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Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Titel: Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Sternenturms. Der bleiche Mann aus ihrem Traum war da oben. Und er war nicht allein. Ihm zur Seite standen ein Junge – ebenfalls hellhäutig – sowie zwei Frauen. Eine so blass wie der Mond, die andere dunkel wie sie selbst.
    Yatimè erinnerte sich mit Schaudern an ihre Vision und an das fliegende Tier mit dem fetten Bauch und den breit ausladenden Flügeln. Ängstlich schaute sie sich um. Wie waren die vier hier hinaufgelangt? Hatte das Tier sie hier abgesetzt?
    In diesem Moment fiel der Blick des Jungen auf sie. Aufgeregt wandte er sich an den bleichen Mann und gestikulierte dabei in ihre Richtung. Man hatte sie entdeckt!
    Yatimè stieß einen kurzen Pfiff aus, dann tauchte sie zusammen mit Jabo zwischen den Schatten der Häuser unter.
     

     
    Oskar eilte die Treppen hinunter und hinaus auf den Vorplatz. Im Nu hatte er die Stelle erreicht, an der sie gestanden hatte. Er hatte sich ihre Erscheinung genau eingeprägt. Ein kleines Mädchen, vielleicht elf oder zwölf Jahre alt. Sie hatte einen farbigen Wickelrock getragen, ein buntes Kopftuch und lederne Schlappen. Über ihrer Schulter hatte ein Bündel mit trockenen Ästen gehangen. Auch der Hund war deutlich zu erkennen gewesen. Ein kleines, krummbeiniges Tier, dem man schon von Weitem ansah, dass es viele Kämpfe ausgefochten hatte.
    Jetzt waren die beiden verschwunden.
    »Hier!«, rief er. »Hier haben die beiden gestanden. Seht ihr? Überall Fußabdrücke. Das Mädchen hatte einen Stab bei sich.« Er wies auf die runden Punkte im Sand. »Sie trug ein Kopftuch und einen Wickelrock. Der Hund war so ein kleiner, verkrüppelter Kläffer, der beim Gehen hinkte.«
    Humboldt ließ seinen Blick schweifen. »Ich dachte immer, die Dogon würden dieses Plateau meiden. Im Tagebuch stand zu lesen, es würde unter Strafe stehen hierherzukommen.«
    »Bellheim schreibt, dass es in der Vergangenheit Zwischenfälle gab, bei denen Menschen zu Schaden gekommen sind«, sagte Charlotte. »Die Ältesten haben daraufhin verboten, dieses Plateau zu betreten.«
    »Was für Zwischenfälle?«, fragte Oskar.
    Humboldt schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, aber um das herauszufinden, sind wir ja hier.«
    »Das Mädchen scheint sich jedenfalls von dem Verbot nicht abschrecken zu lassen«, sagte Charlotte.
    »Sie ist immer noch hier«, sagte Eliza. »Ich kann sie spüren. Sie hält sich versteckt und beobachtet jede unserer Bewegungen.«
    »Soll sie ruhig«, sagte Humboldt. »Wenn sie Kontakt mit uns aufnehmen will, wird sie schon kommen. Ansonsten bin ich sicher, dass sie ohne das Wissen ihrer Eltern hier ist.« Er stemmte die Hände in die Hüften. »Wenden wir uns lieber diesem Tempel zu. Ich möchte endlich ein paar Antworten erhalten. Kommt ihr mit?«
    Gemeinsam durchquerten sie die verdorrten Gärten und betraten die breite Treppenflucht. Das Gebäude wirkte von unten betrachtet wesentlich größer. Es war mindestens zehn Meter hoch und komplett aus rötlichem Lehm errichtet. Oben war eine halbrunde Kuppel, in deren Scheitelpunkt sich eine Öffnung befand, durch die Tageslicht ins Innere des Tempels fiel. Die Pforte war offen und erlaubte einen Blick nach innen. Der Saal war groß und leer. Keine Säulen, keine Statuen oder sonstige Verzierungen. Kein Hinweis darauf, wozu er eigentlich diente. Dort, wo das Licht auftraf, war etwas in die Erde eingelassen. Es leuchtete in einem tiefen Smaragdgrün und war in einen Ring aus schwarzem Onyx und purem Gold eingelassen. Ein Stein?
    Oskar wollte schon den Tempel betreten, als er plötzlich die Stimme aus der Ebene wieder hörte.
    »Hallo, mein Junge!«
    Wie angewurzelt blieb er stehen. Die Stimme war ganz nah, direkt in seinem Kopf.
    »Wie schön, dass du gekommen bist. Ich habe schon fast nicht mehr damit gerechnet.«
    Er schnappte nach Luft. Er hatte gedacht, er hätte sich das damals nur eingebildet, jetzt wurde ihm klar, dass diese Stimme tatsächlich existierte.
    Eliza spürte sofort, dass etwas nicht stimmte. Sie kam zu ihm und legte ihren Arm um ihn. »Alles in Ordnung?«
    »Ich … ich weiß nicht. Mir ist so schwindelig.«
    Sie begleitete ihn ein paar Schritte die Stufen hinunter. »Vielleicht warst du zu lange in der Sonne. Willst du dich hinsetzen?«
    »Danke, nicht nötig«, murmelte er. »Es geht schon wieder. Ein Schluck Wasser wäre nicht schlecht.«
    Eliza reichte ihm die Flasche. Er nahm einen tiefen Schluck und gab sie ihr zurück. »Schon besser«, sagte er. »Ich war nur kurz etwas weggetreten. Ich habe geglaubt, eine

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