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Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Titel: Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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inzwischen auf wenige Kilometer herangekommen. Der Regen wurde von Minute zu Minute heftiger. Blitze zuckten und Donner grollte. Sie wischte sich das Wasser aus dem Gesicht. »Sie haben recht«, sagte sie. »Vermutlich morgen früh. Wir sollten machen, dass wir von hier wegkommen. In einer halben Stunde dürfte es hier oben sehr ungemütlich werden. Sobald das Unwetter vorbei ist, steigen wir wieder auf. Und dann lassen wir sie nicht mehr aus den Augen. Jetzt, wo wir wissen, wonach wir zu suchen haben.« Ein kalter Ausdruck erschien in ihren Augen. »Hast du gehört, Humboldt? Du entwischst mir nicht noch einmal.«



47
     
     
    Am nächsten Morgen regnete es immer noch. Das Gewitter war zwar vorüber, aber immer noch fiel Wasser wie Bindfäden vom Himmel, überschwemmte das Land und tauchte die Welt in tristes, einförmiges Grau.
    Missmutig blickte Oskar vor sich auf den Boden. Auf den Holzplanken stand das Wasser. Überall hatten sich Pfützen gebildet, in denen sich die tief hängenden Wolken spiegelten. Seile, Tücher, Kleidung, alles triefte vor Nässe. Ein eintöniges Rauschen erfüllte das Tal und erstickte jeden anderen Laut. Die einstmals so prächtigen Gebäude sahen aus wie Schafe, die mürrisch an der Felswand kauerten und auf besseres Wetter warteten.
    Der Ballonkörper über ihren Köpfen war mit Feuchtigkeit gesättigt. Das Wasser strömte über die Oberfläche, sammelte sich mittschiffs in einer Wanne und floss zu beiden Seiten durch Rinnen im Oberdeck ab.
    Der Himmel sah aus, als wollte er heute nicht mehr aufmachen. Charlotte, Eliza und Boswell standen am Heck, in der Nähe des Steuermanns, und blickten ebenso ernst wie traurig in den Regen hinaus. Niemand sprach ein Wort. Alle waren in Gedanken bei den bevorstehenden Aufgaben des heutigen Tages.
    Der Einzige, der einigermaßen gute Laune hatte, war Humboldt, und das, obwohl er in der vergangenen Nacht so gut wie nicht geschlafen hatte. Ein großer Kanister, randvoll mit Chlorgas, stand am Bug des Schiffes. Dazu noch eine ganze Batterie kleinerer Wurfgeschosse, ähnlich dem, das sie gestern in der steinernen Festung eingesetzt hatten. Nur für den Fall, dass sie tiefer in den Schwarmbau hinein mussten. Aber das galt nur für den Notfall. Humboldts Plan war, den Kanister am oberen Stollen mittels einer kleinen Sprengladung zur Detonation zu bringen und dann zuzusehen, wie die Insekten durch die anderen Öffnungen verschwanden. Der Forscher wurde nicht müde zu betonen, dass es ihm ausschließlich darum ging, diese hochinteressante Spezies aus ihrem angestammten Gebiet zu vertreiben. Natürlich würden einige der Tiere sterben, aber der Schwärm als solcher würde überleben. Wie er diese Tiere einschätzte, würde es ihnen gelingen, an anderer Stelle einen neuen Bau anzulegen.
    Er drehte sich um und blickte in ihre mürrischen Gesichter. »Was ist denn los?«, rief er ihnen zu. »Lasst doch die Köpfe nicht so hängen. Etwas Besseres als dieser Regen hätte uns gar nicht passieren können.«
    »Wieso das?«, fragte Boswell, den Kragen seiner Lederjacke hochgeschlagen und die Hände tief in den Taschen vergraben.
    »Chlorgas und Wasser gehen eine sehr schnelle Bindung ein«, sagt Humboldt. »Das Gas wird neutralisiert. Wenn also etwas nach außen dringen sollte, wird es nicht als giftige Wolke auf die Stadt zutreiben, sondern als unschädliche Flüssigkeit die Berghänge hinabfließen. Der Regen ist ein Geschenk des Himmels.«
    »Des Himmels, ja«, brummte Oskar. »Aber ein Geschenk?« Er sandte einen düsteren Blick nach oben.
    Dieser graue Morgen mit all seinem Regen führte ihm in aller Deutlichkeit vor Augen, worauf sie sich da eingelassen hatten.
    »Mein Onkel hat recht«, sagte Charlotte. »Es hat keinen Sinn, hier Trübsal zu blasen. Bald geht es los und dann werden wir diesen Biestern zeigen, wer Herr in diesem Tal ist.« Sie lächelte grimmig. »Hey, wenn hier einer Grund zur Sorge hat, dann bin das ja wohl ich. Schließlich habe ich die Ehre, von der Königin der Ukhu Pacha getötet zu werden. Und wenn ich zuversichtlich bin, dann könnt ihr das ja wohl auch sein.«
    »Ich wünschte, ich könnte deinen Optimismus teilen«, sagte Oskar. »Ich meine, denk doch mal darüber nach, was wir hier vorhaben. Wollen wir wirklich aufbrechen, um ganz allein gegen ein Heer von Killerinsekten anzutreten? In einen Kampf ziehen, der seit über tausend Jahren tobt und der seitdem eine ganze Zivilisation in Atem hält? Lass dir das mal auf der Zunge

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