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Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Titel: Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Land zurück. Dann wird auch der Frieden wieder einkehren.« Seine stechenden Augen richteten sich auf die fünf Freunde. Auch die Dorfbevölkerung schaute nun merklich feindseliger.
    Oskar kam sich vor wie zur falschen Zeit am falschen Ort. Gestern waren sie noch mit offenen Armen empfangen worden und jetzt …?
    »Ob Poortvliet weiß, was hier vorgeht?«, flüsterte er.
    »Wohl kaum«, entgegnete Humboldt mit düsterem Blick. »Hätte er solch einen Verdacht gehabt, er hätte uns kaum so einfach gehen lassen. Poortvliet hat diesen Bhamban unterschätzt. Das ist alles andere als ein harmloser Monarch. Wenn du mich fragst, dann hat Bhamban diesen Schachzug von langer Hand geplant. Und ich war so dumm, ihm in die Falle zu tappen.«
    Oskar lächelte grimmig. »Wir alle, wenn ich das richtig sehe.«
    Bhamban hörte nicht auf mit seinen Tiraden. Er schritt vor der Dorfbevölkerung auf und ab und schob den Kolonialherren die Schuld für so ziemlich alles in die Schuhe, was in den letzten Jahren schiefgelaufen war. Hungersnöte, schlechte Ernten, Krankheiten. Selbst der Krakatau sei nur wegen der Niederländer ausgebrochen. Das Schlimme war, dass er damit Erfolg hatte. Stimmen brandeten auf. Nicht wenige von ihnen verlangten den Tod der Abenteurer.
    Oskar war immer noch nicht klar, was dieser König mit seiner Hasspredigt eigentlich bezweckte. Wollte er die Menschen allen Ernstes glauben machen, die Kolonialherren hätten irgendetwas mit den Überfällen der Steinernen zu tun? Offenbar glaubte das nicht einmal Dimal. Der Prinz saß da wie ein Häufchen Elend und machte den Eindruck, als würde er vor Scham am liebsten im Erdboden versinken. Oskar fragte sich, was wohl in ihm vorgehen mochte.
    Die Antwort musste warten, denn in diesem Augenblick blieb Bhamban stehen und hob die Arme.
    »Geliebtes Volk.«
    Es dauerte eine Weile, bis er das Stimmengewirr zum Verstummen brachte. »Meine lieben Untertanen, ich bitte euch. Beruhigt euch. Ich verstehe euren Zorn. Auch ich fühle mich betrogen und ausgenutzt. Die Steinernen kommen des Nachts und bestehlen uns. Nahrungsmittel, Tiere und was am schlimmsten ist: Männer, Frauen und Kinder. Geliebte Menschen, mit denen wir unser ganzes Leben verbracht haben. Irgendwann trifft es jeden. Es gibt nur einen Weg, um sie zu besänftigen. Ein Opfer.« Er hob die Arme in einer dramatischen Geste. »Die Götter sind meine Zeugen. Ich war schon in vielen Ortschaften, Orten genau wie diesem, mit Müttern, die genauso verzweifelt waren. Es hat mir schier das Herz zerrissen, dass ich so einen hohen Preis fordern muss. Doch wo ein Opfer gebracht wurde, kamen die Steinernen nicht wieder. Das Dorf war gereinigt, das Böse verbannt. Die Menschen konnten wieder in Ruhe und Frieden leben.« Er machte eine rhetorische Pause, um zu sehen, ob seine Worte eine Wirkung erzielten. Als sich mehrere Stimmen erhoben und die Lotterie forderten, nickte er zufrieden.
    »Ganz recht, die Lotterie«, sagte er. »Schon oft war sie das einzige Mittel, um den Zorn dieser Kreaturen abzuwenden. Auch diesmal muss ein Opfer gebracht werden, doch diesmal nicht von euch.«
    Erstaunte Rufe erklangen. Überall hingen die Zuhörer an Bhambans Lippen.
    »Nein, ihr habt richtig gehört«, rief der König. »Diesmal sollen diejenigen dafür bezahlen, die für unser Unglück verantwortlich sind. Die Fremden. Sie.« Er deutete auf die fünf Abenteurer. Oskar konnte sehen, dass sie mittlerweile vollständig von der Palastwache umstellt waren.
    »Sie sollen für das bezahlen, was sie angerichtet haben. Ich sage: Nehmt das rothaarige Mädchen dort und übergebt sie den Steinernen. Damit wir alle wieder ruhig schlafen können.«
    Alle Blicke richteten sich auf Lena.
     

     
    Dimal hatte die ganze Zeit ruhig dagesessen, doch jetzt sprang er auf. Er konnte nicht anders. Was hier geschah, verstieß eindeutig gegen alle Gebote der Gastfreundschaft seines Landes.
    »Was tut Ihr da, Vater?«, rief er.
    »Was ich tun muss«, entgegnete Bhamban. »Was längst hätte getan werden müssen.«
    »Aber diese Fremden sind Freunde.«
    »Unsinn«, schrie der König. »Dies sind keine Freunde, es sind Eindringlinge. Eroberer! Sie zu opfern heißt nur, sie für das bezahlen zu lassen, was sie angerichtet haben. Und diesmal trifft es zum ersten Mal die wahren Schuldigen.«
    Dimal verstand nicht, worauf sein Vater hinauswollte. In seinen Augen hatten die Besucher aus dem fremden Land sich nicht das Geringste zuschulden kommen lassen. Doch sein Vater schien

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