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Chuzpe

Chuzpe

Titel: Chuzpe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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irgendwem anderen rumg’hängt is. I wollt ihr Vorhaltungen machen, aber sie hat nur g’sagt, i soll mi schleichen. Und dann hat s’ den Kerl zu sich hinzogen und hat eam abknutscht als wie. Da hab i die Nerven verloren. I bin rearat wegg’laufen und hab mi am nächsten Tag zur Armee g’meld’t.“
    Wie schwieg der Mann.
    „Und?“
    „Nix und. Ende der Geschichte.“
    „Du willst mir also echt weismachen, dass du die Feigl seit 1916 nicht mehr gesehen hast? Du weißt selber, dass das a Schwachsinn is.“ Bronstein lächelte siegesgewiss. Bergmann aber, offensichtlich aufgewühlt durch die Erinnerung, entwickelte neue Kraft. „Beweist mir das Gegenteil“, sagte er und lehnte sich zurück, dabei die Hände hinter dem Kopf verschränkend.
    „Na gut. Wenn du unbedingt willst. Der Portier des Hotels hat ausgesagt, dass du seit Donnerstag nicht mehr aus deinem Zimmer gegangen bist. Er hat aber auch ausgesagt, dass du das Hotel am Mittwochabend verlassen hast und erst nach Mitternacht wieder zurückgekommen bist. Wo also warst du zwischen 22 Uhr und Mitternacht?“
    „Na, was essen war ich.“
    „Wo? Und was?“ Blitzschnell hatte Bronsteins dem Bergmann seine Frage an den Kopf geschleudert. Dieser wurde wieder unsicher. „Was weiß denn ich! Irgendwo im 15. halt. In irgendeinem Beisl.“
    „Ach so“, ironisierte Bronstein, „wir erinnern uns nicht mehr. So ein Zufall! Aber was du gegessen hast, wirst wenigstens wissen!“
    „Ja mei, a Schnitzel war des, glaub i.“
    „So a Schmarrn. Schnitzel gibt’s schon seit dem Sommer keine mehr. Und schon gar nicht in einer so heruntergekommenen Gegend, also erzähl keine Märchen!“
    „I hab ja g’sagt, i glaub“, verteidigte sich Bergmann halbherzig.
    „Und i glaub, du wirst baumeln. Und des bald“, entgegnete der Major. Er machte eine wegwerfende Geste und sah seine Mitarbeiter an: „Bringt mir diesen Widerling weg. Das hat ja doch keinen Sinn mit dem. Sperrt ihn weg und aus. I schreib morgen den Bericht für die Staatsanwaltschaft, und der Rest ist dann nur noch a Formsache. Spätestens im Jänner können s’ ihn eingraben, den Lump, den. Gemma.“
    Bronstein erhob sich und schickte sich an, den Raum zu verlassen. Er war schon beinahe an der Tür, als Bergmann doch wieder ein Mitteilungsbedürfnis verspürte. „So war des ned“, kam es weinerlich aus seinem Mund, „des war alles a Unfall, des müssen S’ ma glauben.“
    Bronstein wirbelte herum und fuhr mit seinem Kopf ganz nah an Bergmann heran: „Was war ein Unfall?“
    Bergmann kämpfte mit aufsteigenden Tränen und mit sich.
    „Red! So red endlich!“, herrschte ihn Bronstein an. Bergmann fuhr sich mit fahrigen Bewegungen seiner Hände übers Gesicht und stand kurz davor loszuheulen. Bronstein setzte nach: „Dein Spiel ist aus, dir kann keiner mehr helfen! Wennst jetzt ned redest, dann schwör ich dir, du siehst nie wieder das Tageslicht, außer natürlich dann, wenn s’ dich auf den Hof führen. Aber da wird’s noch ziemlich dunkel sein. Und ganz furchtbar kalt. Und du wirst dich anscheißen vor Angst, aber das wird dir nix mehr nutzen. Gar nichts mehr wird dir was nutzen, wennstjetzt ned endlich die Wahrheit sagst, das versprech ich dir. Also red, oder du bist übers Jahr nix mehr außer a g’fundenes Fressen für die Würm’!“
    Bronsteins Tirade verfehlte ihre Wirkung nicht. Bergmann brach nun endgültig zusammen. Tränenreich wimmerte er, er habe die Feigl doch geliebt, und niemals hätte er ihr ein Leid zufügen können. An all dem sei doch nur sein Bruder schuld, und er wolle jetzt endlich nach Hause.
    Bronstein warf Pokorny einen kurzen Blick zu. Der trat wie aufs Stichwort auf Bergmann zu und legte sanft seine rechte Hand auf dessen Schulter. „Schau, Bub“, sagte er mit begütigender Stimme, „nix is von vornherein so aussichtslos, wie’s manchmal ausschaut. I bin ma sicher, wir können da noch was machen. Aber helfen musst uns halt, verstehst! Wenn du uns ned sagst, wie das genau g’wesen ist, dann sind uns die Hände gebunden, gelt. Dann verurteilt dich der Richter, und dein Bruder …, na ja, das weißt ja selber am besten. Also hilf uns, dir zu helfen.“
    Bergmann sah Pokorny mit merkwürdig verzweifeltem Blick an. Er wirkte wie ein kleiner Junge, der zu seinem Vater aufsah und ihn verzweifelt darum bat, sein Lieblingsspielzeug zu reparieren. Pokorny strahlte die Milde eines treusorgenden Großvaters aus und klopfte Bergmann mehrmals auf die Schulter: „Na komm

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