlich, wie dieses Mal an ihm haftete, dachte sie — wie ein Blutegel, der alles aus ihm heraussaugte, das gut war, das Jace war.
Plötzlich erinnerte sie sich wieder an das, was Luke ihr über das Zerstören einer Rune gesagt hatte: Wenn man ein Mal hinreichend beschädigt, kann man seine Kraft beeinträchtigen oder sogar ganz zerstören. Manchmal kommt es vor, dass der Feind in einer Schlacht versucht, die Haut eines Schattenjägers zu versengen oder abzuschürfen, nur um ihm die Macht seiner Runen zu nehmen.
Entschlossen heftete Clary ihren Blick auf Jace’ Gesicht. Vergiss, was um dich herum passiert, ermahnte sie sich. Vergiss Simon, vergiss das Messer, das bis eben noch gegen deine Kehle drückte. Deine folgenden Worte sind wichtiger als alles, was du je gesagt hast.
»Weißt du noch, was du mir im Park erzählt hast?«, wisperte sie.
Verblüfft schaute Jace zu ihr hinab. »Was?«
»Als ich dir erklärt habe, dass ich kein Italienisch spreche. Ich erinnere mich daran, was du mir gesagt hast … daran, was dieses Zitat bedeutet. Du hast gesagt, es bedeutet, dass die Liebe die mächtigste Kraft in der Welt ist. Mächtiger als alles andere.«
Eine winzige Falte erschien zwischen seinen Augenbrauen. »Ich kann mich nicht …«
»Doch. Doch, das kannst du.« Vorsichtig, nicht zu hastig, ermahnte sie sich, konnte aber die Anspannung in ihrer Stimme nicht unterdrücken. »Du erinnerst dich. Die mächtigste Kraft in der Welt, hast du gesagt. Mächtiger als Himmel und Hölle. Also muss sie auch mächtiger sein als Lilith.«
Nichts. Er starrte sie an, als könnte er sie nicht hören. Clary hatte das Gefühl, als würde sie in einen schwarzen, leeren Tunnel hineinrufen. Jace, Jace, Jace. Ich weiß, dass du da drin bist.
»Es gibt eine Möglichkeit, wie du mich schützen und gleichzeitig das tun kannst, was sie von dir verlangt«, fuhr Clary fort. »Wäre das nicht das Allerbeste?« Sie drückte sich noch fester an ihn und spürte einen Stich im Magen. Es war, als würde sie Jace umarmen und dann auch wieder nicht — alles zugleich, Freude und Entsetzen miteinander vermischt. Und sie fühlte, wie sein Körper auf sie reagierte, fühlte das Trommeln seines Herzschlags in ihren
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