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Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Titel: Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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seine Hände. »Ich verstehe eure Aufregung, aber ich bitte euch, die Tradition zu wahren. Wenn ihr etwas sagen wollt, gebt mir ein Handzeichen und erhebt euch.«
    Einer der Anwesenden hob die Hand, nahm seine Maske vom Gesicht und stand dann auf. Es war Ismael Karrenbauer, der Schatzmeister der Regierung. Oskar hatte ihn schon einmal auf irgendeiner Fotografie in der Zeitung gesehen.
    Â»Ehe wir nach einem Schuldigen suchen, sollten wir erst einmal damit beginnen, Informationen auszutauschen. Was ist genau während des Attentats geschehen, Hocherleuchteter Meister? Wir hörten, du wärst überwältigt worden.«
    Â»Nein, Bruder Ismael«, sagte Humboldt kopfschüttelnd. »Ich wurde angegriffen, das ist wahr, doch ich konnte fliehen und mich verbergen. Ich hielt es für ratsam, erst einmal unterzutauchen und darauf zu warten, dass sich die Wogen glätten.«
    Ein weiteres Mitglied der Loge hob die Hand und lüftete seine Identität. Es war ein beleibter Mann mit Halbglatze und Backenbart. Auch ihn erkannte Oskar sofort. Ministerialrat Nathaniel Strecker galt als einer der einflussreichsten Männer des Reiches. Er war die rechte Hand des Kanzlers und jemand, mit dem man sich besser gut stellte. Obendrein war er der Vater von Karl Strecker. Der Kerl, mit dem Oskar gekämpft und den die Gendarmerie auf dem Dach überwältigt hatte.
    Â»Es gehen Gerüchte, bei dem Angreifer habe es sich um Carl Friedrich von Humboldt gehandelt, den Forscher.«
    Â»Das habe ich auch gehört«, sagte Karrenbauer. »Es heißt, dein Sohn wäre von Humboldts Sohn überwältigt worden. Stimmt das?«
    Â»Nicht direkt von Humboldts Sohn, sondern von den Gendarmen, die auf das Dach gestürmt kamen. Karl hatte nicht die geringste Chance. Durch irgendeinen Trick war es diesem Oskar gelungen, sie auf das Dach zu locken.«
    Â»Was passiert jetzt mit ihm?«
    Â»Mein Sohn sitzt in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen, ein Attentat auf den Kaiser geplant zu haben.«
    Â»Was schwer zu widerlegen sein dürfte«, sagte Humboldt mit der Stimme Falkensteins. »Es gab Dutzende von Zeugen. Außerdem wurde eine Waffe in Karls Besitz gefunden. Wie ich bereits sagte: ein schwarzer Tag für die Bruderschaft.«
    Â»Ist das alles, was du dazu zu sagen hast, Hocherleuchteter Meister?«, sagte Strecker mit rotem Kopf. »Mein Karl ist jetzt in der Gewalt der Gendarmerie. Er wird derzeit von Hauptkommissar Obendorfer verhört, einem durchaus fähigen Kriminalisten und einem der wenigen, die nicht auf unserer Gehaltsliste stehen.«
    Ein weiterer Mann stand auf und zog seine Maske zurück. Auch er besaß ein vertrautes Gesicht. Das musste Oberregierungsrat Stangelmeier sein, der Lehrer und Erzieher des Kaisers, von dem in Humboldts Aufzeichnungen zu lesen gewesen war. Seine harten, ausgemergelten Züge waren unverkennbar.
    Â»Ohne dir nahe treten zu wollen, Bruder Nathaniel, aber dein Sohn ist ein Schwachkopf. Ich sehe es im Nachhinein als großen Fehler an, dass wir ihn mit dieser Sache beauftragt haben. Mit seiner Festnahme hängen nun plötzlich alle unsere Hälse in der Schlinge.«
    Â»Mein Sohn ist ein ausgezeichneter Schütze«, protestierte Strecker. »Er ist gewiss keine Leuchte, aber ein williger Erfüllungsgehilfe. Anstatt ihm die Schuld zu geben, sollten wir uns lieber fragen, ob wir bei der Planung dieses Attentats nicht zu leichtfertig waren.«
    Â»Dein Sohn ist ein Idiot und das weißt du.«
    Â»Das ist doch …«
    Â»Bitte, bitte, meine Brüder …« Humboldt hob die Hände. »Vergesst nicht, wo ihr hier seid. Wir alle sind sehr aufgebracht, doch wir sollten unser Urteilsvermögen davon nicht trüben lassen.«
    Â»Ich habe nur eingeworfen, dass ich Karl für den falschen Mann halte«, sagte Stangelmeier. »Das habe ich damals gesagt und das wiederhole ich gerne noch einmal.«
    Â»Das heißt aber nicht, dass er die Schuld am Scheitern des Plans trägt«, verteidigte Strecker seinen Sohn. »Er hätte seine Sache gut gemacht, wenn nicht dieser Humboldt aufgekreuzt wäre. Und als ob das alles noch nicht schlimm genug wäre, hat dieser Oskar gerade vom Kaiser die Tapferkeitsmedaille erhalten. Es ist, als würde man mir die Klinge im Leib herumdrehen.«
    Â»Was uns wieder zu der Frage bringt, woher dieser Forscher von unserem Vorhaben wusste«, gab Humboldt zu bedenken.

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