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Chronos

Titel: Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Charles Wilson
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Rüstung töten musste – wie der Times Square und der Union Square bei Nacht, Orte, wo frei verfügbare Nichtpersonen zusammenkamen. Billys Rüstung wollte in diesem Augenblick töten, aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, und er unterdrückte den Impuls.
    Er hielt für einen Moment inne, stellte sein Sichtgerät neu ein und schaute zum Himmel empor.
    Gewöhnlich war der Himmel völlig konturlos, aber Billys Sichtgerät zeigte ihm zu viele Sterne, als dass er sie hätte zählen können. Wie am Himmel über Ohio, dachte Billy.
    Er verspürte plötzlich eine tiefe Sehnsucht, so intensiv, dass es ihn erschreckte. Die Rüstung schüttete komplizierte Neurochemikalien aus, um ihn wachsam zu machen, um ihm bei der Jagd zu helfen – um ihn am Leben zu erhalten. Hier war kein Raum für Nostalgie. Es sei denn, der Deckflügel oder die Lanzette oder die seltsame elektronische Drüse in der Rüstung hatten zu versagen begonnen.
    Aber das hatten sie nicht. Und selbst wenn es so gewesen wäre, dann wäre die Wirkung nur vorübergehend gewesen. Billy saß auf einer Parkbank, bis das Heimweh verflog. Dann war der Himmel nur noch der Himmel, rein und bar jeder besonderen Bedeutung. Er justierte sein Sichtgerät neu, überquerte den menschenleeren Washington Square und ging zur Sullivan Street, um seine Suche fortzusetzen.
    Und hatte keinen Erfolg. Er verbrachte einen weiteren, unruhigen Tag.
    Am frühen Abend ging er ohne Rüstung nach draußen und wanderte durch die geschäftigen Straßen des Village. Eine Zeit lang saß er auf der Terrasse des Café Figaro, wo die Stammgäste ihn irrtümlich für einen der vielen Touristen mittleren Alters hielten. Dabei fragte er sich, ob der Eindringling in der Menge an ihm vorbeigeschlendert war oder ob er gar am nächsten Tisch saß und sich auf seine dreißig Jahre billigen Vorwissens etwas einbildete. Oder ob er vielleicht die Stadt verlassen hatte. Auch das war immer noch eine Möglichkeit. In diesem Fall befände Billys Opfer sich hoffnungslos außer Reichweite, und er bekäme nichts anderes mehr von ihm zu sehen als winzige Reste abnehmender Strahlung.
    Aber Billy hatte seine Hoffnung noch nicht aufgegeben.
    Er ging nach Hause, zog seine Rüstung an und wanderte in einem groben Muster drei Stunden lang ohne Erfolg umher.
    Er beendete die Nacht, ohne jemanden getötet zu haben, zutiefst enttäuscht.
    Und träumte von blauem Licht.
    Drei Nächte später, als er durch die Eighth Street nach Westen ging, entdeckte er am Eingang und im Innern eines kleinen Ladens namens Lindner's Radio Supply ein mattes Leuchten.
    Billy lächelte zufrieden, ging nach Hause und legte sich schlafen.
    Er erwachte in der Nachmittagshitze.
    Er legte seine goldene Rüstung an, aktivierte die Lanzette und zog seinen Tarnanzug darüber. Er verzichtete auf den Helm. Den brauchte er heute nicht.
    Er fühlte sich ein wenig seltsam, als er sich bei Tageslicht nach draußen wagte.
    Er ging in seinem Mantel zu Lindner's, handelte sich ein paar neugierige Blicke ein, aber nicht mehr. Er blieb auf dem Bürgersteig vor dem Laden stehen und drückte sein Gesicht gegen die Schaufensterscheibe.
    Es war kein großer Laden, aber die Geschäfte schienen recht gut zu gehen. Eine HiFi-Anlage stand im Schaufenster und präsentierte ihre Vakuumröhren. Davor lag eine Karte mit der Aufschrift STEREOPHON! Er sah einen alten Mann hinter einer Holztheke. Billy empfand einen Anflug von Enttäuschung. War dieses schwache Geschöpf seine Beute?
    Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Es war noch zu früh, um das eindeutig zu entscheiden.
    Er ging über die Straße zu einem Imbissrestaurant, bestellte sich ein Schinkensandwich und Kaffee und besetzte einen Tisch am Fenster.
    Bei Lindner's herrschte mäßiger Betrieb. Leute kamen, Leute gingen. Und jeder hätte der Eindringling sein können. Aber Billy schloss aus dem verschwommenen Leuchten in der vergangenen Nacht, dass der Mann öfter hierhergekommen war. Der Staub – von dem mittlerweile nur noch ein paar winzige Körnchen an seinen Schuhen oder Hosenaufschlägen klebten – konnte nur durch wiederholtes Auftauchen an dieser Stelle hinterlassen worden sein.
    Wahrscheinlich ist er ein Angestellter, dachte Billy. Ein Lieferant oder ein Verkäufer.
    Das Sandwich schmeckte sehr gut. Er hatte seit Tagen nicht mehr richtig gegessen. Er bestellte ein zweites, eine zweite Tasse Kaffee. Er aß langsam und beobachtete das Kommen und Gehen bei Lindner's.
    Er zählte fünfzehn Personen, die

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