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Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Titel: Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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behandelt wie mich. Die Jungs haben euch eben das Leben gerettet.«
    Max spürte, wie er rot wurde. Ihm waren solche Lobhudeleien peinlich, auch wenn er sich natürlich geschmeichelt fühlte.
    »Was geschieht denn jetzt mit dem Mann?«, fragte er.
    Sir Wilson umrundete den Beduinenfürst und ließ sich das Gewehr und den Dolch zeigen. »Wir werden ihn mitnehmen. Solange er in unserem Gewahrsam ist, werden seine Leute uns nicht angreifen.«
    »Und dann?«
    »Wenn wir weit genug entfernt sind, lassen wir ihn laufen. Ist das in Ihrem Sinne?«
    »Voll und ganz, Sir.«
    »Gut, dann wollen wir keine Zeit verlieren. Aufbruch!«
    Kaum waren er und Archer mit dem Gefangenen in Richtung der Pferde aufgebrochen, drängten die Männer sich um Harry und Max. Die beiden brachen fast zusammen unter dem Ansturm an Lobeshymnen. Die Schultern taten ihm weh von den vielen freundschaftlichen Klapsen. Am Schluss wurden sie sogar noch hochgehoben und zu ihren Pferden getragen. Noch nie in seinem Leben hatte Max sich so lebendig gefühlt.

 
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    Oskar sah die Pachacútec schon von fern. Wie ein gestrandeter Wal hing sie in der Steilwand, die riesige Ballonhülle aufgebläht in der Sonne. Der Bootsrumpf pendelte im Wind träge hin und her. Das Knarren und Ächzen der Verstrebungen verstärkte den Eindruck, es handle sich um ein riesiges verwundetes Tier. Die Dogon fingen an zu flüstern und zu tuscheln. Humboldt bemühte sich redlich, sie zu beruhigen, doch es war ihnen anzumerken, wie ihre Angst mit jedem Meter wuchs. Einzig Yatimè, die den Trupp mit ihrem Freund Jabo begleitete, schien keine Angst zu haben. Neugierig blickte sie auf das Schiff.
    »Mein Volk hat große Furcht«, sagte sie wie zur Entschuldigung in Wilmas Linguaphon. »Es ist die Prophezeiung, die den Leuten Angst macht.«
    »Die Macht des Aberglaubens kann sehr stark sein«, erwiderte Humboldt schmunzelnd. »Selbst in unserer Gesellschaft würde der Anblick dieses Schiffes Angst und Schrecken verbreiten, du solltest also nicht so streng mit ihnen sein. Ich habe versucht, ihnen zu erklären, dass die Pachacútec nichts weiter als Holz und Stoff ist, doch sie wollten lieber bei ihrer Vorstellung von einem Feuer speienden Drachen bleiben. Sei’s drum. Wir haben unser Schiff wieder, und das ist die Hauptsache.«
    Oder das, was von ihm übrig ist, dachte Oskar mit einem Blick nach oben. Selbst aus dieser Entfernung war zu erkennen, dass es vom Sturm schwer beschädigt worden war. In der Ballonhülle klaffte ein Riss, durch den der Großteil des Wasserstoffs entwichen war. Beide Seitenruder und auch die Heckflosse waren zerbrochen und hingen in Fetzen an ihren Steuerseilen. Der Rumpf war an vielen Stellen geborsten und erlaubte einen Blick ins Innere. Was aber am schwersten wog, war die Tatsache, dass die Propeller zerstört waren. Nicht nur die Rotorblätter – die hätte man vielleicht noch reparieren können –, die Metallachsen waren verbogen. Um nichts in der Welt würden sie die wieder gerade biegen können.
    Vom vorderen Deck hing das Ankerseil herab. Es war angerissen, schien aber noch zu halten. Der Anker selbst hatte sich zwischen zwei mächtigen Felsbrocken verhakt und bewahrte das Schiff davor, weggeweht zu werden. Humboldt zögerte nicht lange. Er zog seinen Mantel aus, streifte seine Handschuhe über und begann damit, sich langsam an dem Seil emporzuziehen. Oskar konnte sehen, dass ihm das nicht leichtfiel. Kein Wunder, sein Vater wog knapp einhundert Kilo, Muskeln hin oder her. Er selbst wäre früher wie ein Eichhörnchen an dem Seil emporgeklettert, aber mit seiner verletzten Hand war das natürlich ausgeschlossen.
    Der Forscher erreichte den obersten Abschnitt. Er schnaufte wie eine Dampflok. Sein Kopf hatte die Farbe eines frisch geernteten Kürbisses. Endlich gelang es ihm, den unteren Teil der Reling zu packen und sich auf Deck emporzuschwingen. Das Schiff schaukelte bedenklich. Erst jetzt sah Oskar, dass der obere Teil der Ballonhülle in den Ästen eines Baums hing, der aus der Felswand herauswuchs. Er konnte nur hoffen, dass er nicht brach, solange sich sein Vater an Deck befand.
    Humboldt benötigte einige Minuten, um sich zurechtzufinden, dann warf er das Fallreep hinunter. Oskar vergewisserte sich, dass Wilma sicher in seinem Rucksack hockte, ergriff die Seile und setzte seine Füße auf die hölzernen Trittstufen. Charlotte, Eliza und Yatimè folgten ihm. Der Baum schwankte und ächzte bedenklich, aber er hielt. Als sie oben ankamen, war

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