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Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Titel: Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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wie ein Häuflein Elend hinter ihnen her. Der Hund versuchte sie zu trösten, doch das schien wenig zu helfen. Ihre Augen schwammen in Tränen.
    Nach einer Weile erreichten sie das Zentrum der Stadt. Umrahmt von einer Reihe uralter Bäume lag ein kreisrunder Platz. Mitten darauf stand eine Art Versammlungshaus, das mit einem dichten Strohdach gedeckt war. Sein Grundriss war annährend quadratisch und das Dach ruhte auf Dutzenden kunstvoll geschnitzten Holzpfeilern mit pechschwarzer Rinde.
    Ein paar alte Männer saßen dort. Als die Gruppe bei ihnen eintraf, unterbrachen sie ihr Gespräch und schauten zu ihnen herüber. In ihren Gesichtern lag eine Mischung aus Neugier und Argwohn.
    »Der Ältestenrat«, sagte der Forscher mit grimmigem Gesicht. »Wir müssen ihn davon überzeugen, dass wir harmlos sind und für sie keine Bedrohung darstellen. Gelingt uns das nicht, werden wir diesen Tag nicht überleben.«

 
38
     
     
    Das ganze Dorf hatte sich versammelt, um einen Blick auf die Fremden zu erhaschen. Männer, Frauen und Kinder standen in einem dichten Kreis um die Toguna – wie das Versammlungshaus genannt wurde – und warteten gespannt auf die Entscheidung der Ältesten. Niemand sprach ein Wort. Ein erwartungsvolles Schweigen lag in der Luft. Irgendwo schrie ein Baby.
    Humboldt und Charlotte arbeiteten seit etwa zwanzig Minuten mit höchster Konzentration an Wilmas Sprechapparat. Außer einem Taschenmesser besaßen sie kein Werkzeug. Denkbar schlechte Bedingungen, um die Feinmechanik zu justieren. Dicke Schweißtropfen rannen über die Stirn des Forschers.
    Das Linguaphon, das sie normalerweise bei ihren Expeditionen benutzten, war ja an Bord der Pachacútec geblieben und lag nun irgendwo da draußen in der Wüste. Alles, was ihnen geblieben war, war Wilmas kleiner Behelfsübersetzer, und ob der ausreichen würde, um mit den Dogon zu reden, war mehr als fraglich.
    Wilma war sichtlich verärgert, dass man ihr ihren Tornister weggenommen hatte. Wütend scharrte sie mit den Füßen und verkroch sich dann im Rucksack, wo sie vermutlich den Rest des Tages verbringen würde.
    Charlotte konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.
    »Sie ist inzwischen so an den Übersetzer gewöhnt, dass sie nicht mehr darauf verzichten will«, sagte sie.
    »Sie wird sich schon wieder beruhigen«, erwiderte Eliza. »Spätestens, wenn sie Hunger hat, wird sie schon wieder hervorkommen.«
    Der Forscher hatte die Sprachspule gereinigt und begann nun damit, das Gerät zu eichen. Das war nicht einfach, denn sie mussten praktisch bei null anfangen. Die Dogonsprache hatte keinerlei Ähnlichkeit mit anderen Sprachen. Sie klang, als bekäme man einen Knoten in der Zunge, wenn man versuchte, die Worte richtig auszusprechen.
    Wie immer begann der Forscher damit, die betreffenden Worte für Zahlen und Farben aufzunehmen. Dann kamen einfache Begriffe wie ja und nein, Feuer und Wasser, hell und dunkel. Er machte unzählige Aufnahmen, prüfte, verglich und schraubte an der Feinjustierung. Nach weiteren zehn Minuten war er dann endlich so weit. Die Dogon hatten die Tätigkeit mit Neugier verfolgt, doch nun merkte man, dass sie ungeduldig wurden.
    »Das muss reichen«, sagte Humboldt. »Besser bekomme ich es nicht hin.«
    »Und wenn es nicht klappt?« Charlotte war besorgt.
    Humboldt schloss die Klappe und drückte den Hauptschalter. »Es muss einfach klappen.«
    Ein Summen ertönte und das rote Lämpchen leuchtete auf. Der Forscher beugte sich vor und sprach in die Schallmuschel. »Mein Name ist Carl Friedrich Humboldt. Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
    Das Gerät verarbeitete seine Worte und lieferte prompt die Übersetzung. Was dabei herauskam, klang wenig vertrauenerweckend. Es hörte sich an, als würde jemand rückwärtsreden.
    Die Dogon wirkten befremdet. Sie blickten einander mit großen Augen an, dann begannen sie aufgeregt durcheinanderzureden.
    »Das sieht aber nicht gut aus«, sagte Charlotte. »Vielleicht hast du etwas übersehen. Hast du den Kondensator umgepolt?«
    »Habe ich«, sagte der Forscher. »Aber lass uns zuerst abwarten, was sie antworten.«
    Noch immer redeten die Dogon wild durcheinander. Zu viele Worte, als dass das Linguaphon etwas damit anfangen konnte. Irgendwann hob der Stammesführer die Hand und gebot dem Palaver Einhalt. Dann räusperte er sich ausgiebig, neigte seinen Kopf zum Trichter und sprach hinein.
    »Ich … bin … Ubirè.«
    Charlotte hob verblüfft die Brauen. Die Stimme war klar und

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