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Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Titel: Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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für eine genauere Untersuchung und du wirst mir dabei helfen. Komm schon, sie tun dir nichts. Du darfst nur ihren Tempel nicht betreten.«
    Oskar überlegte kurz, ob er sich einfach weigern sollte, schluckte seine Furcht dann aber herunter. Er durfte seinen Vater nicht enttäuschen, es hing zu viel davon ab. Vielleicht gelang es ihm ja, ein Gegenmittel zu finden.
    Er nahm eine der Dosen und folgte ihm zum Eingang. Humboldt hielt seinen Stab mit ausgestrecktem Arm und bohrte die metallene Spitze in den Sand. Sofort begannen die Sandkörner umeinanderzutanzen und zu sirren. Ein paar von den grünen Dingern blieben am Metall haften und versuchten, sich in das Material zu bohren. Humboldt zog den Degen aus der Erde und hielt ihn prüfend vors Auge. »Ha«, sagte er. »Genau wie ich gedacht habe. Metall können sie nichts anhaben. Schnell, Oskar, die Dose.«
    Oskar schraubte den Deckel ab und hielt seinem Vater das Gefäß hin. Der Forscher zog sein Messer aus dem Futteral und strich die Körner in die Dose. Rasch stülpte Oskar den Deckel wieder drauf und drehte ihn fest. Im Inneren kratzte und raschelte es. Humboldt überprüfte, ob das Gefäß auch wirklich dicht war, dann nickte er. »Und jetzt nichts wie zurück. Ich kann es kaum erwarten, an diesen Dingern ein paar Experimente durchzuführen.«

 
34
     
     
    Es war spät am nächsten Morgen, als Oskar die Augen aufschlug. Er lag in seinem Bett und blickte zu dem weißen Baldachin empor. Die Sonne war ein gutes Stück über den Fußboden gewandert und berührte bereits den Stuhl neben ihm. Das bedeutete, es war schon mindestens zehn Uhr.
    Er sprang aus dem Bett und zog sich an. Er wusste noch, wie er gestern Nacht in sein Zimmer getaumelt und todmüde aufs Bett gefallen war. Er hatte nicht mal die Zeit gehabt, sich auszuziehen. Ohne sich zu kämmen oder die Zähne zu putzen, verließ er seine Hütte und rannte hinüber zu der seines Vaters. Wie immer waren etliche Missionare im Garten zu sehen. Sie gingen herum, die Hände zum Gebet gefaltet und die Gesichter gesenkt. Als er an ihnen vorbeirannte, hoben sie die Köpfe und schauten ihm hinterher. Täuschte er sich, oder lag da so etwas wie Misstrauen in ihren Blicken? Er versuchte, etwas langsamer zu laufen, aber die Neugier trieb ihn vorwärts. Er wollte unbedingt wissen, ob Humboldt schon etwas über die Kristalle in Erfahrung gebracht hatte.
    Die Vorhänge vor den Fenstern des Forschers waren immer noch geschlossen. Seltsam. Humboldt war bekannt dafür, dass er nur wenige Stunden Schlaf benötigte. Oskar trat an die Tür und klopfte.
    Nichts geschah.
    Noch einmal klopfte er. »Hallo?«
    Die Missionare schauten zu ihm herüber. Ausdruckslos. In ihren Augen lag keine Freundlichkeit. Die Sonne stach ihm ins Genick. Oskar spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Noch einmal klopfte er. Wieder nichts.
    Er wollte schon umdrehen, als er die Stimme Charlottes hörte. »Wer ist da?«
    »Ich bin’s, Oskar. Mach auf.«
    Die Tür öffnete sich einen Spalt, dann erschien Charlottes Gesicht. Sie warf einen kurzen Blick auf die Missionare, dann packte sie ihn am Ärmel und zog ihn rein. Kaum war er drin, fiel die Tür auch schon wieder ins Schloss.
    »Was ist denn hier los?«, fragte Oskar. »Was soll die Geheimniskrämerei? Warum habt ihr nicht aufgemacht? Ich war kurz davor, wieder zu gehen …«
    »Psst.« Humboldt stand an einem hell erleuchteten Tisch, auf dem ein Versuchsstand aufgebaut war, und blickte streng zu ihnen herüber. Er trug seine Sonnenbrille und hatte eine Art Arbeitskittel angezogen.
    »Er hat die ganze Nacht durchgearbeitet«, flüsterte Charlotte, während sie Oskar an den Tisch führte. Auch Eliza stand dort.
    »Wir dachten, es sei einer von den Missionaren, darum haben wir erst gar nicht aufgemacht«, erklärte Charlotte.
    »Aber warum?«, flüsterte Oskar.
    »Wir wollen nicht, dass etwas von unseren Experimenten durchsickert. Erinnerst du dich, als der Prior uns neulich Abend zum Abschied den Rat gegeben hat, wir sollen nicht versuchen, das fremde Plateau zu erreichen?«
    »Weiß ich noch, ja«, erwiderte Oskar.
    »Er war sehr deutlich in seiner Ablehnung und sagte, er gebe nichts auf diese Geschichten, es könnte die Missionare gegen uns aufbringen.«
    »Stimmt«, sagte Oskar. »Ich habe mir nichts dabei gedacht, aber jetzt, wo du es sagst … Meinst du, sie haben etwas rausgekriegt?«
    »Vielleicht. Jedenfalls benehmen sie sich recht komisch. Deswegen die Vorhänge und die verschlossene

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