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Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Titel: Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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neben den Konstrukteur getreten.
    »Aber gerne, Monsieur«, erwiderte Hippolyte. »Gummidichtungen und Schweißnähte sind neu, sie müssen sich erst an den Druck gewöhnen. Wir müssen nachsehen, ob alles dicht ist und ob die Elektrik einwandfrei funktioniert. Océanne kümmert sich um die Verschlüsse, während ich nach den Messinstrumenten sehe. Wenn Sie möchten, können Sie mir die Werte durchgeben, damit ich sie mit meiner Tabelle vergleichen kann. So können wir schnell feststellen, ob irgendwelche Fehlfunktionen eingetreten sind.«
    »Sehr gerne.« Humboldt lächelte. »Womit fangen wir an?«
    »Kann ich auch irgendetwas tun?« Oskar saß als Einziger noch auf dem Sitz. Er kam sich reichlich überflüssig vor.
    Ehe er sich’s versah, hatte Océanne sich vorgebeugt und seinen Gurt gelöst. »Naturellement.« Eine Strähne ihres Haares umschmeichelte seine Nase. »Du glaubst doch nicht, wir hätten dich einfach so zum Spaß mitgenommen? Du kannst mir dabei helfen, die Dichtungen zu überprüfen.«
    »Klar.« Oskar sprang auf.
    »Fang am besten bei den Fenstern auf der rechten Seite an. Achte besonders auf die Gummidichtungen. Das Glas ist zwar stabil, aber die Fugen sind immer eine Schwachstelle. Es darf kein Wasser eintreten. Lass dich nicht von dem Kondenswasser täuschen, das ist ganz normal, aber sobald du irgendwo ein Rinnsal entdeckst, haben wir ein Problem.«
    »Alles klar.« Oskar begann, die Gummifugen und Schweißnähte nach Wassereinbruch abzusuchen. Zentimeter um Zentimeter arbeitete er sich vorwärts. Als er das rechte Fenster vollständig untersucht und nichts gefunden hatte, widmete er sich der großen Panoramascheibe in der Mitte. Océanne hatte ihre Seite ebenfalls überprüft und kam zu ihm herüber.
    »Ist Charlotte eigentlich deine Freundin?«
    Die Bemerkung traf ihn völlig unvorbereitet.
    »Wie kommst du denn darauf?«
    »Ich war nur neugierig. Ihr beide passt gar nicht zusammen.«
    »Wie meinst du das?«
    »Charlotte ist eine erwachsene Frau. Du jedoch …«
    Er unterbrach seine Arbeit. »Was ist mit mir?«
    Océanne lächelte ihn an. »Du bist ein kleiner Junge. Versteh mich nicht falsch, ich mag kleine Jungen. Es ist nur so: Man merkt dir an, dass du noch nicht viel gesehen hast von der Welt. Und dass du etwas ungeübt bist im Umgang mit Frauen.«
    Oskar spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss. Diese Art von Unterhaltung überforderte ihn. Daheim in Berlin galt er als Mädchenschwarm. Nicht, dass er mit einer ernsthaft etwas angefangen hätte, aber es war ihm immer leichtgefallen, sie um den Finger zu wickeln. Warum nur wollte ihm in diesem Moment keine schlagfertige Antwort einfallen? Seine Sprachlosigkeit schien Océanne jedoch zu gefallen. Fröhlich lächelnd widmete sie sich den Ventilen. Oskar presste die Lippen aufeinander. Französinnen, dachte er im Stillen. Wenn die alle so waren wie Océanne, na dann Gute Nacht. »Fertig!«, rief er nach einer Weile. Er wischte seine Hände an einem Lappen ab. »Alles dicht.«
    »Bei mir auch«, sagte Océanne.
    »Eine großartige Konstruktion«, seufzte Humboldt. »Thermometer, Manometer, Hygrometer, Echolot, Tiefensensor, Kreiselkompass und natürlich ein Messgerät zur Bestimmung des Kohlendioxidgehaltes unserer Atemluft – alles vorhanden. Ich wünschte, wir hätten solche Konstrukteure in Berlin, dann wäre vieles einfacher.«
    In diesem Moment schossen drei Schatten über sie hinweg. Es ging so schnell, dass Oskar kaum Zeit hatte, sie näher in Augenschein zu nehmen. Ein seltsames Quietschen drang durch die Außenmikrofone zu ihnen herein. Es klang, als würde jemand Gummistücke gegeneinanderreiben. Plötzlich tauchte ein seltsames Gesicht draußen vor der Scheibe auf. Erst eines, dann zwei und dann noch eines.
    Oskar zuckte zurück.
    Drei hellblaue Köpfe mit großen Augen blickten zu ihnen herein. Die breiten Mäuler waren zu einem Lächeln verzogen.
    Oskar zuckte zurück. »Großer Gott, was …?«
    »Keine Panik«, beruhigte ihn Océanne. »Das sind Delfine. Sie wollen nachsehen, wer in ihr Reich eingedrungen ist. Delfine sind die freundlichsten und liebreizendsten Geschöpfe, die man sich nur vorstellen kann. Und sehr intelligent obendrein. Dass sie uns einen Besuch abstatten, ist ein gutes Zeichen.«
    »Warum?«
    »Delfine spüren jede Form von Bedrohung. Sie wären nicht hier, wenn uns Gefahr drohen würde. Sie bringen uns Glück.« Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. »Genau wie du.«

 
26
     
     
    Einige Tage

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