CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
Johnson von Mal zu Mal stärker.
Allmählich begriff er, dass Robert Kennedy großen Einfluss auf verdeckte Operationen hatte. Er betrachtete ihn als bedingungslosen Rivalen, der mit ihm um die Präsidentschaft konkurrierte. Bei einer Besprechung mit John McCone am 13.Dezember 1963 im Oval Office fragte Johnson unumwunden, ob und wann Kennedy die Regierung verlassen werde. McCone erwiderte, »der Justizminister beabsichtige, Justizminister zu bleiben, aber unklar sei, in welchem Maße er sich nach dem Wunsch des Präsidenten [mit] nachrichtendienstlicher Arbeit, Problemen des Nationalen Sicherheitsrates und der Counterinsurgency befassen solle«. Die Antwort war schon bald klar: Kennedys Tage als Antreiber des CIA-Geheimdienstes waren gezählt. Sieben Monate später schied er aus dem Amt.
Nach einem Besuch in Saigon flog McCone am 28.Dezember nach Texas auf Johnsons Ranch, um dort beim Frühstück seinen Lagebericht vorzutragen. »Sogleich äußerte der Präsident seinen Wunsch, ›das Image der CIA zu verändern‹, damit sie von ihrem Mantel-und-Degen-Ruf wegkommt«, notierte McCone. Der CIA-Direktor war damit mehr als einverstanden. Die einzig gesetzliche Funktion der Agency, betonte McCone, bestehe schließlich darin, nachrichtendienstliche Erkenntnisse zu sammeln, zu analysieren und in Berichtform weiterzugeben, nicht aber Verschwörungen zum Sturz ausländischer Regierungen anzuzetteln. Johnson meinte daraufhin, »er sei es leid, dass eine Situation entstanden sei, in der mein Name, oder der Name der CIA, immer im Zusammenhang mit irgendeiner Gemeinheit genannt werde«.
Nächtelang aber lag Lyndon Johnson wach und grübelte über die Entscheidung nach, ob er in Vietnam aufs Ganze gehen oder den Rückzug antreten solle. Weder wollte er mit tausenden amerikanischen Soldaten in das Land einfallen, noch konnte er ernsthaft die Truppen abziehen. Als einziger Mittelweg zwischen Krieg und Diplomatie blieben nur verdeckte Aktionen.
»Keiner wird mehr mit dem Nachrichtendienst fertig«
Anfang 1964 hatten McCone und Peer de Silva, sein neuer Leiter des Saigoner CIA-Büros, nur schlechte Nachrichten für den Präsidenten. McCone war »äußerst besorgt über die Situation«. Er glaubte, dass die nachrichtendienstlichen Daten, »anhand deren wir den weiteren Kriegsverlauf abzuschätzen suchten, grobe Fehler aufwiesen«. Weißes Haus und Kongress wies er warnend darauf hin, dass »der Vietkong umfangreiche Unterstützung aus Nordvietnam und womöglich auch anderswoher erhält, und diese Unterstützung noch gesteigert werden kann. Hier einen Riegel vorzuschieben, indem man die Grenzen dichtmacht oder die ausgedehnten Wasserstraßen und die lange Küste kontrolliert, ist problematisch, wenn nicht unmöglich. Der politische Gründe vorgebende Appell des Vietkong an das südvietnamesische Volk hat Wirkung gezeigt, er hat ihm neue Rekruten für ihre bewaffneten Verbände zugeführt und die Kräfte des Widerstands neutralisiert.«
Das Projekt »Tiger«, unter dessen Namen das Saigoner CIA-Büro sein zweijähriges paramilitärisches Programm durchgezogen hatte, endete in Tod und Verrat. Nunmehr kam das Pentagon mit dem Vorschlag, im Zusammenwirken mit der CIA einen Neubeginn zu versuchen. Operationsplan 34 A umfasste eine Serie von Stoßtruppunternehmen, die sich über ein Jahr erstrecken und Nordvietnam dazu bringen sollten, die Aufstandskampfhandlungen in Südvietnam und Laos einzustellen. Kernstück waren weitere Luftlandeunternehmen, bei denen Geheimdienst- und Kommandotrupps über Nordvietnam abgesetzt und zugleich vom Meer aus Angriffe auf die Küste gestartet werden sollten. Als Nahkampftruppen waren um nationalchinesische und südkoreanische Kommandos ergänzte südvietnamesische Spezialeinheiten vorgesehen, die allesamt von der CIA ausgebildet worden waren. McCone glaubte nicht daran, dass die Angriffe Ho Chi Minh zur Änderung seiner Pläne zwingen würden. »Der Präsident sollte wissen, dass dies nicht gerade das Gelbe vom Ei ist«, so sein gut gemeinter Hinweis.
Weisungsgemäß übergab die CIA ihr bestehendes Netz von Paramilitärs aus ganz Asien an die Sondereinsatzgruppe des Pentagons in Vietnam. Helms warnte vor »einer verhängnisvollen Tendenz«, die die CIA von der Spionage weg- und in die Rolle einer konventionellen Nachschub- und Reservetruppe für das Militär hineindrängte. Lyman Kirkpatrick, geschäftsführender Direktor der Agency, malte einen Zustand an die Wand, der in »eine Aufspaltung und
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