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Chronos

Titel: Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Charles Wilson
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Fenster. »Vielen Dank«, sagte Ben. »Sehr angenehm.«
    Archer dachte nach und runzelte die Stirn. »Diese ›neuen Wesen‹ sind diejenigen, die Zeitreisen unternehmen?«
    »Die die Maschine bauten, die sich in diesem Haus befindet, ja. Sie müssen begreifen, was Zeitreise bedeutet, in diesem Fall zumindest. Sie haben etwas in der Struktur von Zeit und Raum entdeckt, das man Falten nennen könnte, Risse, wenn Sie wollen, in einer Form und mit einer zeitlichen Ausdehnung außerhalb der definierbaren Grenzen dieses Universums, aber mit Berührungen und Überschneidungen an gewissen Stellen und zu gewissen Zeiten. Es gibt Knotenpunkte des Kontakts. Dieses Haus samt einer Zone ringsum von einigen hundert Metern Durchmesser ist ein solcher Knoten.«
    »Warum hier?«, fragte Archer.
    »Das ist eine bedeutungslose Frage. Die Knoten sind natürliche Erscheinungen, ähnlich wie Berge. Es gibt Knoten, die unter der Meeresoberfläche in der Erdkruste stecken, oder Knoten, die sich mitten in der Luft befinden.«
    »Wie viele Orte wie diesen gibt es?«
    Ben zuckte die Achseln. »Das habe ich nie erfahren. Sie neigen dazu, Trauben zu bilden, und zwar sowohl im Raum wie auch in der Zeit. Im zwanzigsten Jahrhundert sind sie ziemlich häufig anzutreffen. Natürlich werden nicht alle benutzt. Und dann bedenken Sie eines: Sie haben eine begrenzte Lebensdauer. Ein Knoten kann zwanzig Jahre lang wirksam sein, fünfzig Jahre, hundert Jahre, ehe er verschwindet.«
    Catherine hatte den Erklärungen aufmerksam gelauscht. Sie hob eine Hand. »Habe ich das richtig verstanden? Leute, die weit vor uns in der Zukunft leben, öffnen den Zugang zu diesen Knoten, oder?«
    Ben nickte.
    »Aber weshalb? Wozu benutzen sie sie?«
    »Sie bedienen sich ihrer zum Zweck historischer Untersuchungen. Dieses Jahrhundert – und auch das nächste, mein eigenes – markieren die Geburt ihrer Rasse. Für sie ist es die dunkle und ferne Vergangenheit.«
    »Demnach sind sie Archäologen«, schloss Catherine.
    »Archäologen und Historiker. Beobachter. Sie achten darauf, sich nicht einzumischen. Dieses Projekt hat auch für sie eine begrenzte Dauer. Die Zeit verstreicht an beiden Enden der Verbindungslinie. Sie arbeiten in einem auf zweihundert Jahre angesetzten Projekt, um ihr Wissen über diese wichtigen Jahrhunderte zu vervollständigen. Wenn sie diese Aufgabe erfüllt haben, wollen sie die Tunnel abbauen. Sie machen sich Sorgen wegen der Auswirkungen des Paradoxons; mit diesem Problem wollen sie sich nicht herumschlagen.«
    »Des Paradoxons?«, fragte Catherine.
    Archer nickte. »Ein Zeitparodoxon. Zum Beispiel, wenn du deinen eigenen Großvater tötest, ehe du geboren wirst, existierst du dann noch?«
    Sie betrachtete ihn staunend. »Woher weißt du das denn?«
    »Ich hab früher sehr viel Science-Fiction gelesen.«
    »Ich habe gehört, es gibt erste Erklärungsversuche«, sagte Ben. »Das Problem ist nicht so überwältigend, wie man vielleicht den Eindruck haben könnte. Aber niemand ist begierig, einen praktischen Versuch durchzuführen.«
    Archer kratzte sich am Kopf. »Allein die Anwesenheit von jemandem aus der Zukunft könnte schon gewisse Auswirkungen haben. Wenn diese Person auch nur eine Pflanze ausreißt oder einen Käfer zerquetscht.«
    Ben lächelte. »Dieses Phänomen ist nicht nur auf die Zeitreisen beschränkt. In der Meteorologie nennt man es ›die empfindliche Abhängigkeit von ursprünglichen Bedingungen‹. Die Atmosphäre ist ein einziges Chaos. Ein kleiner Vorfall an einem Ort kann an einem anderen eine enorme Wirkung hervorrufen. Wenn man in China mit der Hand hin und her wedelt, kann man damit einen Sturm im Atlantik auslösen. In ähnlicher Weise könnte man den Ausgang der amerikanischen Präsidentschaftswahl im Jahr 1996 beeinflussen, indem man um 1880 ein Insekt zertritt. Die Analogie ist recht gut, Doug, aber die Verbindung ist nicht unbedingt kausaler Natur. Es gibt stabile Elemente in der Atmosphäre, die stets wiederkehren, egal was passiert ...«
    »Attraktoren«, warf Archer ein.
    Ben gefiel das. »Sie beschäftigen sich mit moderner Mathematik?«
    Archer grinste. »Ich versuche es.«
    »Mir wurde angedeutet, dass es ähnliche Strukturen auch in der historischen Zeit gibt; sie tauchen immer wieder auf. Aber ja, die Möglichkeit zu einer Veränderung besteht. Es ist ein Beobachterphänomen. Die Regel lautet, dass die Gegenwart immer die Gegenwart ist. Die Vergangenheit ist stets fixiert und unveränderlich, die Zukunft ist

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