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Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Titel: Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Humboldt verschwunden. Vermutlich unter Deck, um die Ladekammern zu untersuchen. Vorsichtig ging Oskar Richtung Bug. Er schnallte seinen Rucksack ab und entließ Wilma aus ihrem Gefängnis. Mit einem fröhlichen Quieken begann der kleine Vogel damit, sämtliche Ecken und Winkel nach etwas Fressbarem zu untersuchen. Begleitet wurde er dabei von Jabo, der irgendwie Gefallen an der Kiwidame gefunden zu haben schien. Die beiden hatten sich während der vergangenen Tage angefreundet und waren unzertrennlich. Ein seltsames Paar. Aber irgendwie beneidete Oskar sie. Sie gehörten nicht mal zur selben Gattung und doch verstanden sie sich. Warum konnten Menschen nicht auch so einfach sein? Warum war nur immer alles so kompliziert?
    Sein Blick wanderte hinüber zu Charlotte, die mit ernstem Gesichtsausdruck die Decksaufbauten inspizierte. Zwischen ihren Brauen hatte sich eine steile Falte gebildet. Wie immer, wenn sie sich Sorgen machte.
    Da er gerade nichts Besseres zu tun hatte, stand er noch ein Weilchen so da und beobachtete sie. Wie zuvor, spürte er auch diesmal diesen Stich in seinem Herzen. War das Liebe? Und wenn ja, was war mit Charlotte? Empfand sie genauso wie er? Er hasste diesen Zustand der Ungewissheit. Es war wie ein alles verzehrendes Feuer, das ihn von innen auffraß. Wenn er nur nicht so verdammt schüchtern wäre …
    Charlotte beendete ihren Rundgang und kam zu ihm herüber. »Sieht übel aus«, sagte sie. »Die Antriebswelle ist völlig verbogen. Und erst die Zahnräder …« Sie deutete auf das Schaltgetriebe. »Das Innere sieht aus, als hätte es jemand mit einem Hammer bearbeitet. Man brauchte eine Gießerei, um das wieder hinzubekommen.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass die Pachacútec je wieder fliegen wird.«
    Oskar schwieg einen Moment, dann sagte er: »Lass den Kopf nicht hängen. Uns wird schon was einfallen. Uns ist doch bisher immer etwas eingefallen.« Er versuchte zu lächeln, doch es gelang nur halb.
    In diesem Augenblick kam Humboldt von unten herauf. »Alles klar so weit!«, rief er ihnen entgegen. »Ist ein ziemliches Durcheinander da unten, aber soweit ich das beurteilen kann, sind die Geräte heil geblieben. Das gilt auch für das Linguaphon.« Er hielt die graue Metallschachtel in die Höhe. »Sobald ich die Sprachaufzeichnungen übertragen habe, kann Wilma ihr Gerät wiederhaben.«
    »Ich glaube, sie ist im Moment ganz zufrieden.« Eliza deutete auf das ungleiche Gespann, das an einer aufgebrochenen Schachtel Schiffszwieback futterte. Jabo zerknackte die trockenen Scheiben mit seinen gelben Zähnen und Wilma pickte die Krümel auf. Humboldt lächelte. »Fast wie ein frisch verliebtes Paar, findet ihr nicht? Na, sollen sie doch, solange sie glücklich sind.«
    Oskar warf seinem Vater einen düsteren Blick zu. Was ihn und Charlotte betraf, war der Forscher nicht so tolerant. Schlag sie dir aus dem Kopf, das waren seine Worte gewesen.
    Humboldt war inzwischen zur Maschinensektion im hinteren Teil des Schiffes vorgedrungen. Er inspizierte die Sonnenkollektoren und die Brennstoffzellen. Sein Gesichtsausdruck wirkte konzentriert, aber zufrieden.
    »Soweit ich sehen kann, ist hier alles in Ordnung«, sagte er. »Die Solarelemente sind unbeschädigt. Gott sei Dank. Das war meine größte Befürchtung. Ohne sie hätten wir keinen Wasserstoff produzieren und damit keine Elektrizität herstellen können. Da sie aber funktionieren, besteht Hoffnung, dass wir genug Energie für die Reparaturmaßnahmen haben. Wir werden erst mal damit beginnen, das Schiff leer zu räumen. Alle Kisten, Instrumente und Versorgungsgüter müssen von Bord gebracht und säuberlich gestapelt werden. Dann müssen wir die Löcher im Rumpf schließen. Hammer und Nägel haben wir an Bord und Ersatzplanken finden wir auch. Wir müssen einen Hebearm bauen, mit dem wir das Zeug runterlassen können.« Er nahm Stift und Block und begann, einige Notizen zu machen. »Schwieriger wird es bei den Rudern. Wir müssen sie abbauen und unten am Boden flicken. Wenn wir die Rahmen gerichtet haben, können wir sie mit gegerbten Ziegenhäuten bespannen. Das müsste eigentlich funktionieren.«
    »Woher sollen wir denn gegerbte Ziegenhäute bekommen?«
    »Die Dogon haben ein paar tüchtige Handwerker. Sie werden uns ganz sicher helfen, wenn sie erst mal ihre Scheu überwunden haben. Am schwierigsten wird die Ballonhülle. Wir werden das Schiff von dem Baum befreien und das restliche Gas ablassen müssen. Sobald das geschehen

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