Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels
einging.
Ein paar Sekunden lang herrschte angespannte Stille, dann erst reagierte Camille: »Also gut. Wenn Magnus dir vertraut, dann werde ich es auch tun.« Sie hob den Kopf und bemühte sich um eine würdevolle Haltung, trotz der zerrissenen Kleidung und der blutverklebten Haare. »Lilith hat sich an mich gewandt, nicht umgekehrt. Sie hatte gehört, dass ich nach Möglichkeiten suche, mir meine frühere Position als Anführerin des Manhattaner Clans von Raphael Santiago zurückzuholen. Lilith sagte, sie würde mir helfen, wenn ich im Gegenzug ihr helfe …«
»Schattenjäger zu ermorden?«
»Sie brauchte ihr Blut«, erklärte Camille. »Für diese Säuglinge. Lilith hat den Müttern das Blut von Schattenjägern und Dämonen gespritzt, im Versuch, das Experiment zu wiederholen, das Valentin mit seinem Sohn durchgeführt hatte. Allerdings hat es nicht funktioniert. Die Kinder haben sich zu Missgeburten entwickelt … und sind dann gestorben.« Als sie Alecs angewiderten Blick auffing, fügte sie hinzu: »Ich wusste anfangs nicht, wofür sie das Blut brauchte. Du magst zwar keine besonders hohe Meinung von mir haben, aber ich finde keinen Gefallen an der Ermordung unschuldiger Seelen.«
»Du hättest Liliths Angebot ja nicht anzunehmen brauchen«, erwiderte Alec. »Nur weil sie dich gefragt hat …«
Camille lächelte müde. »Wenn man so alt ist wie ich, dann verdankt man das unter anderem der Tatsache, dass man gelernt hat, das Spiel nach den Regeln zu spielen und zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Bündnisse einzugehen. Und das bedeutet, sich nicht nur mit den Mächtigen zu verbünden, sondern auch mit denjenigen, von denen man erwartet, dass sie einen selbst mächtig machen. Ich wusste: Wenn ich nicht einwilligte, Lilith zu helfen, würde sie mich töten. Dämonen sind von Natur aus nicht sehr vertrauensselig und Lilith musste davon ausgehen, dass ich mich an den Rat wenden und ihre Pläne zur Tötung von Schattenjägern preisgeben würde — auch wenn ich ihr hoch und heilig versichert hatte, Stillschweigen zu bewahren. Nach Abwägung aller Risiken kam ich zu dem Schluss, dass Lilith für mich eine größere Gefahr darstellte als deinesgleichen.«
»Und es hat dir nichts ausgemacht, Schattenjäger zu töten.«
»Bei diesen dreien handelte es sich um ehemalige Mitglieder von Valentins Kreis«, erklärte Camille. »Sie hatten Angehörige meiner Art umgebracht. Und auch deiner.«
»Und was ist mit Simon Lewis? Warum interessierst du dich für ihn?«
»Jeder wünscht sich den Tageslichtler an seiner Seite.« Camille zuckte die Achseln. »Außerdem wusste ich, dass er das Kainsmal trägt. Einer von Raphaels Clanmitgliedern ist mir noch immer treu ergeben. Er ließ mir diese Information zukommen. Nur wenige andere Schattenweltler wissen davon. Und das macht den Tageslichtler zu einem unschätzbar wertvollen Verbündeten.«
»Ist das der Grund, weswegen Lilith ihn in ihre Finger bekommen wollte?«
Camilles Augen weiteten sich. ihre Haut war sehr blass und darunter konnte Alec die dunklen Adern erkennen, die feinen Verästelungen, die sich über ihr weißes Gesicht auszubreiten begannen wie Risse in feinem Porzellan. Hungernde Vampire entwickelten sich erst zu wilden Bestien und verloren dann schließlich das Bewusstsein, wenn sie zu lange kein Blut erhielten. Je älter ein Vampir war, desto länger konnte er diesen Vorgang hinauszögern, aber Alec fragte sich ernsthaft, wann Camille das letzte Mal Blut getrunken hatte. »Was meinst du damit?«, murmelte sie matt.
»Anscheinend hat sie Simon zu sich bestellt«, erklärte Alec. »Sie befinden sich irgendwo in diesem Gebäude.«
Camille starrte ihn einen weiteren Moment lang ausdruckslos an und brach dann in Gelächter aus. »Welch eine Ironie des Schicksals«, bemerkte sie. »Lilith hat Simon mir gegenüber nie erwähnt und ich habe ihn meinerseits nicht erwähnt. Und dennoch haben wir beide ihm nachgestellt, für unsere jeweiligen Zwecke. Wenn sie ihn in ihre Macht bekommen will, dann wegen seines Blutes«, fügte Camille hinzu. »Bei der Zeremonie, die sie durchzuführen beabsichtigt, handelt es sich ganz gewiss um ein Blutmagie-Ritual. Simons Blut ist eine Mischung aus Schattenweltler- und Schattenjägerblut und wird ihr daher von großem Nutzen sein.«
Alec spürte einen Anflug von Unbehagen. »Aber sie kann ihm doch nichts tun. Das Kainsmal …«
»Ach, sie wird schon einen Weg finden, diesen Schutz zu umgehen«, erklärte Camille. »Schließlich
Weitere Kostenlose Bücher