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Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Titel: Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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hatten die Farbe des Steins. Irgendwann fingen sie an, unsere Leute anzugreifen.« Der Alte blickte finster. »Unser Anführer überquerte mit einigen seiner besten Krieger die Brücke und verlangte eine Erklärung. Ein erbitterter Kampf entbrannte. Was nun folgte, darüber haben die Ahnen nichts gesagt, doch es muss furchtbar gewesen sein. Die Tellem konnten sich verändern. Sie kämpften mit gläsernen Klauen und Zähnen. Endlich verstanden wir, warum der Kristall diesen Namen trug. An diesem Tag starb die Hälfte meines Volkes.«
    Sie hatten den obersten Punkt des Hügels erreicht. Treppenstufen führten zu einem mächtigen Granatapfelbaum hinauf, unter dessen langen Ästen ein schattiger Platz lag. Oskar sah eine einfache Hütte sowie einen Brunnen mit einer Kurbel und einem Eimer. Ein paar schlichte Steinbänke standen dort, auf denen Ubirè sie Platz zu nehmen hieß.
    »Dies ist unser heiligster Platz«, sagte er. »Der Ort, am dem sich Lewe, Ama und Nomo begegnen. Die Götter der Erde, des Himmels und des Wassers. Hier war es, wo unser Anführer das Zeichen erhielt.«
    »Was für ein Zeichen?«
    »Wie man die Glasmenschen besiegen kann. Der Schlüssel zu ihrer verwundbarsten Stelle. Er stieg herunter von dem Berg und führte die verbliebenen Krieger in die Schlacht. Der Tag ging als Tag des Sigi in die Geschichte unseres Volkes ein. Als er zurückkam, waren die Glasmenschen vernichtet und unser Volk gerettet. Seitdem feiern wir ein Fest. Alle fünfzig Jahre, wenn Sigi Polo einmal von Po Tolo umkreist worden ist, erinnern wir uns an den Sieg über die Tellem und wie unser Volk an diesem Tag wiedergeboren wurde.«
    Humboldt rutschte näher. »Was war der Schlüssel zum Sieg über die Glasmenschen? Was hat der Anführer der Dogon erfahren, als er hier oben auf dem Berg saß?«
    Ubirè schüttelte betrübt den Kopf. »Das Wissen darüber ist verloren gegangen. Nur ein paar Gesänge sind übrig geblieben. Niemand weiß, was sie zu bedeuten haben. Ihr werdet Gelegenheit haben, sie selbst zu hören.«
    »Dann dürfen wir also bleiben?«
    »Oh ja. Ihr müsst sogar. Ihr könnt hier nicht weg.«
    Humboldt zog seine Stirn in Falten. »Heißt das, wir sind Ihre Gefangenen?«
    Um den Mund des Schamanen spielte ein kleines Lächeln. »Hast du dich nicht gefragt, warum ich dir das alles erzähle?«
    »Um ehrlich zu sein – doch.« Humboldt blickte ernst. »Ich habe gehört, dass Sie Ihr Wissen wie einen Augapfel hüten. Außenstehenden sei es eigentlich verboten, den Berg zu betreten.«
    »Ja. Bis heute.«
    »Warum?«
    »Weil mit eurer Ankunft alles anders geworden ist. Schau dich um. Was siehst du?«
    Humboldt ließ seinen Blick schweifen. Die Aussicht von hier oben war wirklich phänomenal. Irgendwo in weiter Ferne braute sich ein Gewitter zusammen. »Ich sehe eine weite Steppe, aus der einzelne Berge wie Inseln herausragen. Ich sehe eine alte Kultur, die in Furcht lebt. Eine Furcht, die sie davon abhält, mit den Völkern in den Ebenen Kontakt aufzunehmen. Ich sehe Menschen, die ihr Wissen vor der Welt verbergen, ohne zu merken, dass sie dadurch zu Gefangenen werden. So wie einst die Tellem.«
    »Du bist ein weiser Mann, Humboldt. Bei uns wärst du ein Schamane geworden.«
    »Ich betrachte das als Kompliment.«
    »Trotzdem sind deine Worte falsch.« Der Alte lächelte. »Wir Dogon sind keine Gefangenen. Wir sind die letzten Überlebenden. Schau dich um. Unser Berg ist wie ein Schiff. Irgendwann wird dieser Berg die einzige Zuflucht der Menschheit sein.« Er faltete seine Hände. »Die Ahnen haben vorhergesagt, dass das Unheil, das die Tellem einst aus der Wüste hierherbrachten, um sich greifen und den Rest der Welt vernichten wird. Nur die Dogon auf ihrem Felsenschiff werden die Katastrophe überdauern und der Menschheit wieder Hoffnung und Zukunft geben. Ich fürchte, dass dieser Moment gekommen ist.«
    Humboldt hatte interessiert zugehört. »Eine äußerst düstere Prophezeiung. Es gibt so etwas Ähnliches auch in unserer Mythologie. Die Geschichte Noahs und der Sintflut. Noah baute eine Arche, mit der er sich, seine Frau, seine Söhne und deren Frauen sowie viele Tiere vor einer Vernichtung retten und somit den Fortbestand der Menschen und Tiere auf der Erde sichern konnte.«
    »Ah.« Der Alte sah ihn aufmerksam an. »Du kennst die Geschichte auch. Der Unterschied ist nur, dass wir nicht von den Fluten des Wassers, sondern denen der Wüste bedroht werden. Wo immer der Kristall sein unheiliges Werk verrichtet, bleibt

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