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Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Titel: Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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versteinert.
    Oskar blinzelte in den Himmel.
    Die Sonne stand jetzt beinahe senkrecht über ihm. Sein Schatten war zu einem kleinen Punkt unter seiner Körpermitte zusammengeschmolzen. Noch eine Stunde und er würde sich auflösen, so wie die Landschaft um ihn herum.
    Müde und ermattet schleppte er sich weiter. Mit einem Mal drang ein seltsamer Klang an seine Ohren. Erst zart und schwach, dann immer deutlicher. Zuerst dachte er, es wäre vielleicht ein Insekt, doch dann bemerkte er, dass die Töne einem bestimmten Muster folgten. Es war eine Stimme und sie sang.
    Oskar blieb stehen und spitzte die Ohren.
    Da.
    Da war sie wieder. Klar und deutlich. Allerdings schien sie aus keiner bestimmten Richtung zu kommen, vielmehr entstand sie direkt in seinem Kopf.
    Er rieb seine Schläfen. Die Worte hatten etwas Durchscheinendes, so als würden sie mit gläsernen Stimmbändern gesungen.
    Konzentrier dich, sagte er zu sich selbst. Du fängst schon an zu halluzinieren. Lieder im Kopf und Stimmen, die singen. Lachhaft. Als Nächstes siehst du kleine Kobolde, die um dich herumtanzen. Denk lieber an den Rauch, er wird dich führen.
    Mit Mühe riss er sich von dem hypnotischen Gesang los und tappte weiter. Nach einer Weile waren die Geräusche leiser geworden. Noch ein paar Meter und sie waren verschwunden. Oskar richtete seinen Blick wieder nach vorn.
    Ein Wald von Affenbrotbäumen ragte vor ihm auf. Mit ihrer grauen Rinde und ihren dicken Stämmen wirkten sie wie Zeugen aus der Urzeit, wie die Ahnen längst verstorbener Menschen und Tiere. Kein Ort, den er freiwillig betreten hätte, doch die Notwendigkeit zwang ihn vorwärts. Mit einem klammen Gefühl in der Brust betrat Oskar den geheimnisvollen Wald.
    Die riesigen Bäume spendeten Schatten, doch sie erschwerten auch die Orientierung. Immer wieder musste er den mächtigen Stämmen ausweichen und die Richtung ändern. Es dauerte nicht lange und er wusste nicht mehr, wo er war.
    Mit einem mulmigen Gefühl tappte er weiter. Die Bäume sahen alle gleich aus. Ihre kahlen Äste bildeten einen skelettartigen Baldachin über seinem Kopf. Ein paar Blätter klammerten sich verbissen an die Zweige und schaukelten leicht im heißen Wind. Panik stieg in ihm auf. Er musste raus hier, sofort. Irgendetwas lauerte zwischen diesen Stämmen, das spürte er. Er taumelte ein paar Meter weiter, dann blieb er stehen.
    Vor ihm, nur etwa zehn Meter entfernt, war eine kleine Gestalt zu sehen. Vier Beine, ein breiter Schädel und steil aufgerichtete Ohren. Eine Art Hund. Sein Fell war struppig und gelb und von schwarzen Linien durchkreuzt. An den Flanken war das Fell abgeschabt, sodass die schwarze Haut darunter sichtbar war. Aus seinem Unterkiefer ragten spitze weiße Zähne. Die Schnauze vorgereckt, schnüffelte er in Oskars Richtung. Ein tiefes Grollen drang aus seiner Kehle. Das Tier ging dem Jungen etwa bis zum Knie und sah ziemlich bedrohlich aus. Rechts vor sich sah Oskar einen Stock auf dem Boden liegen. Fahrlässig, dass er nicht schon früher daran gedacht hatte, sich eine Waffe zu besorgen. Er wollte gerade darauf zugehen, als er einen weiteren Hund bemerkte. Halb hinter einem Baum versteckt, blickte er ihn mit großen schwarzen Augen an.
    Oskar griff nach dem Stock und brach die kleineren Zweige ab. Das Holz war knochentrocken. Er ließ ihn einmal durch die Luft wirbeln und prüfte sein Gewicht. Ein guter, solider Prügel. Er konnte nur hoffen, dass er ausreichen würde, den Kötern Respekt einzuflößen. Er wollte gerade weitergehen, als er einen weiteren Hund links von sich bemerkte und noch einen weiter hinten. Mit einem mulmigen Gefühl drehte er seinen Kopf. Zwischen den Stämmen entdeckte er noch mehr schwarze Gesichter.
    Es waren mindestens acht. Sie starrten ihn an, als wäre er ein Geist.
    Die Tiere waren strategisch gut positioniert. Nichts hätte ihnen entfliehen können, nicht mal ein Kaninchen.
    Er war umzingelt.
    Der Hund, den er zuerst gesehen hatte, war bei Weitem der größte. Ein mächtiges Tier mit stämmigen Vorderpfoten und einem kantigen Schädel. Durch sein Fell war er perfekt getarnt. In seinen Augen leuchteten Intelligenz und Verschlagenheit.
    Ehe Oskar einen weiteren Gedanken fassen konnte, hob der Leitrüde seinen Kopf und stieß einen kehligen Ruf aus.
    Die Jagd hatte begonnen.

 
26
     
     
    Humboldt prüfte die Richtung auf seinem Kompass, dann eilte er weiter. Er hatte sein Taschentuch um den Kopf geschlungen und die Ärmel seines Hemdes hochgekrempelt. Seine

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