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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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Zerschlagung der CIA« münde, »bei der ihre Geheimdienstabteilung vom Vereinigten Generalstab geschluckt wird«. Das waren hellsichtige Befürchtungen.
    Im Mai 1964 schickte der Präsident McCone und McNamara erneut nach Saigon. Nach seiner Rückkehr musste der CIA-Direktor dem Präsidenten mitteilen, dass der Krieg nicht gut verlaufe. »Mr.McNamara dagegen zeichnete ein sehr optimistisches Bild und sagte, alles stehe zum Besten«, so McCone in einer Zeitzeugenaussage für die Lyndon-B.-Johnson Bibliothek. »Ich musste darauf hinweisen, dass man, solange der Ho-Chi-Minh-Pfad offen war und über ihn ununterbrochen Nachschub an Material und Menschen hereinkamen, nicht sagen könne, es laufe gut.«
    Das war der Anfang vom Ende seiner Karriere als CIA-Direktor. Lyndon Johnson verschloss die Tür zum Oval Office. Die Kommunikation zwischen CIA und Präsident beschränkte sich fortan auf einen zweimal pro Woche gelieferten schriftlichen Bericht über die Ereignisse in aller Welt. Der Präsident las ihn ganz nach Belieben, wenn und wann es ihm passte. Am 22.April teilte McCone Bundy mit, er sei »höchst unzufrieden darüber, dass Präsident Johnson von mir nicht mehr direkt informiert wird, wie es bei Präsident Kennedy und bei Eisenhower üblich gewesen war«. Eine Woche später sagte McCone zu Johnson, er »sehe ihn nicht gerade häufig, und das beunruhige ihn«. Also begaben sich Johnson und McCone im Mai aufs Land zum Burning Tree Club in Maryland, wo sie eine Acht-Loch-Partie Golf miteinander spielten. Doch erst im Oktober führten sie ein ernsthaftes Gespräch. Erst nach immerhin elf Amtsmonaten wollte der Präsident von McCone wissen, wie groß die CIA sei, was sie koste und welchen präzisen Nutzen sie eigentlich für ihn habe. Ratschläge des CIA-Direktors wurden selten angehört und selten beachtet. Doch ohne das Ohr des Präsidenten zu haben, war sein Einfluss gleich null, und ohne diesen Einfluss trieb die Agency auf jenen gefährlichen Weg zwischen Spionagetätigkeit und verdeckter Operation zu, wie er für die sechziger Jahre kennzeichnend wurde.
    Das Zerwürfnis zwischen McCone und McNamara in der Vietnamfrage verriet eine tiefer gehende politische Spaltung. Von Rechts wegen war der CIA-Direktor Vorsitzender des Gremiums, in dem alle US-Nachrichtendienste vertreten waren. Doch das Pentagon hatte zwei Jahrzehnte darum gekämpft, in dem dissonanten Ensemble, das neuerdings »Intelligence Community«, Gemeinschaft der Nachrichtendienste, hieß, den Direktor nur die zweite Geige spielen zu lassen. Seit sechs Jahren schon hatten die für den Nachrichtendienst zuständigen Präsidentenberater immer wieder vorgeschlagen, der Direktor solle an der Spitze der »Gemeinschaft« stehen und die CIA einer Art Betriebsdirektor unterstellt werden. Allen Dulles hatte gegen diese Idee hartnäckigen Widerstand geleistet und sich geweigert, sein Augenmerk überhaupt auf anderes zu richten als die Geheimoperationen. McCone seinerseits wurde nicht müde zu wiederholen, er wolle aus dem Mantel-und-Degen-Geschäft heraus. Aber im Jahr 1964 verschlang die Sparte Geheimdienst in der CIA beinahe zwei Drittel des Gesamthaushalts und nahm 90 Prozent von McCones Zeit in Anspruch. Er war bestrebt, seine satzungsgemäße Kontrolle über die amerikanischen Nachrichtendienste auszuüben. Dazu brauchte er die seiner Verantwortung entsprechende Autorität. Doch sie wurde ihm stets verweigert. Das Pentagon untergrub seine Autorität, wo es nur konnte.
    Im zurückliegenden Jahrzehnt waren in den USA drei große nachrichtendienstliche Institutionen entstanden. Alle drei unterstanden nominell dem CIA-Direktor. Aber diese Machtstellung existierte nur auf dem Papier. Beim Direktor lag eigentlich die Aufsicht über die Nationale Sicherheitsbehörde NSA, diesen immer gigantischeren Teil des amerikanischen Nachrichtendienstes, der weltweit mit Lauschangriffen befasst war. Die NSA war auf Drängen von Walter Bedell Smith 1952, nach den niederschmetternden Überraschungscoups des Koreakrieges, von Truman gegründet worden. Doch zuständig für die Bewilligung ihrer Gelder und die Wahrnehmung ihrer Befugnisse war der Verteidigungsminister. McNamara unterstand auch die neue Defense Intelligence Agency, ein übergeordneter militärischer Geheimdienst, den er nach dem Schweinebucht-Debakel mit dem Ziel ins Leben gerufen hatte, die von Heer, Marine, Luftwaffe und den Marines als ein undurchschaubares Gewirr gelieferten Informationen zu ordnen und zu

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