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Chronos

Titel: Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Charles Wilson
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gehalten.«
    »Warum ist er nicht zurückgekommen und hat nachgeschaut?«
    »Keine Ahnung«, sagte Ben. »Aber vielleicht hatte er Angst vor dem Tunnel.«
    »Weshalb das denn?«
    Zum ersten Mal zögerte Ben. »Es gibt dort auch noch ... andere Wesenheiten«, sagte er schließlich.
    Archer wollte der Tonfall des Mannes gar nicht gefallen. Wesenheiten? »Ich dachte, Sie hätten betont, dass niemand diesen Weg benutzen kann.«
    Der Zeitreisende hielt inne, als versuchte er, eine Antwort zu formulieren.
    »Zeit ist etwas Unermessliches«, sagte er schließlich. »Wir neigen dazu, sie zu unterschätzen. Denken Sie nur an die Leute, die diese Tunnel gebaut haben – Jahrhunderte in der Zukunft. Das ist eine nahezu unfassbare Zeitlandschaft. Aber die Geschichte fing nicht mit ihnen an, und sie hörte auch nicht mit ihnen auf. Tatsache ist, als sie die Verbindungswege schufen, stellten sie fest, dass sie bereits bewohnt waren.«
    »Bewohnt von was?«
    »Von Erscheinungen. Von Kreaturen, die ohne Vorwarnung erscheinen und verschwinden, ohne irgendeinen offensichtlichen Zielort zu haben. Kreaturen, die in ihrer Erscheinungsform nicht grundsätzlich materiell beschaffen sind.«
    »Aus einer noch ferneren Zukunft«, sagte Archer. »Meinen Sie das?«
    »Vermutlich. Aber das weiß niemand so genau.«
    »Sind sie menschlich? In irgendeinem Sinn?«
    »Doug, das weiß ich nicht. Mir sind gewisse Spekulationen zu Ohren gekommen. Sie könnten unsere letzten Nachkommen sein. Oder etwas, das in keiner Beziehung zu uns steht. Sie könnten außerhalb unseres vertrauten Raum-Zeit-Gefüges existieren. Sie scheinen völlig willkürlich aufzutauchen, aber sie könnten durchaus auch irgendeine Absicht, ein Ziel haben, allerdings weiß niemand, wie das aussieht. Vielleicht sind sie die letzten Anthropologen der Welt, indem sie menschliche Geschichte auf irgendeine unvorstellbare Art und Weise sammeln oder sie kontrollieren. Sie erschaffen.« Er zuckte die Achseln. »Letztendlich sind sie völlig unerklärlich.«
    »Könnte der Eindringling einem von ihnen begegnet sein?«
    »Das ist möglich. Sie erscheinen von Zeit zu Zeit ohne Vorwarnung.«
    »Könnte ihn das erschreckt haben?«
    »Kann schon sein. Es sind sehr beeindruckende Kreaturen. Und nicht immer freundlich.«
    »Wie bitte?«
    »Sie achten meist überhaupt nicht auf die Leute in ihrer Nähe. Aber gelegentlich holen sie sich einen.«
    Archer blinzelte. »Sie holen sich einen?«
    »Ob sie ihn entführen? Oder verspeisen? Der Vorgang ist geheimnisvoll, aber sehr gründlich. Kein Körper bleibt zurück. Auf jeden Fall kommt es sehr selten vor. Ich habe diese Wesen schon gesehen und mich niemals von ihnen bedroht gefühlt. Aber der Eindringling hat vielleicht schon davon gehört, hat es vielleicht sogar miterlebt ... ich weiß es nicht. Ich stelle nur Vermutungen an.«
    Archer schüttelte den Kopf. »Das alles ist sehr bizarr, Ben.«
    »Ja«, sagte Ben. »Das glaube ich auch.«
    Archer versuchte seine Gedanken zu sammeln, so gut es ging. »Die letzte Frage ...«
    »Betrifft Tom.«
    Archer nickte.
    »Er hat den Tunnel entdeckt«, sagte Ben. »Er hat ihn benutzt. Er hätte es besser wissen müssen.«
    »Lebt er noch?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Könnte eines dieser Gespenster ihn aufgefressen haben?«
    Ben hob eine Augenbraue. »Ich möchte betonten, wie unwahrscheinlich das ist. ›Gespenst‹ ist ein ganz guter Vergleich. So nennen wir sie nämlich: Zeitgespenster. Sie sind selten zu sehen und noch seltener gefährlich. Nein, die augenblickliche Gefahr geht von dem Eindringling aus.«
    »Demnach könnte Tom durchaus schon tot sein«, interpretierte Archer die ausweichende Antwort des Fremden.
    »Möglich ist es.«
    »Oder er befindet sich in Gefahr.«
    »Das ist sehr wahrscheinlich.«
    »Und er weiß es nicht; er weiß praktisch überhaupt nichts von all dem.«
    »Nein«, sagte Ben, »das tut er nicht.«
    Die Unterhaltung weckte in Catherine große Sorgen.
    Sie hatte Ben Collier als einen Besucher aus der Zukunft akzeptiert. Als Erklärung war das genauso gut wie alles andere. Aber die Zukunft sollte ein vernünftiger Ort sein – ein schlichter Ort, geschmackvoll in Weiß dekoriert. So hatte sie es im Fernsehen gesehen. Aber die Zukunft, die Ben beschrieb, war unermesslich, verwirrend, endlos mit all ihren unzähligen Verästelungen. Nichts war sicher, und nichts hatte Bestand. Diese Vorstellung von einem Abgrund von Vergänglichkeiten war beängstigend.
    Sie machte sich auch wegen Doug

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