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Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Titel: Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Körper.«
    Charlotte sah sich um. »Gift? Was ist geschehen? Wo ist Humboldt?«
    »Er ist noch im Insektenbau.«
    Sie presste die Hände an den Kopf. »Oh, mein Schädel.«
    Eliza hielt ihr einen Becher mit einem dunkelbraunen Getränk hin. »Trink das.« Oskar fand, dass es verdächtig wie das Gebräu roch, das sie ihm nach seiner Entführung verabreicht hatte.
    Das Mädchen nahm den Becher mit beiden Händen und setzte ihn an die Lippen. Sie trank ein paar Schlucke und setzte dann wieder ab. Langsam kehrte die Farbe auf ihre Wangen zurück.
    Sie hatte das Gefäß noch nicht vollständig geleert, als Stimmen aus der Höhlenöffnung zu hören waren. Oskar fuhr herum. Am Eingang war eine Bewegung zu erkennen. Rufe ertönten, dann sah er die Indianer, dicht gefolgt von Pepper und Humboldt. Der Forscher trug jemanden auf seinen Schultern. Die rothaarige Frau.
    »Wartet hier«, sagte er. »Ich bin gleich wieder da.« Er sprang auf die Beine und half den Indianern, die Planke festzuhalten. Mit großen Schritten eilte Humboldt zu ihnen herüber. Vorsichtig legte er die Söldnerin auf eine der Deckaufbauten. »Eliza, schnell.« Die Zauberin schnappte sich ihre Pulver und Tinkturen und ging zu der Söldnerin. Als Humboldt seine Nichte bei Bewusstsein sah, huschte ein Lächeln über sein Gesicht. »Hallo, meine Kleine«, sagte er und seine Erleichterung war ihm anzusehen. »Alles klar? Geht es dir gut?«
    »Geht schon wieder, Onkel«, sagte das Mädchen. »Mir ist ein wenig schwindelig und ich erinnere mich an nichts. Ich weiß noch, wie ich an Deck stand und euch beim Kämpfen zusah, und dann … nichts. Wie weggeblasen.«
    »Lass dir von Oskar erzählen, was in der Zwischenzeit passiert ist.« Er wandte sich an den Priester. »Wir müssen hier weg, so schnell wie möglich. Können Sie die Schiffe vom Berg fortbewegen?«
    Die Geräusche, die aus dem Berg drangen, hörten sich wirklich beängstigend an. Das Rumoren klang wie bei einem bevorstehenden Vulkanausbruch. Ein faulig stinkender Wind erhob sich. Yupan gab einige kurze Befehle. Die Indianer machten sich gleich an die Arbeit und versuchten, die drei Schiffe wieder startklar zu bekommen. Die Schäden an der Pachacutec mussten notdürftig repariert und die Stromleitungen geflickt werden. Oskar informierte Charlotte in aller Eile über die Ereignisse im Berg, musste aber zugeben, das er keine Ahnung hatte, was nach seiner Flucht geschehen war.
    Valkrys befand sich in einem schlimmen Zustand. Ihre Kleidung war blutgetränkt. Der Mantel war zerfetzt und das Leder an vielen Stellen durchbohrt. An Peppers traurigem Blick erkannte Oskar, wie schlecht es um sie stand. Er und Boswell standen nebeneinander und machten den Eindruck, als wären sie zwei Totenwächter.
    Endlich liefen die Rotoren wieder an. Die Pachacutec entfernte sich von der Felswand. Keinen Augenblick zu früh. Kaum waren sie fünfzig Meter entfernt, als das Rumoren in ein tausendfaches Schwirren und Surren überging. Oskar blieb vor Verblüffung der Mund offen stehen.
    Aus der Öffnung quollen Insekten. Hunderte, Tausende. Binnen weniger Sekunden hatte sich die Wand in eine Masse chaotisch durcheinanderrennender Leiber verwandelt, die zirpend, schreiend und klagend in Richtung Osten davonzogen. Völlig planlos und unkoordiniert wimmelten sie durcheinander. Diener, Krieger, Späher, große, kleine, alte und junge. Viele wurden während des panischen Aufbruchs von ihren Artgenossen über den Haufen gerannt, lösten sich von der Wand und stürzten Hunderte von Metern tief in den bodenlosen Abgrund. Sie verließen ihre Höhle. Genau wie Humboldt vorausgesagt hatte. Es war eine Völkerwanderung, wie sie dieses Land seit Tausenden von Jahren nicht gesehen hatte.
    Yupan erhob die Hände zum Himmel. »Die Königin der Ukhu Pacha ist tot!«, rief er. »Die Prophezeiung hat sich erfüllt!«
    Er stimmte ein fremdartiges Lied an, dessen Klänge wehmütig über das Schiff wehten. Einer nach dem anderen griffen seine Männer die Melodie auf, bis ihre Stimmen sich zu einem Choral vereinigten. Auch die Männer auf den Nachbarschiffen stimmten mit ein. Oskar spürte, dass dies ein ganz besonderer Augenblick war. Er saß neben Charlotte und legte seinen Arm um sie.
    Plötzlich wurde die Pachacutec von einer geradezu unnatürlichen Helligkeit eingehüllt. Es sah aus, als würde das Schiff brennen. Die untergehende Sonne sandte flache Strahlen über den Horizont und tauchte das Tal in ein strahlendes Licht. Es war so gleißend,

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