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Chuzpe: Roman (German Edition)

Chuzpe: Roman (German Edition)

Titel: Chuzpe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lily Brett
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immer ruhig war. Sie hatte das Gefühl, daß sie die Ruhe brauchen würde, um ihre Fassung zu bewahren, wenn Zofia ihren Plan entwickelte. Sie hatte eine Tasse Kamillentee bestellt in der Hoffnung, daß die Kamille die ihr zugeschriebene Wirkung entfalten und sie beruhigen, ihr Nervensystem besänftigen würde. Ihr Nervenystem brauchte mehr als nur Besänftigung, dachte sie sich. Es brauchte ein wirkmächtiges Sedativ.
    Die unvorhersehbaren und erratischen Aspekte von Edeks Herrschaft über die Vorwärtsabteilung erschienen nun in der Rückschau wohltuend. Harmlos. Beinahe amüsant. Die neue Wendung der Dinge machte einen chaotischen Eindruck. Und einen gefährlichen. Ruth wußte, daß die Gefahr keine echte Gefahr war. Nicht die Art Gefahr, die das Leben von Menschen gefährdete. Doch ihr Nervensystem tat sich schwer damit, das Ausmaß der Gefahr zu definieren und einzuschätzen. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Zofia, Walentyna und Edek erschienen. Zofia hatte sich bei Edek eingehakt. Es war kein lässiges Einhaken. Das Einhaken hatte etwas Besitzergreifendes. Die Art, wie Zofias Arm sichbog und sich bewegte und sich durch Edeks Arm wieder zu ihr zurückschob, wirkte entschieden und entschlossen. Es hatte etwas Herausforderndes. Fast so herausfordernd wie eine laut gerufene Herausforderung.
    Das Trio erblickte Ruth, die hinten in dem Café saß. Edek löste sich von Zofia und lief auf Ruth zu. Er sah aus, als hätte er es eilig. Seine kurzen, schnellen, kleinen Schritte verliehen seinem Laufen etwas Hastiges. Edek hatte zweifellos etwas auf dem Herzen.
    »Hallo, Ruthie«, sagte er. »Ich habe gesagt Zofia und Walentyna, daß du schon würdest warten. Ich habe ihnen gesagt, daß du immer früh kommst.«
    »Es ist sehr vernünftig, immer früh zu kommen«, sagte Zofia, als sie Ruth zur Begrüßung küßte.
    »Ja«, sagte Walentyna. »Ich und Zofia, wir kommen auch immer früh.«
    Ruth nickte. Sie sagte nichts. Sie hatte Zofia, Walentyna und Edek bereits begrüßt, herzlich, wie sie hoffte. Sie wollte keine Unterhaltung über die Vorzüge der Pünktlichkeit oder die Nachteile ständigen Zuspätkommens in Gang setzen. Sie wollte zum Thema ihres Treffens kommen. Außerdem war Pünktlichkeit ein schwieriges Thema für sie. Sie bemühte sich, weniger pünktlich zu sein. Sie war es leid, zu denken, zehn Minuten zu früh sei identisch mit pünktlich. Sie hatte versucht zu üben, pünktlicher zu sein. Bislang hatte sie kaum Fortschritte zu verzeichnen.
    Edek hielt Zofia und Walentyna ihre Stühle hin. Als beide saßen, setzte er sich auch.
    »Sie sehen sehr hübsch aus, Ruthie«, sagte Zofia.
    »Danke«, sagte Ruth.
    »Ja«, sagte Walentyna. »Sie sehen sehr gut aus.«
    Ruth war verblüfft. Vielleicht bekamen ihr Anspannung und böse Vorahnungen. Vielleicht verlieh Anspannung ihr ein strahlendes Aussehen? Gewissermaßen so, wie Glückandere Leute zum Strahlen brachte. Eigentlich war es einleuchtend. Die meisten strebten nach Glück. Sie dagegen scharrte und schnüffelte überall nach Leid und Elend. Kein Wunder, daß sie zu strahlen schien, wenn ihr Suchen Erfolg hatte.
    »Sie sehen aus wie Ihre Mutter, Ruthie«, sagte Walentyna. »Edek hat uns Fotos von Rooshka gezeigt.«
    »Edek hat uns Fotos von ihm und Rooshka gezeigt«, sagte Zofia. Sie seufzte. »Edek hat seine Rooshka sehr geliebt.«
    »Wie ich und Zofia«, sagte Walentyna. »Ich habe meinen Mann, Gott sei seiner Seele gnädig, sehr geliebt, und Zofia hat ihren Mann, Gott sei seiner Seele gnädig, sehr geliebt.«
    »Rooshka war sehr schön«, sagte Zofia. »Viel, viel schöner als ich.« Das sagte sie ohne Bitterkeit, ohne Neid, ohne Ressentiment. Sie stellte es einfach fest.
    »Du bist sehr attraktiv, Zofia«, sagte Walentyna.
    »Ja, ich bin sehr attraktiv«, sagte Zofia, »aber ich bin nicht schön.«
    Zofia war attraktiv, dachte Ruth, aber nicht sehr attraktiv. Und dann kam sie sich gehässig vor. Wie kam sie dazu, Zofias Aussehen zu beurteilen?
    »Zofia ist sehr, sehr attraktiv«, sagte Edek. Mehr schien es daraufhin zu dem Thema nicht zu sagen zu geben.
    Ein kurzes Schweigen entstand. »Okey, dokey«, sagte Edek. Okey, dokey? Ruth staunte. Wo hatte Edek diesen Ausdruck her? War das ein Relikt aus seinen Tagen als Viehtreiber auf einer Ranch im tiefsten Australien? Wohl kaum. Kühe und Schafe hatte Edek nur in Form einzelner gekühlter Körperteile in der Metzgerei zu sehen bekommen. Edek räusperte sich. »Okey, dokey«, sagte er abermals. »Sprechen wir über

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