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Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Titel: Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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du eine Vorstellung, was wir danach machen sollen?«
    Der Forscher strich über sein Kinn. »Das ist nicht so einfach«, sagte er. »In Anbetracht unseres knappen Vorrats an Wasser und Proviant haben wir eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Die erste wäre, wir finden die Pachacútec und schaffen es, sie wieder flottzumachen; die zweite wäre, wir finden einen Unterschlupf und Wasser.« Humboldt warf einen weiteren Zweig aufs Feuer. »Vielleicht erinnert ihr euch an die Eintragung in Bellheims Tagebuch. Er erwähnte dort eine Niederlassung von Missionaren, die angeblich an der Südflanke dieses Bergs leben sollen. Ich habe mir das mal auf der Karte angesehen und bin zu dem Schluss gekommen, dass sie etwa einen Tagesmarsch von uns entfernt ist. Mit ein bisschen Glück könnten wir sie finden.«
    »Stimmt, die Missionare, die hatte ich ganz vergessen.« Charlotte zupfte ein paar Blätter von ihrem Ast und warf sie ebenfalls in Feuer. Der Rauch war schwarz und beißend. »Gute Idee. Vielleicht bekommen wir dort Wasser und etwas zu essen.«
    »Ganz bestimmt«, ergänzte Eliza. »Nach dem, was ich gehört habe, sollen es freundliche und hilfsbereite Menschen sein.«
    Humboldt warf ihr einen skeptischen Blick zu. »Bist du schon vielen Missionaren begegnet?«
    »In meiner Heimat leisten sie wohltätige Arbeit, verarzten die Kranken und bauen Schulen.«
    »Das schon«, sagte Humboldt. »Aber sie zerstören auch die ortsansässigen Religionen und fördern den Kolonialismus und die Sklaverei. Besonders hier in Afrika.« Er seufzte. »Du weißt, wie meine Meinung zum Thema Einmischung in die Angelegenheiten fremder Kulturen ist, aber das steht jetzt nicht zur Debatte. Wir haben wirklich dringendere Probleme.«
    Es musste jetzt um die dreißig Grad im Schatten sein. Die Mittagsstunde war angebrochen und das Licht flimmerte über dem staubigen Boden. Die Zikaden erfüllten die Luft mit ohrenbetäubendem Sirren. Und Oskar war da draußen. Allein und völlig auf sich gestellt.
    In diesem Moment traf er eine Entscheidung. Er ging zu ihren Vorräten und befestigte eine Wasserflasche an seinem Gürtel.
    »Was hast du vor?«, fragte Charlotte.
    »Wonach sieht es denn aus?« Er prüfte, ob er Karte und Kompass eingesteckt hatte, dann nahm er seinen Gehstock. »Ich werde ihn suchen.«
    »Ich dachte, das wäre gefährlich.«
    »Natürlich ist es gefährlich, aber ich halte es hier nicht länger aus. Ich muss etwas unternehmen. Abgesehen davon: Jetzt ist es hell und ich habe einen ziemlich guten Orientierungssinn.« Er klopfte auf die Tasche mit Kompass und Karte. »Wird schon schiefgehen.«
    Eliza nickte. »Versprich mir, dass du vorsichtig bist. Kein unnötiges Risiko, einverstanden?«
    »Versprochen. Und ihr rührt euch hier nicht vom Fleck. Ich bin bald wieder zurück und mit etwas Glück habe ich Oskar dabei.« Er nahm ihr Gesicht zwischen seine beiden Hände und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Dann drehte er sich um und marschierte nach Süden, Richtung Tafelberg.

 
25
     
     
    Oskar schleppte sich vorwärts. Schritt für Schritt, Meter für Meter, immer weiter in Richtung Norden. Der Tafelberg war zu einem grauen Steinkopf zusammengeschmolzen. Die Landschaft um ihn herum sah überall gleich aus. Büsche, Sträucher, hin und wieder ein Affenbrotbaum. Dazwischen nur Sand und Steine. Wo die Rauchsäule gewesen war, konnte er nur noch erahnen. Eigentlich hätte er anhalten und auf einen Baum steigen müssen, doch dazu fehlte ihm die Kraft.
    Es musste so um elf Uhr herum sein, aber genau konnte er das natürlich nicht sagen. Die Hitze war unerträglich. Sie ließ die Savanne erglühen und raubte ihm jegliches Zeitgefühl. Hier gab es nichts, keinen Bach, keinen Tümpel, nicht mal eine Pfütze. Trockenrisse durchzogen die Oberfläche wie ein Netz und bildeten Erdspalten, die teilweise einen halben Meter tief waren. Man musste höllisch aufpassen, wenn man sich nicht den Fuß vertreten wollte. Und dann dieses nervtötende Sirren. Die Geräusche der Insekten waren mit jeder Minute lauter geworden. Sie kamen von allen Seiten und machte eine Orientierung unmöglich.
    Konnte sein, dass er bereits im Kreis gelaufen war, zumindest kamen ihm einige der Sträucher sehr bekannt vor. Vielleicht sollte er doch versuchen, auf einen der Bäume zu steigen. Aber wie sollte er das anstellen mit seiner Hand? Das Jucken hatte sich zu einem unerträglichen Brennen gesteigert. Die Haut fühlte sich hart und spröde an, fast als wäre sie

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