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Chronos

Titel: Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Charles Wilson
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still.
    Es gelang ihm, um kurz nach vier Uhr einzuschlafen, und er wachte eine Stunde vor Arbeitsbeginn wieder auf. Sein Schlaf war traumlos und tief gewesen. Er zog sich um – er hatte in seinen Kleidern geschlafen – und tappte in den Keller hinunter.
    Dort erlebte er einen Schock:
    Das Loch in der Wand war schon fast wieder geschlossen.
    Eine Reihe von winzigen insektenhaften Maschinen bewegte sich zwischen dem Geröll auf dem Fußboden und der Wand hin und her, die Tom am vorherigen Tag aufgebrochen hatte. Sie wanderten langsam im Kreis über den schartigen Rand der Öffnung, strickten sie regelrecht zu und versetzten die Wand wieder in ihren ursprünglichen Zustand. Es waren die Insektenmaschinen, die er dabei beobachtet hatte, wie sie vom Fundament durch den vom Mond beschienenen Garten zum Wald gewandert waren. Tom erkannte sie wieder und war seltsamerweise so gut wie nicht überrascht über ihr Erscheinen an dieser Stelle. Natürlich waren sie da. Sie versteckten sich ganz einfach nicht mehr.
    Was sie an der Wand vollbrachten, war kein Flickwerk. Es war professionelle Arbeit, sauber und nahtlos ausgeführt. Ihm war instinktiv klar, dass er sogar die Herstellernamen in blauer Schrift auf den Rigipsplatten finden würde, wenn er die Farbe von ihnen abkratzte. Die Schrauben würden in ihren ursprünglichen Löchern in den Latten stecken, die Köpfe genauso versenkt wie zuvor, Holzmaserung und Astlöcher und Harztränen entsprächen wieder genau dem alten Zustand.
    Er trat einen Schritt näher. Die Maschinenkäfer hielten inne. Er spürte, dass sie für einen kurzen Moment ihre Aufmerksamkeit auf ihn richteten.
    Sie waren wie lautlos funktionierende Uhrwerkbausteine.
    »Ihr wart die ganze Zeit hier«, flüsterte Tom. »Ihr habt das verdammte Geschirr gespült.«
    Dann nahmen sie ihre Arbeit gleichmütig wieder auf. Das Loch wurde zusehends kleiner.
    Er sagte – und dabei zitterte seine Stimme nur ein wenig: »Ich öffne die Wand wieder. Ist euch das klar?«
    Sie beachteten ihn nicht.
    Aber er öffnete die Wand nicht – jedenfalls nicht, ehe eine Woche verstrichen war.
    Er hatte das Gefühl, zwischen zwei Welten zu schweben, sich über sich selbst und seine Wahlmöglichkeiten nicht ganz im Klaren zu sein. Die Ungeheuerlichkeit dessen, was er entdeckt hatte, war erschütternd. Aber sie bestand aus relativ kleinen, unscheinbaren Elementen – den Insekten, die seine Küche aufräumten, seinen Träumen, dem Tunnel hinter der Wand. Er versuchte sich Szenarios vorzustellen, in denen er all das den zuständigen Behörden erklärte – wo immer er solche finden mochte. (Das Grundbuchamt? Die örtliche Polizei? Die CIA, NASA; die Nationale Geographische Gesellschaft?) Grundsätzlich lag nichts von alledem auch nur entfernt im Bereich des Möglichen. Solche Geschichten landeten bestenfalls auf der Kuriositätenseite des National Enquirer.
    Und er war noch gar nicht so weit, seine Entdeckungen zu offenbaren. Sie gehörten ihm, waren sozusagen sein Eigentum. Barbara war nicht mehr bei ihm, er hatte keinen sinnvollen Job mehr, und er hatte sogar auf den zweifelhaften Luxus verzichtet, den der Alkohol für ihn dargestellt hatte. Aber er hatte dieses Geheimnis ... dieses gefährliche, erschütternde, absolut fremdartige und manchmal sehr beängstigende Geheimnis.
    Dieses sich immer weiter offenbarende, unvollständige Geheimnis.
    Er hielt sich während der nächsten Tage vom Keller fern und überlegte seinen nächsten Schritt.
    Der Traum von den Maschinenkäfem war kein Traum gewesen, zumindest nicht ganz. Indem er die Wand aufgebrochen hatte, war er in ihren magischen Kreis eingedrungen. Sie versteckten sich nicht mehr vor ihm.
    Zwei Nächte lang beobachtete er sie aufmerksam. Die Kleinsten von ihnen waren am zahlreichsten. Sie agierten einzeln oder paarweise, wanderten an den Fußleisten entlang, wagten sich gelegentlich quer über den Teppich oder in Küchenschränke hinein, wählten entweder schnurgerade oder elegant gebogene Routen. Sie waren winzig, farbig und unbarmherzig bei ihren Aufräumarbeiten. Wenn er sie berührte, erstarrten sie.
    Am Freitagabend, als er vom Geschäft nach Hause kam, entdeckte er eine Reihe von ihnen, die hinter der Rückwand seines Fernsehers verschwanden. Als er das Ohr an das Gehäuse des Geräts presste, konnte er sie im Innern arbeiten hören. Ein leises metallisches Klirren und ein Zischen begleitete ihre Tätigkeit.
    Er ließ sie in Ruhe.
    Größer und weniger zahlreich war eine

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