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Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Titel: Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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künstliche Gebilde, das ich jemals erblickt hatte. Eine gigantische schimmernde Quecksilberblase, die die Bäume davor auf die Größe einer Spielzeuglandschaft schrumpfen ließ. Obwohl sie einen guten Kilometer entfernt zu sein schien, war sie doch groß genug, einen Teil des Himmels auszufüllen. Ich war sprachlos. Wie gebannt stand ich da, beschirmte meine Augen und starrte zu dem Berg aus Glas und Stahl hinauf, der da völlig unvermittelt in der Ferne aufragte.
    â€ºDas ist Berlin‹, murmelte ich. ›Ich kenne den Blick über die Baumwipfel hinüber zur Stadt. Wenn man den Sonnenstand berücksichtigt, stimmt die Richtung. Die Stadt muss unter dieser Kuppel liegen, was wiederum bedeutet, dass wir in der Zukunft gelandet sind.‹
    Behringer murmelte ein paar Worte, schien mir aber recht zu geben. Er verzichtete sogar darauf, mir die Schlingen wieder anzulegen. Schon seltsam, wie ungewohnte Situationen Menschen zusammenschweißen können.« Oskar schenkte Charlotte ein Lächeln und sie erwiderte es.
    Â»Der Weg war weiter, als wir vermutet hatten, was aber an der schieren Größe dieser Konstruktion lag«, fuhr er fort. »Ich dachte schon, wir würden nie ankommen, als plötzlich der Wald endete. Vor uns lag eine grüne Wiese, die bis zur Kuppel reichte und diese wie ein Ring umschloss. Eine makellose Ebene aus frischem Grün, etwa fünfzig Meter breit und leer wie ein Fußballplatz.
    Es gab keine Maulwurfshügel und keine kahlen Stellen. Jeder Halm war exakt gleich lang, als habe man ihn mit einem Lineal abgemessen. Auch der Wald sah merkwürdig aus. Kein Ast, der irgendwie vorstand, keine Verfärbungen. Eine einzige Mauer aus sattem Grün. Das Ganze wirkte irgendwie …« Oskar überlegte. »… künstlich. Wie ein Golfparcours oder eine englische Gartenanlage.«
    Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und setzte meinen Fuß auf das perfekte Grün. Es war ein komisches Gefühl. Als würde man verbotenes Territorium betreten. Mir schoss durch den Kopf, dass es vielleicht irgendwelche Sicherungen gab, Tretminen oder so, aber ich konnte nichts erkennen, was darauf hindeutete. Vorsichtig machte ich ein paar Schritte, und als nichts geschah, ging ich beherzter weiter. Kein Gärtner erschien, kein Alarm wurde ausgelöst, nichts.
    Ich drehte mich um und gab Behringer Zeichen, mir zu folgen.
    Der war so blass, dass sein Gesicht im Unterholz richtig leuchtete. Ich konnte sehen, wie widerwillig er den schützenden Wald verließ und zu mir herüberkam. So bleich und zerlumpt, wie er jetzt vor mir stand, wunderte ich mich, wie ich jemals Angst vor ihm haben konnte. Aber dann musste ich an seinen feigen Anschlag denken, wie er uns aufgelauert und Eliza erschossen hatte, und mein Mitleid hielt sich in Grenzen.
    Die Kuppel ragte wie eine massive Wand aus Glas und Stahl vor uns auf. Die einzelnen Bauelemente waren so perfekt miteinander verbunden, dass man kein Blatt Papier dazwischenschieben konnte. Glas, Metall, Metall, Glas und immer so weiter. Ich streckte meine Hände aus und berührte die Oberfläche. Sie war warm. Vielleicht von der Sonne, vielleicht aber auch von einer inneren Energiequelle. Ein feines Summen kitzelte meine Fingerspitzen. Ich legte mein Ohr gegen die Wand und lauschte. Nichts. Nur dieses feine Vibrieren. Es fühlte sich an, als hätte ich mein Ohr an den Bauch eines riesigen Wals gelegt. Gemeinsam gingen wir an der Kuppel entlang, fanden aber weder Öffnungen noch Türen. Die Konstruktion war absolut makellos. Makellos, einförmig und langweilig.
    Nachdem wir bis hierher gekommen waren, hatte Behringer doch wieder den Mut, etwas zu sagen: ›Irgendwo muss es einen Eingang geben‹, sagte er. ›Kann doch nicht sein, dass so eine Kuppel keine Türen hat.‹ Und ehe ich ihn davon abhalten konnte, zog er seinen Schuh aus und hämmerte damit gegen die Wand.«
    Â»Nein«, entfuhr es Charlotte.
    Â»Und ob.« Oskar grinste.
    Â»Wie kann man nur so dumm sein?«
    Â»Das fragte ich mich in diesem Moment auch, aber da war der Schaden schon angerichtet.«
    Â»Was ist passiert?«
    Â»Ich bemerkte eine Bewegung, drüben am Waldrand. Ich stieß Behringer an und deutete rüber. Im Dickicht, nur zwanzig oder dreißig Meter von uns entfernt, stand eine Gestalt. Sie trug eine schwarz-rot bemalte Maske und war über und über mit Fellen, Blättern und

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