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Chronos

Titel: Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Charles Wilson
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Wasseroberfläche. Warum lief alles so langsam ab? Ihm wurde bewusst, dass er das Gerät in seiner Faust noch nie abgefeuert hatte, noch nicht einmal probeweise. Er hatte den kleinen Hebel, offenbar eine Art Sicherung, umgelegt, ohne sich völlig sicher zu sein, ob er zur Waffe gehörte oder ob er ein Teil des Spielzeugs war. Fragen drängten sich ihm auf, die zu stellen er bisher unterlassen hatte: Fragen nach der Reichweite, zum Beispiel. Entfaltete die Waffe auf diese Entfernung überhaupt eine ausreichende Wirkung?
    Aber ihm blieb nur noch Zeit für den Versuch, zu zielen und abzudrücken. Der große Showdown auf der Post Road. Irgendeine Stimme in seinem Innern ließ sich vernehmen und meinte, das Ganze sei doch wohl zu lächerlich, um richtig ernst genommen zu werden. So etwas ließ sich doch nur in Träumen inszenieren, oder?
    Er wurde getroffen, ehe er den Gedanken beenden konnte. Sein Schuss ging daneben.
    Der Schuss des Eindringlings hatte ebenfalls nicht richtig getroffen, aber die Flamme zuckte von Toms Hüfte zu seiner Achselhöhle und über den Bizeps seines linken Armes. Es gab keinen Aufschlag, sondern nur eine plötzliche Taubheit und die alarmierende Erkenntnis, dass seine Kleider in Flammen standen. Er stürzte zu Boden, ohne es zu wollen. Er wälzte sich wie ein Hund im Staub am Rand der Post Road, bis die Flammen erstickt waren, obgleich das einen ersten heftigen, lähmenden Schmerzimpuls auslöste.
    Wie schlimm waren die Verbrennungen? Ersten Grades? Dritten Grades? Er sah an sich herab. Unter dem zu Asche gewordenen Hemd entdeckte er eine Insel versengter und geschwärzter Haut. Er schloss die Augen und entschied, er würde sich die Wunde nicht mehr ansehen, denn der Anblick des mit Blasen übersäten Fleisches war zu beängstigend und in keiner Weise sinnvoll.
    Er fühlte sich jetzt wie betrunken, leicht benommen.
    Er stützte sich auf seinen unversehrten Arm und hielt Ausschau nach dem Eindringling. Auch der war gestürzt. Toms Schuss hatte ihn zwar verfehlt, aber diese plötzliche Begegnung hatte ihn aufgehalten. Deshalb bin ich doch hier, entsann Tom sich. Um ihn aufzuhalten, damit die Maschinenkäfer in seinem Innern ihre Arbeit vollenden können. Vielleicht war er schon längst tot.
    Es war eine schwache Hoffnung, die sofort erstickt wurde.
    Der Eindringling stand erneut auf.
    In diesem Akt lag etwas Heldenhaftes, dachte Tom. Es war eine taumelnde, gequälte Bewegung, die auf Fehlfunktion, auf demontierte Getriebe, überhitzte Maschinen, zerbeultes Blech schließen ließ. Der Eindringling stand auf und bewegte den Kopf, als ob seine Brille beschlagen wäre, eine suchende und vogelähnliche Bewegung. Dann riss er sich den Helm herunter und schaute zu Tom herüber.
    Tom konnte im schwachen Licht nicht viel von seinen Gesichtszügen erkennen, aber es schien ihm, als sei diese Offenbarung eines menschlichen Gesichts noch schlimmer, als es die Maske gewesen war. Was war das für ein Ausdruck? Etwas wie Verzweiflung, dachte Tom. Er verspürte den seltsamen Drang, um eine Auszeit zu bitten. Ich bin verletzt. Du bist verletzt. Belassen wir es dabei.
    Aber der Eindringling zielte, leicht zitternd, mit der tödlichen rechten Hand.
    Oh Scheiße, dachte Tom. Was ist mit meiner Pistole passiert?
    Er hatte sie auf der Straße liegen lassen.
    Ein unzulänglicher Klumpen Plastik. Sie hatte ihm sowieso nicht viel genützt. Sie lag meterweit entfernt. Es hätten ebenso gut mehrere Kilometer sein können.
    Der Eindringling zielte, schoss aber nicht, sondern lief in einem humpelnden, jedoch stetigen Trab über Toms bekieste Auffahrt. Wenn ich mich jetzt rühre, dachte Tom, dann bringt er mich um. Wenn ich versuche, meine Waffe zu holen oder mich in den Graben zu rollen, erschießt er mich. Und wenn ich hierbleibe – dann tötet er mich auch.
    Er hatte schon so gut wie endgültig den Entschluss gefasst, trotz allem seine Waffe zu bergen, wobei er auf den Überraschungseffekt und darauf hoffte, dass das Wirken der kybernetischen Helfer ihm vielleicht eine Chance gegen die tödliche rechte Hand einräumte – als das Wunder geschah.
    Das Wunder kündigte sich durch Licht an.
    Das Licht zauberte seltsame, breite Schatten auf die Kiefern, und die Schatten wiegten sich und schwankten wie etwas Riesengroßes und Lebendiges. Dann hörte er das Brummen des Motors, das Geräusch eines Automobils, das vom Highway die Post Road herunterkam. Dabei tasteten die Scheinwerferstrahlen die sanft geschwungene Kurve südlich

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