Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos
das ⦠na, und ob! Ich kann es kaum erwarten zu erfahren, wo es hingeht.« Charlotte strahlte über das ganze Gesicht. Dann hakte sie sich bei ihrem Onkel unter und gemeinsam kehrten sie ins Haus zurück. Eliza und Oskar folgten den beiden schweigend.
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S ieben Männer, sieben Stühle. Kreisförmig angeordnet, die Gesichter der Brüder hinter Masken verborgen. Ein vertrautes Bild. Und doch war heute etwas anders als sonst.
Es war etwas geschehen, was seit der Gründung der Loge Flamme und Stein im Jahre 1721 niemand erlebt hatte. Der GroÃmeister hatte einem AuÃenstehenden Zutritt gewährt. Jemandem, der kein Freimaurer war.
Einem Unerleuchteten.
Die Nervosität der Anwesenden war spürbar. Stille Handzeichen und verstohlene Blicke wurden ausgetauscht. Wer war der Fremde? Was wollte er? Und wie kam ihr Meister dazu, eine solche Entscheidung eigenmächtig und ohne Absprache mit den anderen Logenbrüdern zu treffen?
Der Fremde stand hinter dem Hocherleuchteten Meister, die Hände gefaltet, den Kopf gesenkt. Er war der Einzige, der keine Maske trug. Sein Gesicht lag im Schatten, trotzdem war zu erkennen, dass seine Nase mehrfach gebrochen war und zahlreiche Narben seine Kopfhaut durchzogen. Was hatte ihr Vorsitzender sich nur dabei gedacht, eine solche Person hierher einzuladen?
Der GroÃmeister hob seine Hand. Dann stand er auf und nahm seine Maske ab. Auch das ein absolutes Novum.
»Gepriesen sei der allsehende Baumeister.«
»Gepriesen sei der allsehende Baumeister.«
Erich von Falkenstein war preuÃischer General. Befehlshaber der Infanterie und enger militärischer Berater des verstorbenen Kaisers. Er war neunundvierzig Jahre alt, trug einen kurzen Bürstenhaarschnitt und einen sauber getrimmten Schnurrbart. Er war einer der jüngsten GroÃmeister, die diese Loge jemals hervorgebracht hatte, doch war er mit einer Kraft und Autorität gesegnet, die auch den älteren Logenbrüdern Respekt abnötigte.
Alles an ihm zeugte von militärischer Disziplin: seine aufrechte Haltung, die tadellos sitzende Uniform und die kalten, alles durchdringenden Augen. Nichts entging diesen Augen, sie waren schneller als die eines Eichhörnchens und kälter als die einer Schlange. Falkenstein war ein überzeugter Feind von Demokratie und Parlamentarismus und hatte als enger Freund Georg Stangelmeiers nie Zweifel daran aufkommen lassen, dass er Wilhelm als zu lasch und nachsichtig erachtete. Die Bewunderung und Hochachtung des Kaisers für GroÃbritannien empfand Falkenstein als eine furchtbare Bedrohung für das Deutsche Reich, weshalb er und die anderen Logenbrüder den Plan gefasst hatten, Wilhelm aus dem Weg zu räumen, eine Militärregierung zu bilden und den Mord den Sozialisten in die Schuhe zu schieben. Drei Fliegen mit einer Klappe, wie Falkenstein zu sagen pflegte.
»Bitte treten Sie vor, Herr Behringer. Hier in unsere Mitte.« Falkenstein deutete auf das steinerne Auge am Boden.
Der Mann war bullig, von untersetzter Statur und augenscheinlich enormer Kraft. Seine Bewegungen waren geschmeidig wie die eines Preisboxers.
Georg Stangelmeier, der ehemalige Erzieher der Kaisers, hier bekannt unter dem Namen Bruder Georg, rümpfte die Nase. Hinter der Wolke aus billigem Rasierwasser war der Geruch der Gosse spürbar. Ein Kleinkrimineller von der schlimmsten Sorte. Behringer . Er hatte diesen Namen schon mal gehört. Ministerialrat Nathaniel Strecker hatte ihn einmal erwähnt. Er und sein Sohn hatten in der Vergangenheit des Ãfteren die Dienste dieses Mannes in Anspruch genommen. Aber was konnte den Meister bewogen haben, einen solchen Ganoven in ihre Mitte zu bitten? Hatte er vollkommen den Verstand verloren?
Wie sehr er sich täuschte, wurde ihm bewusst, als der Mann zu sprechen begann. Was er in holperiger und ungeschliffener Ausdrucksweise zum Besten gab, war ein Schock. Offenbar war es Humboldt tatsächlich gelungen, eine groÃe Zeitmaschine zu bauen. Schlimmer noch: Er schien sie getestet zu haben, und das mit Erfolg.
Diese Botschaft lieà den Besuch des Fremden in einem völlig anderen Licht erscheinen. Auch die anderen waren schockiert, am meisten Bruder Ismael. Dem Vorbild ihres Meisters folgend, hatte auch er seine Maske abgenommen. In seinen Augen leuchtete Argwohn, gemischt mit einem Anflug von Furcht. Geflüster und Getuschel erfüllten den Saal.
»Meine Brüder!« Falkenstein hob beide
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