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Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Titel: Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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wir sein Geheimnis wahren, lässt er uns bestimmt gehen.«
    »Glaube ich nicht«, erwiderte Humboldt. »Wenn ich etwas auf meinen langen Reisen gelernt habe, dann, dass man gegen religiöse Gefühle nicht sachlich argumentieren kann. Vergesst nicht, wir haben es hier mit einer jahrtausendealten Prophezeiung zu tun. Da kann man nicht einfach hergehen und sagen: Leute, tut mir leid, aber ihr habt euch geirrt. So funktioniert das nicht.«
    »Was ist mit Flucht?«, wandte Boswell ein.
    »Wie denn? Zu Fuß?« Der Forscher blickte skeptisch. »Keine zehn Minuten, dann haben sie uns wieder eingefangen. Sie sind uns mit ihren schnellen Scoutschiffen hoffnungslos überlegen.«
    Oskar hob den Kopf. »Und wenn wir ein Schiff kapern?«
    Humboldt nickte. »Der Gedanke ist mir auch schon gekommen. Man müsste ein Schiff finden, das groß genug ist, uns alle zu transportieren.«
    »Und wer soll es steuern?« Eliza hob fragend die Augenbrauen. »Hat jemand von euch eine Ahnung, wie man so etwas fliegt?«
    »Wir könnten eines kapern und den Kapitän zwingen, uns abzusetzen«, sagte Humboldt. »Irgendwo weit draußen, wo man uns nicht so schnell folgen kann.«
    »Warum dann nicht gleich die Hurakan nehmen?«, fragte Boswell. »Noch sind wir nicht zurück in der Stadt. Noch hätten wir die Möglichkeit, sie zum Abdrehen zu zwingen.«
    »Seid um Gottes willen leiser«, zischte Eliza und deutete rüber zum Kapitän. »Ich glaube, er kann uns hören.«
    Humboldt warf einen kurzen Blick nach achtern. »Aber er versteht doch nicht, was wir sagen.«
    »Bist du da sicher?«
    Die Silhouette des Schiffsführers ragte wie eine Statue hinter dem Steuerrad auf. Ruhig, konzentriert und aufmerksam. Oskar wusste, dass er sie keinen Moment lang aus den Augen ließ. Genau wie der Rest der Mannschaft. Man konnte ihre misstrauischen Blicke regelrecht spüren.
    »Hast recht«, sagte Humboldt kopfschüttelnd. »Wir müssen vorsichtiger sein. Sie sind alle bewaffnet.«
    Oskars Blick fiel auf die Marlspieker, die jeder von den Matrosen an seinem Gürtel trug. Unterarmlange metallene Dorne, mit denen Seile gespleißt wurden. Man konnte sie aber auch ebenso gut einem Gegner in den Bauch rammen.
    »Was wäre denn, wenn wir die Aufgabe annähmen?«
    Alle wandten sich verwundert zu Charlotte um.
    »Wie meinst du das?«
    Sie neigte den Kopf ein wenig. »Was, wenn an der Sache wirklich etwas dran ist? Wenn wir wirklich die Auserwählten sind?«
    Humboldts Blick wurde düster. »Ist dir deine Königinnenrolle zu Kopf gestiegen, oder was? Warst du denn nicht dabei, als wir gegen dieses Biest gekämpft haben? Und das war ganz allein. Wenn das stimmt, was Yupan mir erzählt hat, haben wir es mit schwarmbildenden Tieren zu tun. Stell dir mal vor, wir müssten gegen zwanzig oder dreißig davon antreten. Von der Königin will ich gar nicht reden.« Eine Falte erschien auf seiner Stirn. »Nein, ausgeschlossen. Es ist nur eine Legende, vergiss das nicht.«
    »Auch Legenden haben manchmal einen wahren Kern.«
    »Und wenn ich Flügel hätte, könnte ich fliegen.« Humboldt winkte ab. »Jetzt lasst uns ernsthaft weiterreden.«
    Charlotte presste die Lippen aufeinander. Ihr Gesicht sah im Mondlicht blass und durchscheinend aus. Sie stand auf und setzte sich ein paar Meter von den anderen entfernt auf eine Treppenstufe.
    »Sehr sensibel!«, raunzte Eliza den Forscher an. »Musstest du so grob zu ihr sein? Sie soll doch nach der Prophezeiung gegen dieses Biest kämpfen.«
    Humboldt gab ein verächtliches Schnauben von sich, schwieg aber.
    »Ich mach das schon«, sagte Oskar. Er stand auf und ging zu dem Mädchen hinüber. Charlotte hatte die Arme um die Knie geschlungen und wippte traurig vor und zurück. Er setzte sich zu ihr und blickte hinaus in die Nacht. »Tut mir leid«, flüsterte er.
    »Er ist manchmal ein solcher Idiot«, sagte sie und in ihrer Stimme schwangen Tränen mit.
    »Er meint es nicht so«, sagte Oskar und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Er ist bloß besorgt, das ist alles. Er kann halt auch nicht aus seiner Haut.«
    »Ich verstehe ihn einfach nicht«, sagte sie. »Manchmal ist er nett, dann wieder ein Eisklotz. Es gibt Tage, da werde ich einfach nicht schlau aus ihm.«
    »Geht mir genauso.« Oskar grinste schief. »Ich hab zum Beispiel bis zum heutigen Tage nicht herausgefunden, warum er mich überhaupt mitgenommen hat. Diese Geschichte, dass er einen Diener braucht – glaubst du das?«
    Charlotte dachte einige Augenblicke nach, dann schüttelte sie

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