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Chuzpe: Roman (German Edition)

Chuzpe: Roman (German Edition)

Titel: Chuzpe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lily Brett
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ißt so grüne Gemüse in einer Plastiktüte.«
    Beide Frauen sahen Ruth an.
    »Es hat keinen Sinn, mit ihr zu sprechen darüber«, sagte Edek. »Ich habe es oft versucht.«
    »Wollen Sie ein bißchen Suppe essen?« sagte Walentyna zu Ruth.
    »Ich nehme ein bißchen Suppe«, sagte Ruth. Edek warf ihr einen Blick zu und hob die Augenbrauen. Ruth hoffte, daß ihr Gesichtsausdruck ihm signalisierte: Laß es bleiben.
    Sie bestellten. Edek bestellte einen Teller gemischte Piroggen als Vorspeise und Krautwickel mit Tomatensauce und Reis als Hauptgericht. Ruth war im Begriff zu fragen, ob das nicht zuviel sei, als Zofia das gleiche bestellte. Walentyna bestellte Suppe und Brathuhn. Ruth blieb bei Suppe. Borschtsch. Zofia und Edek waren mit ihren Piroggen fertig, bevor Ruth den Löffel in ihren Borschtsch getaucht hatte.
    Zofia legte Edek den Arm um die Schulter und zog ihn zu sich. Sie berührte ihn unablässig. Sie betätschelte seine Arme und seine Knie. Sie strich ihm die Haare zurück und wischte ihm mit einer Serviette Piroggenkrümel aus dem Mundwinkel. Es irritierte Ruth, daß sie ihn berührte. Edek irritierte es zweifellos nicht.
    »New York ist sehr interessant«, sagte Zofia zu Ruth. »Es ist interessanter als Zoppot.«
    »Das gilt wahrscheinlich für die meisten Orte«, sagte Ruth.
    »Es war nicht unbedingt nötig zu sagen so etwas, Ruthie«, sagte Edek.
    »Edek, Liebling, nimm es nicht persönlich«, sagte Zofia, »wir sind doch unter Freunden.«
    »Ruthie hat recht«, sagte Walentyna. »New York ist viel interessanter als Zoppot.«
    »Das finde ich auch«, sagte Zofia.
    Ruth war unbehaglich zumute. Zofia und Walentyna hatten sie in Schutz genommen. Sie wollte nicht von ihnen in Schutz genommen werden. Wie war sie in diese Lage geraten?
    »Zoppot hat einen sehr netten Strand«, sagte Zofia. »Aber hier kann ich in den Zug B, D, F oder Q steigen und nach Coney Island oder Brighton Beach fahren und dort schwimmen. Die Fahrt dauert etwa eine Stunde.«
    »Sie fahren mit dem Zug nach Coney Island?« sagte Ruth.
    »Oder nach Brighton Beach«, sagte Zofia.
    »Sie geht schwimmen jeden Morgen«, sagte Edek voller Stolz.
    »Ich habe in Zoppot jeden Morgen geschwommen«, sagte Zofia.
    »Ich weiß«, sagte Ruth.
    »Jeden Morgen im Sommer wie im Winter«, sagte Walentyna.
    »Schwimmen ist sehr gesund für das Blut«, sagte Zofia und klopfte sich auf Arme und Brustkorb. »Es ist sehr gesund für die Haut«, sagte sie. »Es ist überhaupt sehr gesund.«
    Zofias Arme und Brustkorb sahen in der Tat gesund aus. Ihre Arme waren fest. Füllig, aber fest. Und ihr Brustkorb beeindruckte Edek offenkundig. Es war ein eindrucksvoller Brustkorb. Zofias Haut war rein und beinahe faltenlos. Sie hatte zweifellos gutes Blut, dachte Ruth.
    »Wenn ich eine Firma habe, gehe ich vielleicht in ein Schwimmbad«, sagte Zofia. »Ein Schwimmbad ist nicht so gut für die Haut.«
    »Eine Firma?« sagte Ruth. »Was für eine Firma?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte Zofia.
    »Zofia hat eine Menge Ideen«, sagte Edek.
    »Das kann ich mir vorstellen«, sagte Ruth und versuchte, den ironischen Unterton ihrer Stimme zu unterdrücken. »Es ist nicht so einfach, eine Firma aufzumachen«, sagte sie.
    »Aber Zofia ist sehr klug«, sagte Edek.
    »In Amerika machen die Leute einen Universitätsabschluß in Wirtschaftswissenschaft«, sagte Ruth, »um zu verstehen,worum es in der Welt der Wirtschaft geht.« Wieder wünschte sie, sie hätte Edek keine Kreditkarte und kein eigenes Bankkonto gegeben.
    »Du hast so einen Abschluß nicht, Ruthie«, sagte Edek, »und trotzdem du hast deine eigene Firma. Und deine Firma ist eine Firma, was macht eine Menge Geld.«
    »Ja«, sagte Walentyna. »Das hat uns Edek oft erzählt.«
    »Amerika ist das Land der Möglichkeiten«, sagte Zofia. Sie sagte es so feierlich und ernst wie ein Regierungsbeamter, der Einwanderer anzuwerben versuchte. »In Amerika kann man noch immer eine Firma gründen und verwalten«, sagte Zofia.
    Gründen? Verwalten? Mit einemmal merkte Ruth, daß niemand am Tisch Polnisch gesprochen hatte. Als sie und Edek in Polen Zofia und Walentyna kennenlernten, war deren Englisch mit polnischen Worten versetzt gewesen. Als hätte sie Ruths Gedanken gelesen, sagte Zofia: »Walentyna und ich haben uns vorbereitet. Wir haben einen Englischkurs besucht. Einen Kurs für Geschäftsleute in Zoppot, die ihre Geschäfte auf englisch abwickeln. Einen Business-Englisch-Intensivkurs. Sechs Tage in der Woche. Acht Wochen

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