Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels
Zapp-Peng-Krach-Geräusche eines Videospiels. Also marschierte er in den Raum, eine weiße Tüte mit Bagels aus der Bagel Zone an der Avenue A wie ein Friedensangebot vor sich ausgestreckt.
»Ich hab Frühstück mitgebracht …«, setzte er an, verstummte dann aber. Er war sich nicht sicher, welche Reaktion er von seinen selbst ernannten Leibwächtern erwartet hatte, nachdem diese erkannt hatten, dass er sich aus der Wohnung geschlichen hatte — auf jeden Fall irgendetwas in der Art wie »Wenn du das noch mal versuchst, bring ich dich um«. Doch er hatte definitiv nicht damit gerechnet, dass Kyle und Jace friedlich nebeneinander auf der Couch saßen und wie die besten Freunde wirkten. Kyle hielt einen Gamecontroller in den Händen, während Jace, weit nach vorn gebeugt und die Ellbogen auf die Knie gestützt, gebannt auf das Videospiel starrte. Simons Rückkehr schienen sie kaum wahrzunehmen.
»Der Typ da drüben in der Ecke schaut in die andere Richtung«, bemerkte Jace und zeigte auf den Bildschirm. »Mit einem Spinning Wheel Kick könntest du ihn außer Gefecht setzen.«
»In dem Game kann man keine Leute durch Kicks eliminieren. Ich kann sie nur erschießen. Siehst du?« Kyle drückte wie wild auf ein paar Knöpfe.
»Das ist ja öde«, maulte Jace, schaute auf und schien Simon jetzt erst wahrzunehmen. »Wie ich sehe, bist du von deiner morgendlichen Verabredung zurück«, konstatierte er nicht besonders herzlich. »Ich wette, du hältst dich für besonders clever, dass du einfach so abgehauen bist.«
»Mittelmäßig clever«, räumte Simon ein. »Wie eine Kreuzung aus George Clooney in Ocean’s Eleven und diesen MythBusters-Typen, du weißt schon, Die Wissensjäger. Allerdings deutlich attraktiver.«
»Und wie üblich bin ich heilfroh, dass ich keinen blassen Schimmer habe, wovon du da faselst«, erwiderte Jace. »Es erfüllt mich mit einem Gefühl der Ruhe und des Wohlbefindens.«
Kyle legte den Gamecontroller auf den Couchtisch, wodurch die Szene auf dem Bildschirm erstarrte und stattdessen eine gewaltige, nadelspitze Waffe in Großaufnahme gezeigt wurde. »Ich nehm einen Bagel«, verkündete er.
Simon warf ihm eines der Gebäckstücke zu und Kyle verschwand in die Küche, die vom Wohnzimmer durch eine lange Theke getrennt war, um dort sein Frühstück zu toasten und mit Butter zu bestreichen. Dagegen warf Jace nur einen kurzen Blick auf die weiße Tüte und winkte ab. »Nein, danke.«
»Du solltest aber was essen«, sagte Simon und setzte sich auf den Couchtisch.
»Das musst ausgerechnet du sagen.«
»Ich hab im Moment kein Blut vorrätig«, erklärte Simon. »Es sei denn, du stellst dich zur Verfügung.«
»Nein, danke. Das hatten wir ja schon und ich denke, es wäre besser, wenn wir einfach nur Freunde bleiben.« Jace’ Tonfall klang leicht spöttisch wie immer, aber aus dieser Entfernung konnte Simon die dunklen Ringe unter seinen Augen sehen. Und seine Wangenknochen schienen noch stärker aus seinem blassen Gesicht hervorzutreten als je zuvor.
»Du solltest echt was essen«, sagte Simon und schob die Tüte über den Tisch in Jace’ Richtung. »Ich meine es ernst.«
Erneut warf Jace einen Blick auf die Tüte mit dem Gebäck und wich zurück. Seine Augenlider schimmerten vor Erschöpfung graublau. »Ehrlich gesagt bereitet mir schon der Gedanke Übelkeit.«
»Du bist letzte Nacht eingeschlafen, als du mich eigentlich beschützen solltest«, bemerkte Simon trocken. »Ich weiß ja, dass diese ganze Bodyguard-Geschichte für dich im Grunde ein Witz ist, aber trotzdem: Wie lange hast du eigentlich nicht mehr richtig geschlafen?«
»Im Sinne von ›eine ganze Nacht‹?«, überlegte Jace. »Vielleicht zwei, drei Wochen.«
Verwundert starrte Simon ihn an. »Warum das denn? Ich meine, was ist los?«
Jace schenkte ihm den Anflug eines Lächelns. »›Ich könnte in eine Nussschale eingesperrt sein und mich für einen König von unermesslichem Gebiete halten, wenn nur meine bösen Träume nicht wären.‹«
»Den Spruch kenn ich. Das ist aus Hamlet. Dann willst du mir also sagen, du kannst nicht schlafen, weil du Albträume hast?«, hakte Simon nach.
»Vampir, du hast ja keine Ahnung«, bestätigte Jace mit erschöpfter Gewissheit.
»Hey.« Kyle kam von der Küche zurück ins Wohnzimmer, warf sich in einen der Sessel mit Noppenpolster und biss herzhaft in seinen Bagel. »Was war denn heute Nacht los?«
»Ich hab mich mit Luke getroffen«, erklärte Simon und erzählte, was passiert war. Er
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