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Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Titel: Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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befestigt waren. Immer wieder mussten die Matrosen Wasser über die Rollen kippen, um die Getriebe und Gewinde vor Überhitzung zu schützen. Ein Kompressor versorgte die Kugel über einen langen Schlauch mit Atemluft. Fasziniert beobachtete Oskar, wie die Nautilus mit dem Erfinder darauf langsam an Höhe gewann, herumschwenkte und dann seitlich an der Bordwand herabgelassen wurde. Oskar zeichnete den Vorgang mit ein paar schnellen Strichen in sein Notizbuch und schrieb einige Bemerkungen daneben. Die Zeichnungen waren zwar grob, aber sie reichten aus, um später eine genauere Darstellung anzufertigen. Schwarze Rußwolken wurden in den Himmel geblasen, dann landete die Nautilus mit einem Klatschen im Wasser. Ruhig trieb sie auf den Wogen. Eine Gangway wurde hinübergeschoben und ein sehr zufrieden aussehender Hippolyte Rimbault kletterte zu ihnen zurück.
    »Alles in Ordnung!«, rief er. »Die Nautilus ist bereit für ihre Jungfernfahrt. Monsieur Humboldt, wenn Sie dann so freundlich wären?«
    Der Forscher klopfte Oskar auf den Rücken. »Bis nachher, mein Junge. Drück uns die Daumen.« Mit schnellen Schritten überquerte er den schmalen Steg, der hinüber zum Turm der Nautilus führte. Er wollte gerade durch die Leiter ins Innere der Kugel steigen, als Océanne ihn zurückhielt. Sie führte ihn zu ihrem Vater und flüsterte den beiden etwas ins Ohr. Die Augenbrauen des Erfinders wanderten in die Höhe. »Vraiment?«
    Sie nickte.
    Der kleine Mann blickte zu Oskar. Er schien kurz nachzudenken, dann sagte er: »Monsieur, meine Tochter lässt fragen, ob Sie etwas dagegen hätten, wenn wir noch eine weitere Person mitnehmen würden. Die Kugel ist für vier Personen ausgelegt, es wäre also noch ein Platz frei.«
    »Sehr gerne«, erwiderte Humboldt. »Es ist Ihre Expedition. An wen hatten Sie denn gedacht?«
    Océanne lächelte. »Ich möchte, dass Oskar uns begleitet.«
    Oskars Kopf zuckte empor. Um ein Haar wäre ihm der Stift entglitten. »Ich?«
    »Hast du Angst?«
    »Äh … nein. Jedenfalls nicht direkt«, fügte er etwas leiser hinzu.
    »Dann komm.« Sie winkte ihm zu. »Ich finde, du hast dir eine kleine Belohnung verdient, nach allem, was du durchmachen musstest. Später wirst du deinen Enkeln erzählen können, dass du auf der Jungfernfahrt mit dabei warst!« Sie warf ihm einen schelmischen Blick zu.
    Oskar schielte verstohlen in Charlottes Richtung, doch das Gesicht des Mädchens war wie versteinert. Ein Außenstehender hätte vielleicht nichts bemerkt, aber er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie vor Wut kochte. Ihre Lippen hatten jegliche Farbe verloren.
    »Ist es in Ordnung für dich, wenn ich gehe?«
    Sie tat so, als überraschte sie die Frage. »Aber natürlich. Warum denn nicht?«
    »Weil ich weiß, wie gerne du selbst gefahren wärst.«
    Charlotte winkte ab. »Ich werde schon noch Gelegenheit dazu haben. Geh nur. Genieß es.« Sie spielte die Rolle perfekt, aber natürlich nur deshalb, um sich vor Océanne keine Blöße zu geben. Oskar lächelte gequält, dann nickte er. »Also gut.«
    Er steckte sein Notizbuch in die Umhängetasche und betrat die Planke. Mit schnellen Schritten überquerte er den schmalen Steg und landete wohlbehalten auf der anderen Seite. Humboldt erwartete ihn schon. »Das hast du aber schlau eingefädelt«, flüsterte er ihm mit einem Grinsen zu. »Willkommen an Bord.«
    »Ich hatte nichts damit zu tun.« Oskar zuckte entschuldigend die Schultern. »Ich glaube, Océanne hat irgendwie einen Narren an mir gefressen.«
    »Es gibt Schlimmeres«, antwortete Humboldt immer noch lächelnd. »Hauptsache, du lässt dir nicht den Kopf verdrehen. Wir müssen unsere sieben Sinne beisammenhaben, wenn wir unseren Auftrag zu einem erfolgreichen Abschluss bringen wollen, verstanden?« Er klopfte Oskar auf die Schulter und verschwand grinsend im Bauch der Kugel.
     

     
    Ein paar Minuten später waren alle unter Deck versammelt. Océanne verschloss die Turmluke, während Hippolyte die Instrumente prüfte. Humboldt und Oskar waren angewiesen worden, in den Sitznischen Platz zu nehmen, die seitlich an der Bordwand befestigt waren. Sie verfügten über Sicherheitsgurte und waren gut gepolstert. Offenbar als Vorsichtsmaßnahme, falls es etwas stürmischer zugehen sollte.
    Oskar blickte sich um. Die Nautilus war geräumiger, als es von außen den Anschein hatte. Durch das zentimeterdicke Glas fiel Licht in die Kugel und beleuchtete eine Vielzahl technischer Apparaturen, die aus Gründen der

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