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Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Titel: Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Europa ausgestorben. Wann war das noch mal gewesen? Vor zehntausend Jahren?
    Sein Blick richtete sich noch einmal auf den blauen Streifen am Horizont. Mit einem Schlag wurde ihm bewusst, warum ihn der Anblick so irritiert hatte. Das waren keine Berge oder Hügel. Es war eine Wand aus Eis. Ein Gletscher .
    Oskar war wie vor den Kopf gestoßen. Es passte alles zusammen: die unbewaldete Ebene, die Birken, der Gletscher – und das Mammut.
    Das Zeitschiff hatte ihn geradewegs in die Eiszeit geschleudert, zehntausend Jahre von ihrem Ursprungsort entfernt. Mitten hinein in eine Landschaft aus Eis, Schnee und Kälte. Und mitten hinein in eine Gruppe steinzeitlicher Jäger, die wütend waren, weil ihnen ihre Beute gerade zu entwischen drohte. Die fünf Jäger hatten Schwierigkeiten, dem Tier über den verschneiten Untergrund zu folgen. Das Mammut war ungleich muskulöser und durchquerte den Schnee wie ein Pflug. Der hinterste der Männer blieb stehen und rief den anderen etwas hinterher. Seine Kollegen wurden langsamer und blieben dann ebenfalls stehen. Mit ratlosen Gesichtern und hängenden Schultern kehrten sie zu ihrem Anführer zurück. Das Mammut drehte ab und entfernte sich mit großen Schritten, eine Wolke aus aufgewirbeltem Schnee hinter sich her ziehend.
    Oskar kauerte mucksmäuschenstill hinter der Birke. Durch ein paar wild in alle Richtungen abstehende Zweige hatte er einen guten Blick. Die Männer sahen ziemlich verwegen aus. Sie trugen zottelige Bärte und lange Haare, wobei einige von ihnen diese hinter dem Kopf verknotet hatten. Von den Gesichtern war nicht viel zu sehen, weil sie bis über die Wangen zugewuchert waren. Ihre Kleidung bestand größtenteils aus Fellen, die zu groben Jacken und Hosen zusammengenäht waren. Die Schuhe waren breit und unförmig, besaßen aber offenbar den Vorteil, dass man mit ihnen nicht einsinken konnte. An Lederriemen über ihren Schultern hingen Taschen und Tragebeutel, die Gürtel waren mit Messern und Haken besetzt und in den Händen schimmerten Äxte und Speere. Die Wut und die Enttäuschung war an ihren Bewegungen abzulesen. Einer von ihnen rammte seinen Speer in den Schnee, ein anderer schüttelte seine Faust und schrie dem Mammut wilde Verwünschungen hinterher. Ein dritter zog seine Hose herunter und präsentierte dem Tier sein Hinterteil. Während alle dem entschwindenden Mammut hinterherschauten, blickte er genau in Oskars Richtung. Plötzlich sprang er auf und zog seine Hose wieder hoch. Wild mit den Armen fuchtelnd, deutete er in Oskars Richtung.
    Die Jäger fuhren herum. Alle hatten sich ihm zugewandt.
    Oskar erstarrte.
    Unmöglich, dass sie ihn gesehen hatten, er war perfekt getarnt. Außerdem hatte er sich vollkommen ruhig verhalten. In diesem Moment wehte ihm der Wind den Geruch von Rauch in die Nase. Sein Feuer . Wie hatte er das nur vergessen können?
    Die dünne Rauchsäule war gut zu erkennen.
    Flach wie ein Käfer krabbelte er auf das Feuer zu und schaufelte Schnee in die Glut. Es zischte und eine weiße Dampfwolke stieg in den blauen Himmel.
    Â»Nein, nein, nein.«
    Hektisch schaufelte Oskar mehr Schnee hinterher, doch der Schaden war schon angerichtet.
    Die fünf Jäger standen regungslos in der Ebene, ihre Augen fest auf seinen Standort geheftet. Obwohl sie ihn nicht sehen konnten, wussten sie, dass er da war. Oskar sah aus dem Augenwinkel, wie der Anführer seinen Speer aus dem Schnee zog und auf ihn zumarschierte.
    Â»Na, das haben Sie ja fein hinbekommen, Herr Wegener«, schimpfte Oskar mit sich selbst, während er überlegte, was er jetzt tun sollte. Viele Möglichkeiten blieben ihm nicht. Das Einzige, was wirklich Sinn machte, war Rückzug.
    Rücklings, den Blick unverwandt auf die Verfolger gerichtet, kroch er zwischen den Bäumen hindurch auf die andere Seite des Wäldchens. Er war noch nicht weit gekommen, als er plötzlich gegen etwas Großes stieß. Zuerst dachte er, es sei ein Baum, als er eine tiefe, wohlbekannte Stimme hörte:
    Â»Na, neue Freunde zum Spielen gefunden?«
    Oskar fuhr herum. Über ihm ragte die dunkle Gestalt Humboldts auf. »Vater!«
    Â»Wir sollten besser machen, dass wir hier wegkommen. Die Kerle sehen ziemlich entschlossen aus.« Er half Oskar auf die Füße.
    Oskar schlang seine Arme um Humboldts mächtigen Oberkörper.
    Â»Bist du in Ordnung?«
    Oskar nickte. »Aber wie …

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