Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos
sage euch: Die Zeit ist reif! Lange genug haben wir im Verborgenen agiert. Wir konnten sehen, wie die Saat unserer Bemühungen keimte, wie sie heranwuchs und Früchte trug, doch jetzt ist der Tag unserer Ernte gekommen. Ab morgen beginnt ein neues Zeitalter. Ein Zeitalter, das in der Chronik unserer Loge einen Ehrenplatz erhalten wird.«
Er kehrte zu seinem Stuhl zurück und setze sich. Seine Augen funkelten in der Dunkelheit. »Liebe Brüder, jetzt liegt es nur noch an euch. Ihr müsst entscheiden. Wer dafür ist, dass wir unseren Plan in Angriff nehmen, der möge mir bitte jetzt seine Zustimmung signalisieren.«
Alle Hände schossen in die Luft.
30
D ie Küchenlampe warf ein fahles Licht auf die Gesellschaft. Alle saÃen sie um Oskar herum. Humboldt, Bert, Lena und Maus. Sogar Heron war dabei.
Charlotte fand, dass Oskar furchtbar aussah. Am liebsten hätte sie ihn in den Arm genommen, aber das hätte ihn vom Essen abgehalten. Er wirkte so ausgezehrt. Seine Wangenknochen waren eingefallen, er hatte überall Kratzer und blaue Flecken am Körper und seine Kleidung war vollkommen verdreckt. Doch in seinen Augen lag etwas, das ihn reifer und erwachsener aussehen lieÃ. Alle sahen ihm zu, wie er sein Lieblingsessen in sich hineinschaufelte: Bratkartoffeln mit Speck, Zwiebeln und Spiegelei.
»Mann, du hast ja einen Hunger«, sagte Lena. »Man könnte fast annehmen, du hättest tagelang nichts zu essen bekommen.«
»Habe ich auch nicht«, sagte Oskar mit vollen Backen. »Jedenfalls nichts Richtiges. Nur soân widerlichen Nahrungsbrei, von dem kein Mensch satt wird.«
»Jetzt erzähl schon, was ist passiert?«, drängelte Bert. »Seid ihr durch die Zeit gereist? Wenn ja, wohin?«
»Was ist mit Behringer? Komm schon, wir wollen alles wissen, jedes Detail.«
»Lasst ihn doch erst mal in Ruhe«, sagte Charlotte und berührte ihn sanft. »Könnt ihr nicht sehen, dass er völlig entkräftet ist? Möchtest du noch ein Ei, Oskar?«
»Vielen Dank, das wäre wirklich nett«, sagte Oskar und schenkte ihr ein Lächeln. Es war ein Lächeln von jemandem, der viel zu berichten hatte und der es sichtlich genoss, seine Freunde auf die Folter zu spannen.
Weitere fünf Minuten lang hörten sie nur noch Kauen und Schlucken. Endlich war er dann aber doch satt. Er nahm noch einen kräftigen Schluck, wischte sich über den Mund und lieà einen donnernden Rülpser hören.
»âtschuldigung.« Er lehnte sich zurück.
»Bist du satt geworden?«
»Wunderbar. Ich bekomme keinen Bissen mehr runter.«
»Na, dann erzähl mal«, sagte Humboldt. »Von Behringers Ãberfall weià ich schon, auch, dass ihr das Zeitschiff aktiviert habt. Was ist danach passiert?«
»Es fing damit an, dass ich das Bewusstsein verlor«, sagte Oskar. »Ob das daran lag, dass die Maschine so einen gewaltigen Satz machte oder ob ich mit dem Kopf irgendwo dagegengeknallt bin, kann ich nicht sagen. Ich weià nur, dass mir schwarz vor Augen wurde und ich nichts mehr mitbekam.«
»Und dann?«
»Dann fühlte ich ein Klatschen in meinem Gesicht und hörte eine Stimme. Behringers Stimme. âºMach die Augen auf oder ich verpass dir noch eine . Ich weiÃ, dass du wach bist.â¹ Ich schlug die Augen auf und sah eine Wiese, umgeben von Büschen und Bäumen. Ich saà im Schatten eines Baumes, der seine Ãste weit über unseren Kopf streckte. Plötzlich fiel mir alles wieder ein. Der Sturm, die Blitze â der Ãberfall. Irgendetwas war schiefgegangen. Wir hatten gekämpft, gerungen. Ich erinnerte mich an das Summen, an die elektrischen Entladungen und den Geruch. Ich fragte nach dem Zeitschiff, wo es sei und so, doch Behringer entgegnete, er habe keine Ahnung, wovon ich rede. Er wirkte irgendwie verändert. Nicht mehr so überheblich und selbstsicher wie sonst. Seine Kleider waren schmutzig, ein Ãrmel seiner Jacke war zerrissen und im rechten Hosenbein klaffte ein breites Loch. In seinen Augen war ein Flackern zu sehen. Panik? Wovor mochte der Kerl Angst haben? Denn dass er ordentlich die Hosen voll hatte, war unübersehbar, aber das hieà auch für mich nichts Gutes.
âºDas Ding da im Schuppen, diese Maschineâ¹, sagte ich. âºMan hat Ihnen doch wohl hoffentlich gesagt, dass es ein Zeitschiff ist, oder?â¹
Ich erklärte ihm, dass wir einen Zeitsprung
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