CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
will, dass was passiert, und zwar sofort«
Indessen verblasste die Berliner Mauer wie alles Übrige hinter dem Wunsch der Kennedy-Brüder nach Vergeltung für die in der Schweinebucht verlorene Familienehre. Castros Sturz hatte »oberste Priorität für die Regierung der USA«, wie Robert Kennedy am 19.Januar 1962 CIA-Direktor McCone wissen ließ. »Dabei soll an nichts gespart werden, nicht an Zeit noch an Geld, an Anstrengungen oder Einsatzkräften.« McCone machte allerdings darauf aufmerksam, dass die CIA über zu wenige echte Erkenntnisse verfüge, auf deren Grundlage sie handeln könne. »Von den 27 oder 28 Agenten, die die CIA derzeit auf Kuba hat, stehen nur 12 mit uns in Verbindung, und diese Kommunikation ist unregelmäßig«, teilte er dem Justizminister mit. Sieben CIA-Kubaner waren vier Wochen zuvor gefangen genommen worden, kaum dass sie auf der Insel eingetroffen waren.
Auf Anweisung von Robert Kennedy stellte Lansdale eine Dringlichkeitsliste für die CIA auf: Rekrutierung und Mobilisierung der katholischen Kirche und der kubanischen Unterwelt gegen Castro, Aufbrechen des Regimes von innen, Sabotageakte gegen die kubanische Wirtschaft, Untergrabung der Geheimpolizei, Zerstörung der Ernten mit biologischen und chemischen Waffen und ein Regimewechsel vor den nächsten Kongresswahlen im November 1962.
»Lansdale hatte eine bestimmte Aura«, meint Sam Halpern, der neue stellvertretende Leiter des Planungsstabes Kuba, ein Veteran des OSS, der ihn mehr als ein Jahrzehnt gekannt hat. »Manche Leute glaubten, er sei eine Art Zauberer. Aber ich werde Ihnen sagen, was er war: Er war im Grunde ein Hochstapler. Ein Blender mit Habitus des Mannes im grauen Flanellanzug aus der Madison Avenue. Schauen Sie nur mal auf seine Pläne zur Beseitigung von Castro und seines Regimes! Der schiere Unsinn.« Der Plan war letztlich nicht mehr als ein leeres Versprechen: Castro zu stürzen, ohne dass die Marines eingreifen müssen.
Richard Helms gegenüber äußerte Halpern: »Dies ist ein politischer Vorgang, der nur Washington/D.C. betrifft und nichts mit der Sicherheit der Vereinigten Staaten zu tun hat.« Er verwies darauf, dass die CIA keinerlei Erkenntnisse über Kuba habe. »Wir wissen überhaupt nicht, was da los ist«, meinte er zu Helms. »Wir wissen nicht, wer wem was tut. Wir haben keine Ahnung von ihrer Schlachtordnung, vom politischen Aufbau und den Strukturen dort. Wer hasst wen? Wer liebt wen? Wir haben überhaupt nichts.« Vor dem gleichen Problem stand die CIA vierzig Jahre später, als sie es mit dem Irak zu tun hatte.
Helms konnte dem nur zustimmen. Der Plan war ein Hirngespinst.
Aber das war nicht das, was die Kennedys hören wollten. Sie wollten eine zügige, geräuschlose Sabotageaktion zum Sturz Castros. »Lasst uns verdammt nochmal mit dieser Sache vorankommen«, schnauzte der Justizminister. »Der Präsident will, dass was passiert, und zwar sofort!« Helms salutierte schneidig und beeilte sich, verdammt nochmal voranzukommen. Er stellte eine neue selbständige Task Force auf die Beine, die nur Ed Landsdale und Robert Kennedy verantwortlich war. Er stellte ein Team von Leuten zusammen, die aus allen Teilen der Welt kamen und für die in Friedenszeiten bis dahin größte Geheimoperation der CIA bereitstanden. Alles in allem umfasste die Operation ungefähr sechshundert CIA-Agenten in und um Miami, fast fünftausend CIA-Auftragsagenten, die drittgrößte Flotte in der Karibik mit U-Booten, Patrouillenbooten, Küstenwachtschiffen, Wasserflugzeugen und Guantánamo als Stützpunkt. Vom Pentagon und vom Weißen Haus wurden, laut Helms, ein paar »verrückte Intrigen« ausgeheckt. Etwa die Versenkung eines amerikanischen Schiffs im Hafen von Guantánamo und die Vortäuschung eines terroristischen Angriffs auf ein amerikanisches Linienflugzeug zur Rechtfertigung einer neuerlichen Invasion auf Kuba.
Die Operation brauchte nur noch einen Codenamen, und so verfiel Sam Halpern auf »Operation Mongoose«.
»Natürlich gibt es nichts Schriftliches«
Helms ernannte William K. Harvey, den Erbauer des Berliner Telefonabhör-Tunnels, zum Leiter des Mongoose-Teams. Harvey gab dem Projekt den Namen »Task Force W«, nach William Walker, dem amerikanischen Freibeuter, der an der Spitze einer Privatarmee in Mittelamerika eingefallen war und sich in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts zum Kaiser von Nicaragua ausgerufen hatte. Es war eine sehr eigenartige Namenswahl, außer für den, der Bill Harvey
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