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Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Titel: Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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ein großer Teil der Plattform ein. Holzsplitter flogen durch die Luft, als das gigantische Monstrum seine Beine durch die Öffnung schob. Erst eines, dann zwei – lange, dünne und mit dornigen Fortsätzen versehene Gliedmaßen. Die Beine zuckten hoch in die Luft, senkten sich dann weit gespreizt auf den hölzernen Boden und stemmten sich mit aller Kraft gegen die Planken, als die Kreatur versuchte, ihren Leib durch die Öffnung zu zwängen. Immer mehr von dem riesigen Insekt wurde sichtbar. Als es zu etwa einem Drittel durch war, kam der Vorstoß zum Erliegen. Sei es, dass das Holz zu widerspenstig war, sei es, dass das Biest unten zu wenig Halt hatte, es kam einfach nicht weiter. Keuchend und zischend schlug es um sich. Oskar war vor Angst wie gelähmt. Verglichen mit dem Tier unten im Tal war dieses Exemplar hier riesenhaft. Etwa viermal so groß und mindestens so angriffslustig. Sein Kopf hatte die Ausmaße eines Riesenkürbisses und sein Maul sah aus, als könne es einen Menschen mit einem Biss verschlingen. Die Traube von Augen richtete sich direkt auf ihn. Eines der Beine schoss vor, geradewegs auf Oskar zu. Geistesgegenwärtig rollte er sich zu Seite. Das Krachen und Splittern neben seinem Ohr verriet ihm, wie knapp er mit dem Leben davongekommen war. Doch schon setzte das Biest zum nächsten Schlag an. Diesmal mit zwei Beinen. Oskar erkannte, dass es diesmal noch knapper werden würde. Lauf weg, schoss es ihm durch den Kopf. Renn! Mach, dass du hier wegkommst!
    Aber er konnte nicht. Sein Körper gehorchte ihm nicht mehr. Seine Schulter schmerzte, sein Kopf dröhnte und er hatte das Gefühl, dass sein Herz vor Angst gleich platzen würde.
    Gerade in dem Augenblick, als die Beine zum tödlichen Streich ausholten, bekam er unerwartete Hilfe. Yupan war zurückgekehrt und mit ihm eine Handvoll seiner besten Leibgardisten. Mit Speeren und Äxten bewaffnet, umzingelten sie das Biest und begannen damit, auf die ungeschützte Hals- und Brustpartie einzuschlagen. Das Insekt schrie vor Zorn. Gift und Galle spuckend setzte es an, wieder nach unten durch das Loch zu entweichen, aber es schien sich verhakt zu haben. Verzweifelt zappelnd versuchte es, sich zu befreien. Vergebens. Es steckte fest.
    Die Krieger des Priesters versammelten sich, um dem Biest den Todesstoß zu versetzen. Plötzlich erklang Humboldts tiefe Stimme: »Halt! Tut ihm nichts!«
    Die Männer hielten inne.
    »Was habt Ihr vor?« Yupan stützte sich schwer atmend auf seinen Stab. »Dieser Unterweltler hat den Tod verdient.«
    Humboldt schüttelte den Kopf. »Nein, lasst ihn am Leben. Bringt Seile herbei und fesselt ihm die Gliedmaßen.« Er streckte die Hand aus und half Oskar auf die Beine. »Ich habe eine Idee.«

43
     
     
    Über der Schlucht hingen dunkle Rauchschwaden. Der Gestank nach verbrannten Insektenkörpern erfüllte die Luft. Der Kampf war zu Ende.
    An allen Fronten waren die Riesenschrecken zurückgeschlagen worden. Boten aus allen Teilen der Stadt eilten herbei und berichteten dem Hohepriester von den Heldentaten ihrer Kämpfer. Die Angreifer hatten sich zurückgezogen. Auch wenn die Stadt an manchen Teilen beträchtlich in Mitleidenschaft gezogen worden war, so hatte man doch Glück gehabt. Nur wenige Menschen waren bei dem Angriff ums Leben gekommen. Verluste unter den Luftschiffen gab es keine.
    Während der Priester die Berichte seiner Kuriere entgegennahm, versammelte sich der halbe Hofstaat um das gefangene Insekt. Die Leibgarde des Priesters achtete darauf, dass niemand den messerscharfen Klauen zu nah kam. Die fünf Abenteurer einschließlich Wilma, die verschüchtert in Oskars Armbeuge saß, betrachteten das gefangene Monstrum. Seine Gliedmaßen waren zusammengebunden und der Kopf mit Stricken nach unten gezogen worden. Aus bösartig funkelnden Augen betrachtete es seine Bezwinger und stieß dabei zischende Laute aus.
    »Was soll mit ihm geschehen?«, wandte Oskar sich an seinen Herrn. »Die Wachen werden es nicht ewig festhalten können.«
    Humboldt rief Eliza zu sich und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Die Zauberin öffnete einen ihrer Lederbeutel und entnahm ihm eine Handvoll weißen Staubes. »Mehr«, sagte Humboldt. »Wir brauchen mehr.«
    Sie leerte den gesamten Inhalt auf ihre Hand. Er nickte. »Gib mir die eine Hälfte davon und nimm du die andere.« Er wartete, bis Eliza die Menge geteilt hatte, dann sagte er: »Das dürfte genügen. Und jetzt komm mit.«
    Langsam dämmerte Oskar, was die beiden vorhatten. Ihm war das

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