Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Titel: Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
Vom Netzwerk:
Ende ein weiterer Gang mündete. Seltsame Zeichnungen bedeckten Decke und Wände.
    »Schaut euch das an.« Das Licht von Humboldts Fackel warf zuckende Schatten an die Wände. »Ist das nicht sensationell?«
    »Was ist das?«, fragte Charlotte.
    »Ich glaube, das sind Darstellungen von Planeten und Sternen. Seht mal, hier sind Sternbilder.« Er ging an der Wand entlang, bis er bei einer besonders großen Zeichnung stehen blieb. »Das zum Beispiel ist Orion – der große Jäger. Er sieht aus wie ein großes X mit einem Gürtel aus drei kleineren Sternen in der Mitte. Man nennt sie das Schwertgehänge.« Er starrte auf die Abbildung. »Seht ihr das hier in der Mitte?« Er tippte auf einen kleinen Stern neben dem Sternbild. »Wenn man die drei Sterne des Oriongürtels nach unten links verlängert, kommt man direkt zu Sirius, dem hellsten Stern am Nachthimmel. Er scheint eine besondere Bedeutung für die Tellem gehabt zu haben.«
    »Wie kommen Sie darauf?« Oskar kam neugierig näher.
    »Der kleine Stern daneben wurde besonders hervorgehoben. An dieser Stelle wurde sogar ein Edelstein eingelassen, siehst du?« Er zeigte auf einen Punkt, der im Licht der Fackel geheimnisvoll glitzerte. Humboldt ließ seinen Blick schweifen und gab dann Oskar die Fackel. »Hier, halt mal.« Er durchmaß den Raum mit schnellen Schritten und kam dann wieder zurück. »Das ist ja seltsam«, sagte er.
    »Was meinen Sie?« Oskar hatte keine Ahnung, was den Forscher so in Aufregung versetzte.
    »Sieh dich mal um«, sagte Humboldt. »Wenn man alle vier Wände miteinbezieht, so muss man zu dem Schluss kommen, dass dieser Stern den Mittelpunkt des gesamten Raums darstellt. Er ist sozusagen das Zentrum.«
    »Bestimmt hatte er für die Menschen, die diese Stadt erbaut haben, eine besondere Bedeutung.«
    »Zweifellos, zweifellos.« Der Forscher nickte. »Das Komische ist nur, dass sie von diesem Stern eigentlich gar nichts gewusst haben konnten.«
    Jetzt waren auch Charlotte und Eliza herangekommen. »Wieso nicht?«, wollte Charlotte wissen.
    »Weil er mit bloßem Auge nicht zu erkennen ist.«
    »Sagtest du nicht, es wäre der hellste Stern im Nachthimmel?«
    »Sirius Alpha, ja. Aber das hier ist Sirius Beta, sein kleiner Begleiter. Er ist so lichtschwach, dass er von der Helligkeit seines Gefährten einfach überstrahlt wird. Sirius Beta ist ein sogenannter Weißer Zwerg. Trotzdem ist er hier abgebildet.« Er tippte auf den Edelstein. »Dass Sirius ein Doppelstern ist, wurde erst 1862 von Alvan Graham Clark entdeckt, und zwar mithilfe modernster astronomischer Geräte. Keine Ahnung, wie die Tellem davon wissen konnten. Kommt, lasst uns weitergehen.« Er richtete die Magnesiumfackel auf die zweite Öffnung, hinter der ein paar Treppen nach oben führten. Mit gesenktem Kopf eilte er den steinernen Gang empor. Dicke Rauchschwaden waberten über ihren Köpfen, während sie die enge Wendeltreppe emporstiegen.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit sahen sie Tageslicht in den Treppenschacht strömen. Noch ein paar Meter und sie hatten ihr Ziel erreicht. Sie traten auf eine kreisförmige Plattform hinaus und schauten in die Runde. Oskar war ganz geblendet von der Helligkeit und der Weite, die ihn umgab. Sie befanden sich auf der Spitze des Turms, den sie aus der Ferne gesehen hatten. Das Dach wurde von einem Kranz aus Steinblöcken flankiert, die ihn wie einen mittelalterlichen Wehrturm aussehen ließen. Vorsichtig trat Oskar näher. Dreißig Meter unter ihnen lag die Stadt. Der Ausblick war atemberaubend. Die Lehmbauten sahen aus wie Spielzeughäuser. Dutzende von Gassen und Straßen durchkreuzten das Gewirr, ehe sie sich bei einem zentralen Platz im Herzen der Stadt vereinten. In der Mitte dieses Spinnennetzes stand ein seltsames Gebäude. Kuppelförmig, mit vier Türmen an jeder Seite und einer langen Treppenflucht, die von allen Seiten zur Hauptpforte hin anstieg.
    Das musste der Tempel sein, den Bellheim in seinem Tagebuch erwähnte. Das Gebäude, über das er nur in Rätseln und Andeutungen schrieb. Oskar fragte sich, was wohl in seinem Inneren sein könnte.
    Er wollte gerade die Aufmerksamkeit seiner Freunde darauf richten, als er eine Bewegung bemerkte. Direkt neben dem Tempel. Er kniff die Augen zusammen. Kein Zweifel, da war etwas.
    Er tippte dem Forscher auf die Schulter.
    »Vater?«
    »Ja?«
    »Sagten Sie nicht, die Stadt wäre unbewohnt?«
    »Ja, das sagte ich. Warum?«
    Oskar deutete nach unten.

 
33
     
     
    Yatimè schaute hinauf zur Spitze des

Weitere Kostenlose Bücher