CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
Geheimoperationen, die er nach seinem Amtsantritt aufgelöst hatte, wieder eingerichtet werden sollten. Ebenso wurde der auslandsnachrichtendienstliche Beraterstab wiederbelebt. Die Sondergruppe (später in 303-Ausschuss umbenannt) wurde zwecks Überwachung der Geheimoperationen reaktiviert, und als ihr Vorsitzender sollte in den nächsten vier Jahren der kühle, kurzgeschorene, korrekte McGeorge Bundy, der Groton- und Yale-Absolvent und ehemalige Dekan der geistesund naturwissenschaftlichen Fakultät der Harvard University, fungieren. Weitere Mitglieder des Komitees waren McCone, der Vorsitzende des Vereinten Generalstabs sowie hochrangige Vertreter des Verteidigungs und Außenministeriums. Allerdings blieb es bis in die späte Amtszeit der Kennedy-Administration hinein den CIA-Verantwortlichen für diese Geheimoperationen überlassen, ob sie den Meinungsaustausch mit den Mitgliedern der Sondergruppe suchen wollten oder nicht. Es waren mehr als nur ein paar Geheimoperationen, von denen McCone und die Sondergruppe wenig oder überhaupt nichts wussten.
Im November 1961 richteten die beiden Kennedys unter größter Geheimhaltung einen neuen Planungszirkel für Geheimoperationen ein, die (erweiterte) Sondergruppe. Das war Robert Kennedys Verein, der nur die eine Aufgabe hatte: Castro auszuschalten.
Am Abend des 20.November, neun Tage bevor er als CIA-Direktor seinen Amtseid ablegte, erhielt McCone zu Hause einen Anruf vom Präsidenten. Er forderte ihn auf, am folgenden Nachmittag ins Weiße Haus zu kommen. Dort eingetroffen, fand er die Kennedys in Gesellschaft eines hoch aufgeschossenen, dreiundfünfzigjährigen Brigadegenerals namens Ed Lansdale vor. Dessen Spezialität war die so genannte Counterinsurgency oder Aufstandsbekämpfung, und sein Markenzeichen bestand darin, die Herzen und Köpfe der Menschen in der Dritten Welt mit amerikanischer Findigkeit, Dollarscheinen und falschen Versprechungen für sich zu gewinnen. Er hatte noch vor dem Koreakrieg angefangen, für die CIA und das Pentagon zu arbeiten, und war Wisners Mann in Manila und Saigon gewesen, wo er geholfen hatte, proamerikanische Politiker an die Macht zu bringen.
Lansdale wurde als der neue Einsatzleiter der (erweiterten) Sondergruppe vorgestellt. »Präsident Kennedy erläuterte, dass General Lansdale sich unter Leitung des Justizministers mit der Frage einer möglichen Aktion in Kuba befasse und dass er, der Präsident, einen sofortigen Aktionsplan haben möchte, der ihm innerhalb von 14 Tagen vorgelegt werden sollte«, heißt es in McCones CIA-Unterlagen. »Der Justizminister brachte seine ernste Besorgnis bezüglich Kubas zum Ausdruck und sprach von der Notwendigkeit einer baldigen energischen Aktion.« McCone ließ sie wissen, dass sich die CIA und die übrigen Teile der Regierung seit der Schweinebucht in einem Schockzustand befänden »und daher sehr wenig tun«.
McCones Einschätzung war, dass nichts außer einem regelrechten Krieg Castro aus dem Feld räumen könne. Und er war der Ansicht, dass die CIA nicht in der Verfassung sei, einen solchen Krieg zu führen, sei er nun geheim oder nicht. Er äußerte gegenüber dem Präsidenten, dass die CIA nicht länger »als ›Mantel-und-Degen-Truppe‹ angesehen werden darf (…), die dazu da ist, Regierungen zu stürzen, Staatschefs zu ermorden und sich in die politischen Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen«. Er erinnerte den Präsidenten daran, dass die CIA nach dem Gesetz eine grundlegende Aufgabe habe: » sämtliche Nachrichten zusammenzustellen«, die von US-Einrichtungen gesammelt werden, sie zu analysieren, zu bewerten und dem Weißen Haus vorzulegen. In einer schriftlichen, von McCone aufgesetzten und vom Präsidenten unterzeichneten Anweisung gaben John F. Kennedy und sein Bruder ihre Zustimmung, McCone zum »Obersten Nachrichtendienstbeamten der Regierung« zu ernennen. Danach bestand seine Aufgabe in der »angemessenen Koordinierung, Zuordnung und Bewertung nachrichtendienstlicher Informationen aus allen verfügbaren Quellen«.
McCone war zudem der Meinung, dass er ins Amt gerufen worden sei, um für den Präsidenten die Außenpolitik der Vereinigten Staaten zu entwerfen. Das war aber nicht die Aufgabe des Chefs des US-Nachrichtendienstes und sollte es auch nicht sein. Obgleich seine Beurteilung der Lage häufig mehr Hand und Fuß hatte als die der Harvard-Leute in den höchsten Regierungsämtern, musste er doch rasch erkennen, dass die Kennedys eine ganze Reihe
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